Gemüsegräber: Ist das schön, oder muss das weg?

Bei der Propstei Braunschweig sind Obst-und Gemüsepflanzen auf Gräbern kein Problem. Doch wie sehen das andere Friedhofsverwaltungen?

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Auf einem Grab wachsen Kürbisse und Erdbeeren.
Auf einem Grab wachsen Kürbisse und Erdbeeren. | Foto: Alexander Dontscheff

Region. Mit Kürbis und Erdbeeren bepflanzt, sorgte ein Grab auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof in den vergangenen Tagen für Furore. Gleichzeitig warf es die Frage auf: Ist das schön, oder muss das weg?



Weg muss das Grab keineswegs, sagt Pfarrer Peter Kapp. Er ist stellvertretender Propst der Ev.-luth. Propstei Braunschweig, zu der der Hauptfriedhof an der Helmstedter Straße gehört. Aus theologischer und persönlicher Sicht spreche überhaupt nichts dagegen, sagt er. Ganz im Gegenteil. "Alles gehört zum Thema Schöpfung dazu. Warum also soll man da nicht etwas anbauen können? Ich empfinde das eher als Erweiterung dessen, was möglich ist", sagt Kapp.

Orte der Erinnerung


Gräber seien Orte der Erinnerung. Und wenn der Verstorbene eben ein besonderes Hobby oder eine besondere Leidenschaft hatte, sei das nicht selten auf Gräbern wiederzufinden. Warum also nicht auch Gemüse? Hier würden Interessen einfach weitergeführt und vielleicht sogar ein letzter Wille erfüllt. Ähnlich dem Lieblingslied, das auf einer Trauerfeier gespielt werde, sagt Kapp, der gleich mehrere Beispiele für ungewöhnlichen Grabschmuck nennt. Da wären Spielkarten oder ein Hund aus Stein. Oder eingravierte mathematische Formeln und ein Zirkuszelt. Die Gestaltung der Gräber ist so individuell wie die Menschen zu deren Erinnerung sie geschaffen wurden. Ein Gemüsegrab aber habe Kapp noch nicht gesehen, sagt er.

Würde des Friedhofs muss gewahrt werden


Die Nutzpflanzen zu verbieten oder gar zu entfernen, komme nicht in Frage. Die Grabgestaltung verstoße nicht gegen die Friedhofsordnung. Diese schreibt zwar gewisse Dinge vor, schließt aber eine Gestaltung mit Obst- und Gemüsepflanzen nicht aus, so lange alles sauber und gepflegt ist und die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt werde. Außerdem, so Kapp, habe nur ein einziger Hinweis, dazu geführt, dass das Grab nun einen gewissen Bekanntheitsgrad habe. Den meisten Friedhofsbesuchern sei die spezielle Bepflanzung vermutlich nicht einmal aufgefallen, oder sie fanden es eben gar nicht so ungewöhnlich oder gar anstößig, betont er.

Debatte sorgt für Denkanstoß


Also habe die Debatte, ob solch ein Grab nun schön ist, oder nicht, vielmehr für einen Denkanstoß gesorgt, verrät Pfarrer Kapp. Was genau das Gemüsegrab bei der Propstei Braunschweig ausgelöst hat, will er nicht verraten. Nur so viel: Was die Grab- und Friedhofsgestaltung angeht, gebe es noch einige Möglichkeiten, die man näher betrachten könne.

Kürbis und Erdbeeren wurden auf dem Grab gepflanzt. Für die Propstei kein Problem.
Kürbis und Erdbeeren wurden auf dem Grab gepflanzt. Für die Propstei kein Problem. Foto: Alexander Dontscheff


Dabei war es auf dem Braunschwieger Hauptfriedhof schon vor der Entdeckung besagter Grabstelle nicht ungewöhnlich, dass sich hier und da Nutzpflanzen finden. Schon vor Jahren habe man eine Streuobstwiese angelegt, unter deren Bäumen Menschen ihre letze Ruhe finden können. "Wir sind immer daran interessiert, das Angebot zu erweitern und den Wünschen der Menschen Rechnung zu tragen. Wir sind bemüht darum, dass die Menschen einen schönen Ort finden, an dem sie ihre Angehörigen bestattet wissen. Und der Apfelgarten findet großen Zuspruch", sagt der Pfarrer.


Verwaltungen geben gewissen Spielraum


Ähnlich sehen das andere Friedhofsverwaltungen in der Region, wie eine Abfrage von regionalHeute.de ergab. So lange alles in einem pietätvollen Rahmen bleibt, wird außergewöhnlicher Grabschmuck geduldet. "Unsere Friedhofsverwaltung würde Gemüse auf Grabstellen tolerieren. Bisher gab es aber auf den Grabstellen noch keine Gemüsebepflanzung", sagt zum Beispiel Claudia Jagisch von der Stadt Goslar. Im vergangenen Jahr habe man auf den Friedhöfen der Stadt ebenfalls Obstbäume gepflanzt, unter denen später einmal Urnenbestattungen stattfinden sollen.

In Wolfenbüttel sind solche oder ähnliche Bepflanzungen nicht bekannt, heißt es auf Nachfrage. Sollte sich das ändern, so müsse man im Einzelfall entscheiden, ob die Bepflanzung gegen die Friedhofssatzung verstößt. Gleiches berichtet die Stadt Gifhorn.

Bepflanzung ist Thema


In Salzgitter seien der Verwaltung keine ungewöhnlichen Bepflanzungen bekannt. Das Thema der außergewöhnlichen Grabbepflanzungen werde aber intern bereits erörtert, eine abschließende Entscheidung stehe hier noch aus. Und auch in Helmstedt würde einer Bepflanzung nichts im Wege stehen, so lange sie sich dem Gesamtcharakter des Friedhofes anpassten. Bepflanzungen mit Obst- und Gemüsepflanzen seien aber auch hier noch nicht festgestellt worden. Sollte diese Art der Bepflanzung auf den städtischen Friedhöfen einmal Thema werden, werde es in Abstimmung zwischen Politik, Verwaltung und den Kirchen eine Meinungsbildung und Entscheidungsfindung hierüber geben.

Bisher wurden auf keinem Wolfsburger Friedhof Anpflanzungen von Obst oder Gemüse auf Grabstätten festgestellt, lässt die Stadt Wolfsburg auf Nachfrage wissen. Obstbäume würden im Rahmen der regelmäßigen Grabstättenüberprüfung aufgrund ihrer Größe beanstandet werden – eine kleine Strauchtomate oder Erdbeer-/Heidelbeerpflanze allerdings nicht. Auch in Peine seien ungewöhnliche Grabgestaltungen nicht bekannt, teilt die Stadtverwaltung mit. Aber auch hier würde gelten, dass jede Grabstätte so gestaltet werden muss, dass der Friedhofszwecke und die Würde des Friedhofs gewahrt wird.


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