Medizinerausbildung: Braunschweig fühlt sich übergangen

60 neue Ausbildungsplätze für Medizinstudenten sollen in Wolfsburg entstehen. Zuvor hatte das Land Gespräche mit dem Klinikum Braunschweig einfach abgebrochen. Die Braunschweiger Politik ist sauer.

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(Symbolbild) | Foto: regionalHeute.de

Braunschweig. Das Klinikum Braunschweig muss im Ausbau der Ausbildungskapazitäten für Mediziner mit einbezogen werden. Diese Forderung veröffentlichten die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Susanne Schütze und Christoph Bratmann am heutigen Mittwoch nahezu zeitgleich mit Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth. Hintergrund sind Irritationen über den Alleingang bei der Kooperation zwischen der Universitätsmedizin Göttingen und dem Klinikum Wolfsburg (regionalHeute.de berichtete).


Laut einer gemeinsamen Pressemitteilung wurde am Montag eine Absichtserklärung zwischen der Universitätsmedizin Göttingen, dem Klinikum Wolfsburg und dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur unterzeichnet. Ziel der Vereinbarung ist es, ab 2023 bis zu 60 Medizinstudierende pro Jahr am klinischen Standort Wolfsburg auszubilden. Zu diesem Zweck soll in Wolfsburg ein neuer Campus für die klinische Phase der Medizinerausbildung gebaut werden.


Enttäuschung über Ausschluss von Gesprächen


Die Braunschweiger Landtagsabgeordneten Annette Schütze und Christoph Bratmann bedauern, dass keine gemeinsame Planung angestrebt wurde. „Wir finden es enttäuschend, dass wir in die Gespräche nicht eingebunden wurden. Das Klinikum Braunschweig ist im Gegensatz zu Wolfsburg ein Maximalversorger, der ideale Bedingungen für die praktische Ausbildung angehender Medizinerinnen und Mediziner bietet. Schon deshalb liegt eine regionale Zusammenarbeit nahe. Zwischen dem Klinikum Braunschweig und den Kliniken in Wolfsburg und Wolfenbüttel gibt es bereits eine Kooperation. Daher gehen wir davon aus, dass auch die Medizinerausbildung im Sinne dieser Kooperation gemeinschaftlich realisiert wird“, so die Abgeordneten.

Annette Schütze (SPD)
Annette Schütze (SPD) Foto: Niklas Eppert




Die Stadt Braunschweig zeigt sich von dieser Information insofern überrascht, als bereits im Februar 2018 zwischen der Niedersächsischen Landesregierung (MWK), der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und dem Städtischen Klinikum Braunschweig gGmbH (SKBS) nach vorbereitenden Gesprächen vereinbart wurde, am SKBS einen Campus der UMG zur Ausbildung von 60 Medizinstudierenden pro Jahr zu etablieren, um so den bestehenden Ärztemangel in Niedersachsen zu beheben. "Im April 2018 wurden alle dafür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen und in einem Projektplan skizziert, der in der Folge in zahlreichen Arbeitsgruppen intensiv und zielorientiert bearbeitet wurde. Bis zum Herbst 2019 wurde ein Großteil der Herausforderungen gelöst und viele der von der UMG und der Niedersächsischen Landesregierung geforderten Punkte konnten umgesetzt werden," beschreibt Dr. Andreas Goepfert, Geschäftsführer des Klinikums Braunschweig, den damaligen Prozess.


Landesregierung bricht Gespräche ab


Nur wenige Punkte hätten nicht abschließend geklärt werden können, unter anderem wäre eine Finanzierung vom Land notwendig gewesen. In einer gemeinsamen Presseerklärung von UMG und SKBS vom Februar 2020 wurde die Öffentlichkeit über diese Problematik informiert und vorgeschlagen, den Start des Medizinstudiums in Braunschweig um ein Jahr auf das Wintersemester 2022 zu verschieben, um für die noch offenen Punkte passende Lösungen zu finden. Daraufhin hatte das MWK für sich entschieden, die Kooperationsgespräche zu beenden.



Ulrich Markurth und Christian Geiger (von links).
Ulrich Markurth und Christian Geiger (von links). Foto: Robert Braumann



"Wir haben den seinerzeitigen Abbruch der Gespräche durch das Land als großen Rückschlag empfunden, eine verstärkte Medizinerausbildung in Campusstruktur am größten kommunalen Krankenhaus in Niedersachsen zu etablieren", erinnert sich Erster Stadtrat Christian Geiger, Stadtkämmerer und aktueller Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums Braunschweig. Mit Ausbruch der Covid-19 Pandemie im Jahr 2020 in Deutschland haben dazu keine weiteren Gespräche zwischen UMG und SKBS mehr stattgefunden.

Fehlende regionale Kooperation


Oberbürgermeister Ulrich Markurth ist nun wegen der überraschend kommunizierten Kooperation der UMG mit dem Klinikums Wolfsburg auch im Hinblick auf die von ihm gelebte regionale Kooperation enttäuscht. "Nicht nur mit Blick auf Wolfsburg, sondern auch mit Blick auf das Land ist es bemerkenswert, dass ein solcher Lösungsansatz ohne die Beteiligung des größten Gesundheitsversorgers in der Region jetzt erfolgen soll", sagt Markurth. "Für alle Beteiligten ist klar, dass das Städtische Klinikum Braunschweig gGmbH gewillt war und auch weiterhin absolut gewillt ist, eine qualitativ hochwertige, moderne und zukunftsfähige Medizinerausbildung in Braunschweig zu ermöglichen. Selbstverständlich müssten die oben noch nicht endgültig geklärten Punkte dabei gelöst werden." Das Klinikum Braunschweig als einziger kommunaler Maximalversorger in Niedersachsen sei geradezu prädestiniert dazu, sich an einer Medizinausbildung in Niedersachsen in einer regional führenden Rolle zu beteiligen, meint OB Ulrich Markurth und erklärt: "Ich habe die klare Erwartungshaltung gegenüber der Landesregierung, dass das Städtische Klinikum Braunschweig zeitnah in die weiteren Planungen zum dringend erforderlichen Ausbau der niedersächsischen Ausbildungskapazitäten einbezogen wird."


Ums Braunschweiger Klinikum führt kein Weg herum


Die 60 Ausbildungsplätze sollten ein Anfang sein, fügt der OB hinzu. Braunschweig sei der einzige Ort, der klinisch sowohl stationär als auch ambulant alle notwendigen Voraussetzungen für eine qualitätsvolle Ausbildung hätte. Perspektivisch stünden mit der TU und entsprechenden wissenschaftlichen Instituten Einrichtungen zur Verfügung, eine Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern in ganz anderer Größenordnung dazustellen und damit eine auch finanziell umfassende, hoch qualifizierte medizinische Versorgung für die gesamte Region sicherzustellen. Markurth: "Ohne das Städtische Klinikum Braunschweig wird dies nicht gelingen können."

"Macht weder fachlich, noch politisch Sinn"



Christoph Bratmann (SPD)
Christoph Bratmann (SPD) Foto: Niklas Eppert



Christoph Bratmann, Sprecher der Braunschweiger Gruppe der SPD-Landtagsabgeordneten, erklärt abschließend: „Als Braunschweiger Gruppe vertreten wir die Interessen der gesamten Region. Das Städtische Klinikum Braunschweig ist nun einmal das bedeutendste Klinikum der Region, deshalb macht die Umsetzung der Medizinerausbildung ausschließlich am Standort Wolfsburg weder fachlich noch politisch Sinn. Wir hoffen deshalb auf eine Kooperation der Kliniken im Sinne regionaler Zusammenarbeit.“


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