Bewährungsstrafen im Hanfbar-Prozess: So begründet das Landgericht das Urteil

Der Verkauf von Hanfblütentee ist auch mit niedrigem THC-Gehalt strafbar. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Verurteilten haben das Urteil angefochten.

Die Betreiber der Hanfbar haben sich laut Urteil des Landgerichts strafbar gemacht. Archivfoto
Die Betreiber der Hanfbar haben sich laut Urteil des Landgerichts strafbar gemacht. Archivfoto | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Wie berichtet wurden die beiden Betreiber der Braunschweiger Hanfbar am gestrigen Dienstag zu Bewährungsstrafen verurteilt. Nun berichtet das Braunschweiger Landgericht in einer Pressemitteilung über die Urteilsbegründung.


In dem Verfahren gegen die Betreiber der Hanfbar in Braunschweig hat die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Braunschweig am elften Verhandlungstag beide Angeklagte wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu Freiheitsstrafen mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt (Aktenzeichen 4 KLs 5/19). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten mehrere Kilogramm unverarbeitete Cannabisblüten und –blätter im Ausland bestellten und in Gläser zu 2 Gramm- und 5 Gramm-Portionen abfüllten. Die Gläser veräußerten sie mit der Aufschrift „Hanfblütentee“ in zwei Ladengeschäften zu einem Preis von 10 Euro pro Gramm an Endverbraucher. Der Wirkstoffgehalt der in über 1.600 Gläsern veräußerten Pflanzenteile bewegte sich nach Gutachten des Landeskriminalamts überwiegend im Bereich von 0,2 Prozent THC oder darunter, so dass insgesamt nur wenige Gramm des Wirkstoffs THC in den Verkehr gelangten.

Gewerblicher Verkauf nur an andere Gewerbetreibende


Die Kammer hat entschieden, dass die Veräußerung der Hanfblütentees an Endverbraucher trotz des niedrigen Wirkstoffgehalts ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln darstellt. Die Angeklagten könnten sich nicht darauf berufen, dass das Betäubungsmittelgesetz in der Anlage I für Cannabis eine Ausnahmevorschrift vorsehe. Demnach fällt Cannabis nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, wenn es aus EU-zertifiziertem Anbau stammt oder der THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liegt und der Verkehr damit ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Ein gewerblicher Zweck liege nach Auffassung der Kammer ausschließlich bei der Veräußerung an andere Gewerbetreibende vor, beispielsweise an Hersteller von Textilien, jedoch nicht bei der Veräußerung an Endverbraucher wie die Kunden der Hanfbar. Zudem lasse sich nach dem Gutachten von zwei Sachverständigen nicht ausschließen, dass unverarbeitetes wirkstoffarmes Cannabis abhängig von der Art des Konsums geeignet sei, einen Rauschzustand hervorzurufen.

Der 28-jährige Angeklagte und Betreiber der Hanfbar wurde wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen im Zeitraum von April bis September 2018 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, der 37-jährige Mitangeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in einem Fall im Zeitraum August bis September 2018 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zugleich wurden die Angeklagten angewiesen, die Abgabe von Cannabis und Cannabisprodukten, die aus unverarbeiteten Hanfteilen bestehen - insbesondere Hanfblütentee - an Endverbraucher, auf jeglichem Vertriebswege auch dann zu unterlassen, wenn deren THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liegt. Bei Weisungsverstößen innerhalb der Bewährungszeit droht den Angeklagten der Widerruf der Bewährung.

Der Verkaufserlös wurde eingezogen


Die Verkaufserlöse in Höhe von insgesamt 49.860,06 Euro und die sichergestellten Cannabispflanzenteile wurden eingezogen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit dem Rechtsmittel der Revision beim Bundesgerichtshof (Einlegung binnen einer Woche) angefochten werden. Laut übereinstimmenden Medienberichten haben dies bereits sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig getan.


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