Berlin. Angesichts einer eher ernüchternden Zwischenbilanz von Bundeswehrverbandschef André Wüstner zur "Zeitenwende" fordern FDP und Union Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zum schnellen Handeln auf. "Es ist dringend geboten, die Bestände der Bundeswehr schnellstmöglich aufzufüllen", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der "Welt".
Die Soldaten müssten sich darauf verlassen können, dass die Ausstattung der Bundeswehr mit militärischem Material jetzt höchste Priorität habe. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) sprach von einer bitteren Bilanz des Bundeswehrverbandes. "Weder reichen die finanziellen Mittel, noch gelingt eine schnelle Beschaffung. Wir brauchen jetzt einen Turbo in der Zeitenwende für die Bundeswehr."
Pistorius habe das erkannt. "Die Frage ist, ob Kabinett und Koalition ihm folgen." Sara Nanni, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Sicherheit, Frieden und Abrüstung, prognostiziert unterdessen eine dauerhafte Konfrontation mit Russland: "Russland entwickelt sich weiter in eine schlechte Richtung: nationalistisch, imperialistisch und mit einer hohen Akzeptanz von Gewalt als Mittel der Politik." Die Zeichen deuteten in der Tat auf eine längere Phase des Misstrauens gegenüber Russland hin.
"Die Schätzung von André Wüstner, der von einem Jahrzehnt spricht, halte ich sogar noch für zu optimistisch gerechnet." Der SPD-Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich forderte, die Ukraine weiter mit Waffen und anderen Maßnahmen zu unterstützen und den diplomatischen Druck auf Putin zu erhöhen, "damit diesem Krieg ein Ende gesetzt wird". Weitere Sanktionen seien dafür ein "geeignetes Mittel". Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali verlangte hingegen einen Strategiewechsel.
"Immer mehr führende Militärs sagen, dass sich der schreckliche Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch jahrelang hinziehen wird." Keine Seite könne diesen Krieg militärisch entscheiden. "Anstatt die Eskalationsspirale mit immer mehr Waffenlieferungen anzuheizen, muss sich Deutschland gemeinsam mit anderen Staaten konsequent für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einsetzen", sagte Mohamed Ali der "Welt". "Über die Rückgabe von Gebieten kann man immer verhandeln, verlorene Menschenleben lassen sich nicht zurückbringen."
AfD-Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen kritisierte, die Bundeswehr sei heute noch weniger zur Landesverteidigung befähigt als vor dem Ausruf der "Zeitenwende". Er sprach von einer "Plünderung der Bundeswehr", die gestoppt werden müsse. Die Bundesregierung treibe ein gefährliches und unverantwortliches "Spiel" mit der äußeren Sicherheit Deutschlands. Sie müsse "unverzüglich Friedensverhandlungen mit den Kriegsparteien" initiieren.
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