Braunschweig. Nach langer kontroverser Diskussion hat der Rat der Stadt Braunschweig in seiner Sitzung am heutigen Dienstag mit knapper Mehrheit den Grundsatzbeschluss für den Bau eines neuen Domizils für die Städtische Musikschule, kombiniert mit einem Konzerthaus, im neuen Bahnhofsquartier am Rande von Viewegs Garten gefasst. Eine endgültige Entscheidung soll erst 2025 fallen.
Dass überhaupt über den Punkt abgestimmt wurde, war eine knappe Angelegenheit. Ein Antrag der CDU, das Thema zu vertagen, da noch Beratungsbedarf bestehe, wurde mit nur zwei Stimmen Mehrheit und nach mehrmaliger Zählung abgelehnt. In der Debatte selbst wurde dann deutlich, dass wohl alle die Notwendigkeit sehen, dass es für die Musikschule mit ihren derzeit drei Standorten in suboptimalen Gebäuden möglichst bald eine Lösung geben müsse. Doch das war es dann auch mit den Gemeinsamkeiten.
Zweifel an der Finanzierbarkeit
Während Verwaltung, SPD und - mit leichten Zweifeln - auch die Grünen vor allem die historische Chance für Braunschweig sehen, wurden in der Diskussion große Zweifel an der Finanzierbarkeit, aber auch am Standort deutlich. Bereits im Vorfeld hatten sich hier auch außerpolitische Akteure wie der Arbeitsausschuss Innenstadt und die IHK Braunschweig für einen Standort im Innenstadtbereich ausgesprochen. Dazu kam - vor allem von der BIBS - der Einwand, dass das Bauen im Bestand, also die Nutzung eines Leerstandes, klimaschonender sei als ein Neubau.
"Plan B fehlt"
Zwar betonten die Befürworter, dass noch nichts entschieden sei, sondern der finale Umsetzungsbeschluss erst nach den jetzt beginnenden konkreten Planungen erfolge, eine Vorfestlegung sei es aber allemal, kritisierte Ratsherr Claas Merfort (CDU). Alternativen würden nun nicht weiter untersucht. Dadurch verpasse man eine einmalige Chance zur Innenstadtbelebung. Ähnlich sah dies Carsten Lehmann (FDP). Es sei ein Fehler, keinen Plan B zu haben. Komme man in zwei Jahren zu dem Schluss, das Projekt werde zu teuer und könne nicht umgesetzt werden, müssten die Planungen erneut beginnen. Vor allem für die Musikschule seien es dann zwei verlorene Jahre gewesen.
Dr. Bernhard Piest (BIBS) plädierte für die Entkopplung der Projekte Musikschule und Konzerthalle. Eine Zusammenfassung der Musikschulstandorte sei dringend nötig, auf eine Konzerthalle solle man dagegen verzichten. Das Geld sollte lieber in Klimaschutzprojekte investiert werden. Kai Tegethoff (Volt) kritisierte, dass niemals durch die politischen Gremien entschieden worden sei, die Musikschule mit der Konzerthalle zusammenzulegen. Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum übe nun emotionalen Druck aus, das Projekt im Hauruck-Verfahren durchzudrücken.
Ratsherr Stefan Wirtz (AfD) übte vor allem Kritik am Standort. Er erinnerte an das Atrium Bummelzentrum, das seinerzeit mit den gleichen Argumenten am Bahnhof gebaut wurde und grandios gescheitert sei. Außerdem habe er Zweifel am Sinn, für viel Geld eine weitere Veranstaltungshalle in 300 Meter Entfernung zur Stadthalle zu bauen und gleichzeitig den Autoverkehr zu begrenzen, da das geplante Bauprojekt im derzeitigen Verkehrsraum geplant sei. Auswärtige Gäste würden vor allem mit dem Auto anreisen. Auch für die Halle selbst sieht Wirtz Probleme. Der Lärm durch Zug- und Straßenbahnverkehr könnte das Konzerterlebnis trüben.
Kahlschlag in anderen Kulturbereichen?
Einen weiteren Aspekt führte Ratsfrau Anikó Merten-Glogowski (FDP) an. Durch so ein teures Leuchtturm-Projekt werde ein Schwerpunkt auf das Thema Klassik gelegt. Es sei ein Kahlschlag in anderen Kulturbereichen zu befürchten. Ein Punkt, der auch bei Teilen der Grünen gesehen wurde. Ratsfrau Dr. Elke Flake erklärte, dass man in der Fraktion eine kontroverse Debatte geführt habe. Es sei klar, dass das Projekt teuer werde. Nicht nur der Bau, sondern auch später in Unterhalt, Intendanz und Steuerung. Flake stellte klar, dass man am Ende nur zustimmen wolle, wenn dies zu keiner Schieflage in anderen Bereichen führen werde. Dem Grundsatzbeschluss wolle man aber zustimmen.
Leuchtturm von bundesweiter Bedeutung
Burim Mehmeti (SPD) warb dagegen für den Standort. Das "Zentrum für Musik" entstehe nicht als Solitär, sondern in einem lebendigen Viertel, was derzeit dort geplant werde. Auch Oberbürgermeister Kornblum betonte, dass hier ein grünes Tor in die Stadt entstehe. Man benötige den Beschluss auch, um damit beginnen zu können Fördergelder zu bekommen. Und dies sei nur realistisch, wenn man einen Leuchtturm von bundesweiter Bedeutung schaffe.
Laut einer Pressemitteilung der Stadt erfolgt die Planung des Konzerthauses mit 1.000 Sitzplätzen auf Basis einer kulturellen Infrastrukturanalyse und einer Machbarkeitsstudie. Darin seien ein entsprechender Bedarf nachgewiesen und der Standort am Rande von Viewegs Garten empfohlen worden. Der finale Umsetzungsbeschluss für die kombinierte Errichtung von Konzerthaus und der Städtischen Musikschule soll dem Rat 2025 vorgelegt werden, einschließlich Investitionsvolumen und erwarteten Betriebskosten. Auch alternative Finanzierungsvarianten (ÖPP, Einbindung von Spenden oder sonstigen Drittmitteln, Realisierung zum Beispiel durch eine Stiftung) sollen geprüft werden.
mehr News aus Braunschweig