Erfurt. Der Thüringer FDP-Chef Thomas Kemmerich hat einen Aufruf von 26 FDP-Mitgliedern begrüßt, die die Ampelkoalition im Bund infrage stellen. "Das ist mehr als ein Alarmzeichen, vor dem die Bundesspitze nicht die Augen verschließen sollte", sagte Kemmerich am Dienstag dem "Spiegel".
"Der Weckruf spiegelt die Stimmung wider, die es seit Längerem in Teilen der Partei und in der Bevölkerung gegenüber der Ampel gibt", so Kemmerich. Der Weckruf zeige auch: "Die Basis wird mutiger und lauter." Er reagierte auf 26 FDP-Landes- und Kommunalpolitiker, die in einem offenen Brief die Ampel-Koalition im Bund wegen der zuletzt schlechten Wahlergebnisse ihrer Partei infrage gestellt hatten. "Die FDP muss ihre Koalitionspartner dringend überdenken", schreiben die Unterzeichner aus Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen in dem Dokument mit dem Titel "Weckruf Freiheit".
Es war an die FDP-Bundestagsfraktion, die vier FDP-Bundesminister und den Bundesvorstand gerichtet. FDP-Vorsitzender Christian Lindner hatte sich am Montag für eine Fortsetzung der Ampel ausgesprochen. Kemmerich, der nach eigenen Angaben erst aus den Medien von der Weckruf-Liste erfuhr, ist in der Bundes-FDP seit längerem umstritten. Im Februar 2020 ließ er sich mit den Stimmen von CDU und der AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen wählen.
Nach Intervention von FDP-Chef Christian Lindner und massivem öffentlichen Druck kündigte er nach kurzer Zeit seinen Rücktritt an. Kemmerich kritisierte den Verbleib seiner Partei in der Bundes-Ampel. "Ich muss auch Christian Lindner widersprechen - ich sehe kaum noch Kompromissfähigkeit bei den Grünen", sagte er dem "Spiegel". Die Grünen seien "das Problem in der Regierung, nicht unsere angeblich mangelnde Durchsetzungsfähigkeit".
Auch wenn SPD und Union "uns Freie Demokraten rechnerisch nicht dafür bräuchten, eine Deutschlandkoalition wäre im Bund eine Alternative der Vernunft", warb Kemmerich. "Ich würde sie mir wünschen", so der FDP-Politiker, der seine Partei als Spitzenkandidat bei der kommenden Landtagswahl in Thüringen anführen soll.
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