Was geschah an der Haltestelle? Polizei ermittelt gegen Busfahrer

Die 95-Jährige Waltraud Groß muss nach einem Sturz in die Pflege. Schuld daran sei vor allem ein Busfahrer, sagt ihr Sohn Frank Gottsand-Groß.

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Symbolfoto | Foto: Pixabay

Braunschweig. Bereits im Juli ist es an der Haltestelle Theaterplatz zu einen Unfall gekommen, bei dem eine 95-Jährige verletzt wurde. Der Sohn der Verletzten erhebt nun schwere Vorwürfe gegen das Busunternehmen und das Klinikum Braunschweig. Auch die Polizei ist bereits in den Vorfall involviert.



Am 20. Juli sei Waltraud Groß um die Mittagszeit mit dem Bus nach Braunschweig gefahren. Das, so schildert es ihr Sohn Frank Gottsand-Groß, mache sie regelmäßig und es sei bisher auch kein Problem gewesen. Doch an besagtem Donnerstag änderte sich das Leben seiner Mutter auf einen Schlag. Schuld daran sei das aus seiner Sicht rücksichtslose Verhalten des Busfahrers.

95-Jährige wird auf Gehweg geschleudert


Dieser habe die Bustür zu früh geschlossen, woraufhin seine Mutter in den Türen des Busses eingeklemmt wurde. "Meine Mutter befand sich noch im Ausgang der zweiten Tür, als sich die Tür schloss. Sie ist nun mal 95 und mit Rollator auch nicht ganz so schnell. Durch die Wucht der sich schließenden Tür wurde meine Mutter auf den Gehweg geschleudert, wo sie schwerverletzt liegen blieb. Der Busfahrer trat auf meine noch auf dem Boden liegende Mutter zu und meinte, er habe keine Schuld, die Tür schließt automatisch", schildert er den Vorfall. Der Busfahrer sei dann, ohne Hilfe zu leisten, die Polizei und den Krankenwagen zu rufen, in den Bus gestiegen und abgefahren. Passanten hätten sich dann um seine Mutter, die über Übelkeit und große Schmerzen im rechten Arm klagte, gekümmert und einen Krankenwagen gerufen.

Die Polizei ermittelt


Die Aussage, die Tür würde sich automatisch schließen, zweifelt Gottsand-Groß außerdem an. Seines Wissens nach, werde die Tür manuell durch den Busfahrer bedient. "Die erste und zweite Tür des Busses schließt nicht automatisch. Das ist nur bei der dritten Tür der Fall. Der Busfahrer hat also schlichtweg nicht aufgepasst." Der ganze Vorfall und vor allem das Verhalten des Busfahrers mache ihn sprachlos und wütend. Deshalb habe er auch Anzeige bei der Polizei erstattet. Dort bestätigt man den Eingang der Anzeige. Wie Polizeisprecher Dirk Oppermann auf Nachfrage erklärt, werde wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernen vom Unfallort ermittelt. Mehr könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen.

BSVG stellt Vorfall anders dar


Bei der Braunschweiger Verkehrs-GmbH (BSVG) sieht man den Sachverhalt allerdings etwas anders. Auf Nachfrage erklärt die BSVG, dass das Unternehmen durch den Busfahrer informiert worden sei und dieser zum genauen Ablauf befragt wurde. Nach Kenntnisstand der BSVG sei Waltraud Groß beim Aussteigen auf dem Bussteig von der sich schließenden Tür an der Hüfte gestreift worden und aus dem Gleichgewicht gekommen. In der Folge sei dann ihr Fuß von der Tür getroffen worden und es kam zum Sturz. Eine Schuld beim Busfahrer sehe man also nicht. "Der Schließvorgang wird eingeleitet, sobald der Türbereich frei ist. Die regulären Sicherheitsmechanismen im Bereich der marktüblichen Türen konnten in diesem Fall nicht verhindern, dass es zum Kontakt zwischen der Tür und der Frau gekommen ist, was letztlich zum Sturz und der Verletzung geführt hat", so BSVG-Sprecher Felix Weitner. Einen technischen Defekt schließe man aus.

Auch den Vorwurf, der Fahrer sei einfach weggefahren und hätte sich nicht um die verletzte Frau gekümmert, weist die BSVG von sich. "Nach unserem Kenntnisstand hat der Busfahrer unmittelbar einen Krankenwagen gerufen und Hilfe angeboten, diesen aber auf mehrfachen Wunsch der Dame wieder abbestellt." Die Schilderungen des Busfahrers seien durch eine Zeugin bestätigt worden, daher habe man keinen Anlass dazu, seiner Schilderung nicht zu glauben. "Wir sind tief betroffen von dem Vorfall und wünschen der Dame eine möglichst schnelle und gute Genesung. Wir befinden uns mit Ihrem Sohn im Austausch zur weiteren Klärung", so Weitner abschließend.

Waltraud Groß kollabiert zu Hause


Mit einer Fraktur des rechten Oberarms wurde Waltraud Groß schließlich ins Klinikum Holwedestraße gebracht worden. Und dort, so Gottsand-Groß, sei die Odyssee seiner Mutter weitergegangen. Denn auch das Klinikum habe seiner Auffassung nach rücksichtslos und fahrlässig gehandelt. Daher habe er sich auch an die Krankenkasse seiner Mutter gewandt. Die werde sich nun ebenfalls der Sache annehmen.

"Meine Mutter musste vier Stunden mit starken Schmerzen, großem Durst und frierend auf eine Behandlung warten. Ihr wurden weder etwas zu trinken, noch eine Decke oder sonstiges angeboten", berichtet Frank Gottsand-Groß weiter. Nach dem Röntgen sei ein Oberarmbruch diagnostiziert worden. Dieser sollte am darauffolgenden Montag operiert werden. "Meine Mutter, unter dem Eindruck der Schmerzen und der Gesamtsituation stehend, bat darum, mich zu informieren und mit mir dann zu beratschlagen, wie es weiter gehen sollte. Das Krankenhaus rief weder mich noch den Pflegedienst an, der meine Mutter an zwei Tagen in der Woche betreut", kritisiert er.

Nachdem seine Mutter versorgt wurde und eine Schiene erhalten hatte, sei sie mit einem Krankentransporten nach Hause geschickt worden. "Wohl wissend, dass ihr Gesamtzustand keinesfalls als gut zu bezeichnen war." In ihrer Wohnung sei seine Mutter dann kollabiert und hingefallen. "Sie rief mich über ein Notfalltelefon, was wir ihr eingerichtet haben, an. Meine Frau begab sich sofort zu meiner Mutter und fand sie in einem desolaten Zustand vor. In einem weiteren Krankentransport wurde sie dann in die Celler Straße gebracht."

Dort ist sie auch noch immer, sagt Gottsand-Groß. Seiner Mutter ginge es gar nicht gut. Die 95-Jährige habe bis jetzt ein eigenständiges Leben geführt, hat sich größtenteils in ihrer Wohnung in Rüningen selbst versorgt. Nur ab und an sei ein Pflegedienst gekommen, um ihr bei der Körperpflege zu helfen. Das sei nun nicht mehr möglich. Nach dem Klinikaufenthalt werde sie zunächst in die Kurzzeitpflege kommen, anschließend soll sie in die Vollzeitpflege. Das belaste sie seelisch sehr. "Sie weiß, dass es nicht anders geht. Aber dennoch kann sie es nur schwer ertragen, dass sie ihre Selbstständigkeit aufgeben muss."

Klinikum weist Kritik von sich


Das Klinikum west die Vorwürfe ebenfalls von sich. Auf Nachfrage erklärt man, dass Waltraud Groß nach medizinischem Rat bis zur Operation nicht stationär aufgenommen wurde, da dies in ihrem Fall nicht medizinisch indiziert gewesen sei. "Nach interner Recherche können wir die Aussagen der Angehörigen nicht bestätigen. Patienten im skbs wird zu jederzeit ermöglicht, ihre Angehörigen selbstständig zu informieren oder über das Personal informieren zu lassen, wenn es selbstständig nicht mehr möglich ist. In diesem Fall war die Patientin voll handlungs- und geschäftsfähig. Seitens der Patientin lag keine Entbindung der Schweigepflicht vor, damit darf das Krankenhaus auch keine detaillierten Informationen an Dritte herausgeben. Die Patientin war mit dem geplanten Behandlungsverlauf einverstanden. Eine Beschwerde der Patientin liegt nicht vor."

Frank Gottsand-Groß jedoch sagt, dass er Kontakt mit dem Beschwerdemanagement der Klinik aufgenommen und um Klärung gebeten habe. Wirklich herausgekommen sei dabei aber nichts. Er erhielt die Aussage, dass es keinen Grund gegeben hätte, seine Mutter stationär zu behandeln. Seine Bitte, mit dem zuständigen Arzt persönlich zu sprechen, sei abgelehnt worden. Aufgeben will Gottsand-Groß nicht. Er habe bereits weitere Schritte eingeleitet. Nun aber müsse er sich erst einmal um seine Mutter kümmern.

"Das hätte alles nicht sein müssen. Hätte der Mann einfach mal seine Finger still gehalten, in den Spiegel geguckt und nicht die Tür geschlossen, wäre das alles nicht passiert", so Gottsand-Groß.


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