FDP-Antrag: Bekommt die Stadt einen Männerbeauftragen?

Die FDP will einen Männerbeauftragten für die Braunschweiger Stadtverwaltung. Der Vorschlag stößt bei den anderen Fraktionen im Rat jedoch auf wenig Gegenliebe.

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Die FDP will einen Männerbeauftragten für die Stadt Braunschweig. Der Vorschlag stößt allerdings auf wenig Gegenliebe.
Die FDP will einen Männerbeauftragten für die Stadt Braunschweig. Der Vorschlag stößt allerdings auf wenig Gegenliebe. | Foto: Sandra Zecchino

Braunschweig. Nach Willen der FDP im Rat der Stadt Braunschweig soll die Verwaltung der Löwenstadt zukünftig einen Männerbeauftragen bekommen. Wer echte Gleichstellung wolle, so die Freidemokraten in ihrem Antrag, der müsse auch dafür sorgen, dass Männer mit ihren spezifischen Problemen eine Anlaufstelle im Gleichstellungsreferat erhalten. Demnach seien Männer etwa bei Sorgerechtsfragen oder Elternzeit schlechter gestellt als Frauen. Ein Männerbeauftragter könnte helfen diese Ungleichheit auszugleichen. regionalHeute.de hat die anderen Fraktionen im Rat gefragt, was sie von der Idee halten.


"Wer eine echte Gleichstellung von Mann und Frau wünscht, muss dafür sorgen, dass nicht nur Frauen, sondern auch Männer Diskriminierung und Nachteile bekämpfen können, die sich gegen das eigene Geschlecht richten", schreibt die FDP-Fraktion in ihrem Antrag, der am 17. Juni im Ausschuss für Soziales und Gesundheit des Stadtrates behandelt wird. Demnach hätten die Hälfte aller Männer bereits sexuelle Belästigung erfahren, etwa ein Fünftel leide unter häuslicher Gewalt. Außerdem, so die FDP, seien Männer bei Elternzeit und Sorgerechtsfragen oft im Hintertreffen. Darüber zu sprechen, gerade im beruflichen Kontext gebe es hier keine männliche Anlaufstelle, an die sich Männer wenden könnten. Das will die FDP ändern. Dafür solle eine Stelle im Gleichstellungsreferat "umgewandelt" und dann mit einem Mann besetzt werden.

Carsten Lehmann und die FDP wollen einen Männerbeauftragten im Gleichstellungsreferat der Stadt Braunschweig installieren.
Carsten Lehmann und die FDP wollen einen Männerbeauftragten im Gleichstellungsreferat der Stadt Braunschweig installieren. Foto: Alexander Dontscheff


Dabei ginge es keineswegs darum der Männer in den Vordergrund zu stellen oder Frauen etwas wegzunehmen, versichern die Liberalen. Es bestünde allerdings Handlungsbedarf, glaubt Carsten Lehmann, sozialpolitischer Sprecher und Fraktionsvorsitzender der FDP im Stadtrat: "Wichtig ist uns, dass auch bei diesem Schritt am Ende eine bessere Gleichstellung von Männern und Frauen stehen wird: Besonders im Bereich Vereinbarung von Job und Familie ist jede Verbesserung für Väter auch eine für die Mütter. Mit einem Männerbeauftragten soll für solche und andere Probleme ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen.“

Linksfraktion: "Verspäteter Aprilscherz"


Bei anderen Fraktion fällt der Antrag auf wenig Gegenliebe. Udo Sommerfeld etwa, der Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, lehnt den erstmals Anfang April bekannt gewordenen Vorschlag vehement ab. Mehr noch: "Im ersten Moment glaubt man Anfang April, der Antrag der FDP sei ein verspäteter Aprilscherz", so Sommerfeld auf Anfrage von regionalHeute.de. Für ihn verkenne die FDP den Sinn eines Gleichstellungsreferates. Das hätte wesentlich mehr mit frauenspezifischen Problemen zu kämpfen, außerdem suggeriere der Antrag, dass Männer sich nicht Frauen anvertrauen könnten. Die Gleichstellungsbeauftrage sei für alle Geschlechter zuständig. Nicht ohne Grunde hieße die Stelle schon länger nicht mehr Frauenbeauftragte. Ohnehin seien Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Und dass im Zweifel eine Frau ihre Stelle zugunsten eines Mannes verliere, könne, so Sommerfeld, "angesichts der tatsächlichen Lage in der Stadtverwaltung nur als Scherz aufgefasst werden."

Ratsherr Udo Sommerfeld (Die Linke) hält den Antrag der FDP für einen Scherz.
Ratsherr Udo Sommerfeld (Die Linke) hält den Antrag der FDP für einen Scherz. Foto: Alexander Dontscheff


In eine ähnliche Kerbe schlagen die Grünen. Es könne nicht "der Ernst der FDP sein", eine eingearbeitete Kraft durch jemand völlig neues ersetzen zu wollen. Auch wenn die FDP behaupte das Gleichstellungsreferat mit der Einstellung eines Männerbeauftragen stärken zu wollen, werde es im Endeffekt geschwächt. Inhaltliche Änderung sollten zunächst mit dem Referat selbst diskutiert werden. Den Weg der FDP halten die Grünen also für falsch. "Wir lehnen es zudem entschieden ab, eine aktuell besetzte Stelle neu zu besetzen, nur weil die FDP nicht bereit ist, für ihr Anliegen eine zusätzliche Stelle zu beantragen", so Annika Naber, die sozialpolitische Sprecherin der Grünen Ratsfraktion Braunschweig.

Annika Naber (Grüne), glaubt, dass ein neuer Männerbeauftragter, der eine Frau im Gleichstellungsreferat ersetze, eher zur Schwächung des Referats führe. Foto: Grüne
Annika Naber (Grüne), glaubt, dass ein neuer Männerbeauftragter, der eine Frau im Gleichstellungsreferat ersetze, eher zur Schwächung des Referats führe. Foto: Grüne Foto: Grüne


Auch SPD winkt ab


Für die SPD widerspricht die Anstellung eines Männerbeauftragten ganz grundsätzlich dem Ziel eines Gleichstellungsreferates. Die Stelle sei nicht auf ein Geschlecht festgelegt, das sei auch im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz geregelt. Es gäbe also keine Frauenbeauftragte. Warum sollte es dann einen Männerbeauftragten geben? Frauen seien strukturell und historisch besonders zu unterstützen, so Annette Schütze, die sozialpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten. Zwar hätten auch Männer, gerade junge Väter, geschlechtspezifische Probleme und dabei müssten sie auch unterstützt werden. Einen Männerbeauftragen benötige es dafür aber nicht. Dennoch zeigt sich die SPD kompromissbereit: "Die SPD-Fraktion würde zwar keine Stellenschaffung im Gleichstellungsreferat befürworten, sich daher aber für die Benennung eines männlichen Ansprechpartners beispielsweise aus der Personalverwaltung aussprechen", so Schütze weiter.

Annette Schütze (SPD) könnte sich vorstellen einen Ansprechpartner für Männer zu benennen.
Annette Schütze (SPD) könnte sich vorstellen einen Ansprechpartner für Männer zu benennen. Foto: SPD


Auch die AfD zeigt sich wenig begeistert von dem Vorschlag. Das von der FDP angeführte Beispiel eines "Männerbeauftragten" in der Stadt Nürnberg sei hier wenig zielführend. Der habe sich als "Ansprechpartner für Männer" bezeichnet, weil er der "historischen Bedeutung" seines weiblichen Gegenstücks nicht gerecht wurde. Die AfD würde dem Antrag in der Form also nicht zustimmen, wäre aber offen dafür, dass die Verwaltung erhebe, inwiefern geschlechtsspezifische Probleme für Männer überhaupt auftauchen. Bis dahin gebe es die Gleichstellungsbeauftragte, die beiden Geschlechtern auf Augenhöhe begegnen solle. " Der Antrag geht daher", so Stefan Wirtz, Fraktionsvorsitzender der AfD im Stadtrat, "vielleicht in die falsche Richtung."

Für Stefan Wirtz (AfD) geht der Antrag der FDP in die falsche Richtung.
Für Stefan Wirtz (AfD) geht der Antrag der FDP in die falsche Richtung. Foto: Werner Heise



Die Fraktionen der CDU, P2 und Bibs haben sich bislang nicht zu einer Anfrage von regionalHeute.de geäußert.


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