Wie geht es weiter mit dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt?

Das Thema stand auf der Tagesordnung der letzten Ratssitzung, wurde aber nicht behandelt. regionalHeute.de fragte nach.

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Archivbild.
Archivbild. | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Zuletzt berichtete regionalHeute.de im April 2023 über das ehemalige Kreiswehrersatzamt in der Grünewaldstraße, das bereits damals über zehn Jahre leer stand. Im Rat der Stadt Braunschweig befand sich das Thema vergangene Woche durch einen Antrag der AfD-Fraktion auf der Tagesordnung. Allerdings war der Punkt bereits zuvor im nicht öffentlichen Verwaltungsausschuss abschließend behandelt worden. Da das Thema aus Sicht unserer Redaktion aber von öffentlichem Interesse ist, hakten wir nach.



Die denkmalgeschützte und sanierungsbedürftige Immobilie im östlichen Ringgebiet gehört dem Land Niedersachsen, das aber offenbar keine Verwendung hat und verkaufen möchte. Planungsrechtlich verantwortlich ist die Stadt Braunschweig. Ein Käufer scheint immer noch nicht gefunden.

Der Antrag der AfD


Angesichts des langjährigen Stillstands hatte die AfD-Fraktion nun beantragt, dass die Stadt selber Gebäude und Gelände übernehmen und in entsprechende Verhandlungen mit dem Land Niedersachsen gehen solle. Hierbei wäre außer einem Ankauf auch dauerhafte Nutzungsrechte, Miete oder Schenkung denkbar – angesichts des stark mitgenommenen denkmalgeschützten Gebäudes durchaus realistische Möglichkeiten, heißt es in einer Pressemitteilung der AfD.

„Seit zwölf Jahren steht die Immobilie in guter Lage leer; einige der Schäden im Gebäude sind sicherlich Folgen der Verwahrlosung. Um aus dieser Anlage noch etwas Nützliches zu machen, werden ständig steigende Investitionen nötig werden. Ob auch nur ein Interessent dafür noch zu gewinnen ist, scheint recht unsicher. Dieser Leerstadt bleibt ein dauerhafter Schandfleck, wenn die Stadtverwaltung nicht selbst aktiv wird. Der Rückkauf der Burgpassage kostete zuletzt deutlich mehr als die Kreiswehrersatzamt-Immobilie nach letzter Bewertung“, so AfD-Ratsherr Stefan Wirtz.

regionalHeute.de fragte nach


In der Ratssitzung am Dienstag wurde lediglich verkündet, dass der Verwaltungsausschuss den Antrag abgelehnt habe. regionalHeute.de fragte daher bei den in diesem Ausschuss stimmberechtigten Fraktionen an und wollte wissen, was gegebenenfalls gegen diesen Antrag gesprochen habe und welche Vorstellungen man selbst für die Zukunft der Immobilie habe.

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen sieht hier in erster Linie das Land Niedersachsen in der Pflicht, eine sinnvolle Verwendung für die Immobilie zu finden. Bisher habe sich vor allen Dingen der desolate Zustand des Gebäudes als Investitionshemmnis erwiesen. "Wir befürworten grundsätzlich eine Umnutzung, da der Standort höchst attraktiv ist. Dabei können wir uns zahlreiche Varianten vorstellen, wie etwa gemeinschaftliche Wohnprojekte. Eine Umnutzung muss allerdings mit einem stimmigen Konzept unterlegt werden, damit Sanierungs- und Finanzbedarfe zuverlässig ermittelt werden können. Ein solches Konzept liegt derzeit nicht vor", betont Fraktionsvorsitzende Lisa-Marie Jalyschko.

Bereits laufende Großprojekte


In Anbetracht der städtischen Haushaltslage und der zahlreichen anstehenden beziehungsweise bereits laufenden Großprojekte (Sanierung der Stadthalle, Sanierung Rathaus-Neubau, Stiftshöfe, Haus der Musik im ehemaligen Karstadt am Gewandhaus...) wäre es verantwortungslos, der Stadt diese stark sanierungsbedürftige Immobilie aufzubürden, ohne ein tragfähiges Konzept für die zukünftige Nutzung zu haben, so die Grünen.

Die Verantwortung liege beim Land Niedersachsen, eine gemeinwohlorientierte, wirtschaftlich tragbare Lösung zu finden. "Der Antrag der AfD-Fraktion würde, wäre er beschlossen worden, bindende Wirkung entfalten und die Verantwortung damit auf die Stadt Braunschweig übertragen. Das halten wir für riskant und es würde dem großen Potential dieser Immobilie nicht gerecht werden", so Jalyschko abschließend.

Das sagt die SPD


Ähnlich sieht man dies bei der SPD. Die Ratsgremien hätten sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit dem Gebäude des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes an der Grünewaldstraße befasst. Demnach komme ein Erwerb des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes für die Stadt aktuell grundsätzlich nicht in Betracht. Die SPD verweist hier auf eine Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion vom Februar dieses Jahres.

Dies dürfte insbesondere auch auf den, bedingt durch den langen Leerstand, hohen Sanierungsstau und die damit verbundenen, unkalkulierbaren Kosten zurückzuführen sein (unter anderem brandschutztechnische Ertüchtigung, Schadstoffsanierung, Vorgaben des Denkmalschutzes). "Ein Kauf, auch anteilig, kommt also auch aus Sicht unserer Fraktion aktuell aufgrund geschilderten Risikos aktuell nicht in Frage", so die SPD.

Studentisches oder betreutes Wohnen?


Wünschenswert wäre aus Sicht der SPD-Fraktion dennoch, wenn in dem Gebäude aufgrund seiner guten Lage mittelfristig Wohnraum entstehen könnte, beispielsweise in Form von studentischem oder betreutem Wohnen. Dies könne auch dem sanierten Bahnhof Gliesmarode einen weiteren Schub geben.

Die CDU-Fraktion und die Gruppe Die FRAKTION. BS. haben unsere Anfrage nicht beantwortet.

"Rat nicht zuständig"


Dass der Antrag im Rat gar nicht mehr behandelt wurde, habe kommunalrechtliche Gründe. "Die Entscheidung, den Antrag der AfD-Fraktion im Verwaltungsausschuss (VA) enden zu lassen, geht auf Paragraph 58 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes zurück. Für die im Antrag genannte Beschlussfassung ist der Rat demnach nicht zuständig, sondern der Verwaltungsausschuss. In solchen Fällen kann der VA in der Sache entweder selbst entscheiden, oder aber sie dem Rat mit oder ohne Beschlussempfehlung zuweisen. Der VA hat sich für erstere Variante entschieden", berichtet Lisa-Marie Jalyschko.

Die SPD ergänzt, dass dies keine Besonderheit sei, sondern vielmehr gängige Praxis: So seien zuletzt auch Anträge von SPD, FDP, Grünen, BIBS, Die FRAKTION. BS oder Gruppe Direkte Demokraten, die eigentlich an den Rat gerichtet waren, ebenfalls abschließend im dafür zuständigen Verwaltungsausschuss entschieden worden.


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