Schadet das Freihandelsabkommen der Kultur-Szene?

von Robert Braumann


| Foto: Sina Rühland



Braunschweig. Welche Auswirkungen  könnte das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) auf das Braunschweiger Kulturleben haben? In der Alten Waage diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der hiesigen Kulturszene sowie der Politik mit dem Publikum die möglichen Auswirkungen. Henning Hintze (Attac München) hielt einen Impulsvortrag.


TTIP steht für Transatlantic Trade and Investment Partnership (Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft). Damit sollen unterschiedliche Vorschriften, Zölle und andere Handelsbarrieren zwischen der EU und den  USA abgebaut werden. Davon versprechen sich Beführworter mehr Handel, Wachstum, Arbeitsplätze. Auch Konsumgüter könnten durch wegfallende Zollgebühren billiger werden. Unklar ist, wie Einschnitte beim Verbraucherschutz verhindert und Firmenklagen gegen Vorschriften eines Partnerlands entschieden werden.

Hintze sagte TTIP wäre ein Abkommen, dass tief in unser Leben eingreifen würde. Dabei würde die Bevölkerung immer noch unzureichend informiert werden. Sollten die Regelungen unterschrieben werden, könnten Unternehmen aus den U.S.A. gegen europäische Staaten klagen, sollten sie im Wettbewerb benachteiligt werden.



Dabei würden die Verfahren nach den bisherigen Planungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit von privaten Anwälten ausgefochten werden. Hintze sprach dabei von einer Teilprivatisierung der Justiz. Er bezeichnete den Begriff „Handelsabkommen“ dazu als irreführend. Für ihn sei es vielmehr ein Deregulierungsabkommen, das Handlungshemmnisse beseitigen soll. Er kritisierte zudem das Vorhaben einen Regulatorischen Kooperationsrat einsetzen zu wollen, der das Europa Parlament bei den Gesetzesvorhaben im Bereich Handel berät. Dort würden dann hauptsächlich Lobbyisten sitzen, die U.S.A. könne dann indirekt EU-Gesetze mitbestimmen. Er verwies zudem auf eine Studie des IFO Insituts, in dem die Entwicklungsländer als große Verlierer einer Eliminierung der Zölle beschrieben werden. Sollte TTIP in der geplanten Form umgestetzt werden, könnte es die Flüchtlingsströme nach Europa weiter verstärken, die globalen Probleme würden sich verschärfen, so Hintze. Das Ziel Handelshemmnisse abzubauen, könnte laut ihm auch weitreichende Auswirkungen auf die Kultur haben. Ein Beispiel wäre die Buchpreisbindung, die in Amerika nicht besteht und deshalb als Hemmnis gesehen werden könnte. Sollte sie wegfallen, sieht er viele kleine Buchläden vor dem Ruin. Ein weiteres Beispiel wären die staatlichen Subventionen für städtische Bühnen, Theater und Museen. Private amerikanische Anbieter könnten sagen, sie würden dadurch benachteiligt werden, bei einer erfolgreichen Klage, müssten auch sie Unterstützung erhalten.

Braunschweiger Politiker diskutieren mit


Cornelia Seifert (SPD) sagte in der anschließenden Diskussion, dass sie das Gefühl habe es werde viel zu wenig über die Risiken des Abkommens berichtet. Elke Flake (Grüne) ging noch einen Schritt weiter und sagte: "Was hat das Thema mit der Kultur in Braunschweig zu tun?



In erster Linie wird mit dem Abkommen der Markt über alles gestellt. Damit wird auch die Kultur an sich beschnitten.“ In den U.S.A. würde es keine staatliche Unterstützung für kleine Kultureinrichtungen geben. Die Politikerin sieht die Gefahr, dass dieses System auch in Deutschland Schule macht. Gisela Ohnesorge (Linke) war sich sicher: §Solche Abkommen sollte man nicht schließen. Man müsse alles tun, um das Vorhaben in der aktuellen Fassung zu verhindern." Gerade Kultur und Kunst dürfe nicht als Ware gehandelt werden. Wenn dabei nur auf die Quote und den Umsatz geschaut werden würde, dann stünde es bald schlecht um Deutschland. Die gesamte Bevölkerung wäre aufgerufen dagegen einzustehen. Sandra Cettino (Piraten) kritisierte die Informationspolitik der Regierung zu dem Thema und forderte mehr Transparenz.

Was sagen direkt Betroffene?


Bernd Müller (KuFa e.V.) fürchtet, dass das Abkommen die Kosten im Bereich Kultur eher erhöhen würde und forderte, dass Kultur für alle bezahlbar bleiben müsse. Klaus Christen (Guten Morgen Buchladen) war sich sicher, dass TTIP zu einer Absenkung von Standards führen wird. Es würden Großkonzerne profitieren, die auf Profitmaximierung aus seien. Die Aufhebung der Buchpreisbindung sieht er für sich persönlich als größte Gefahr. Man habe dann keine Chance zu bestehen und würde von Unternehmen wie amazon einfach überrollt werden. Er fühle sein Geschäft bedroht durch TTIP.


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