Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat am heutigen Freitag die "Impfverordnung" unterschrieben, die festlegt, wer in welcher Reihenfolge ein Angebot auf die Schutzimpfung gegen eine COVID-19 Erkrankung erhalten kann. Nach Angaben des Gesundheitsministers rechne man damit, dass die Verteilung der Vakzine an die erste Gruppe nach etwa ein bis zwei Monaten abgeschlossen sein könnte.
Die Impfdosen sollen nach der Zulassung des Impfstoffes von Biontech und Pfizer am 21. Dezember in die Bundesrepublik geliefert werden. Dann erfolgt eine Chargenprüfung des Paul-Ehrlich-Instituts um sicherzustellen, dass die gelieferten Chargen auch tatsächlich der Zulassung entsprechen. "Es handelt sich hierbei um keine Notzulassung, sondern um eine generelle Zulassung", hob Spahn während der Pressekonferenz hervor.
Eine "bittere Erkenntnis"
Die Empfehlungen der ständigen Impfkommission, der Leopoldina und des deutschen Ethikrates wurden erst am Donnerstag veröffentlicht. Sie sahen einen sechsstufigen Plan für die Impfung der Bevölkerung vor. Das Bundesgesundheitsministerium ist von dieser Empfehlung abgewichen, der Stufenplan hat jetzt nur noch drei Phasen. "Wir werden zuerst denen einen Schutz anbieten, die ihn auch besonders benötigen. Den Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeeinrichtungen, den über 80-Jährigen sowie denjenigen, die sich um diese Menschen kümmern. Das folgt der traurigen, der bitteren Erkenntnis, dass trotz aller Schutzmaßnahmen das Risiko in diesen Einrichtungen nicht auf null gebracht werden konnte", erklärt Spahn. Grund für diese Entscheidung sei die Tatsache, dass jeder zweite Corona-Todesfall in Deutschland auf die Gruppe der über 80-Jährigen entfalle.
Flexibilität bei Impfstoffpriorisierung gefragt
Als Grund für die Abweichung von der Empfehlung der ständigen Impfkommission nannte Spahn in der Tagesschau, dass man bei den Regelungen flexibel sein müsse. Die Konkretisierung, wer geimpft würde, müsse regelmäßig angepasst werden, etwa wenn im Januar neue Impfstoffe zur Verfügung stünden. Medienberichten zufolge soll im Januar die Zulassung der Präparate von Moderna und der Tübinger Firma CureVac anstehen. "Die Schwächsten zu schützen, das ist das erste Ziel unserer Impfkampagne. Ein bis zwei Monate brauchen wir, bis wir das Ziel erreicht haben, die Schwächsten zuerst zu impfen. Dann können wir darüber nachdenken, das Angebot zu verbreitern. Der Winter wird noch lang. Wir werden noch sehr lange mit diesem Virus leben müssen", so Spahn in der heutigen Pressekonferenz.
Die erste Gruppe
In der ersten Gruppe sollen laut dem Impfplan des Bundesgesundheitsministeriums neben den über 80-Jährigen und ihren Betreuerinnen und Betreuern in Altenwohn- und Pflegeeinrichtungen auch das Personal stationärer Einrichtungen der Pflege insgesamt geimpft werden. Hinzu kommen die Angestellten ambulanter Pflegedienste und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen, die ein hohes Ansteckungsrisiko haben. Das betreffe vor allem Personal von Intensivstationen, in Notaufnahmen und Rettungsdienstmitarbeiter, aber auch die Mitarbeiter der kommunalen Impfzentren.
Die zweite Gruppe
Zur zweiten Gruppe gehören Menschen über 70, sowie Menschen mit einem sehr hohen Risiko für eine Ansteckung, die einen schweren Krankheitsverlauf entwickeln können. Das seien unter anderem Menschen mit Downsyndrom, Demenzkranke, Menschen mit geistiger Behinderung und Patienten nach Organtransplantationen. Hinzu kommen enge Kontaktpersonen von Schwangeren und Pflegebedürftigen. Ebenso sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Blut- und Plasmaspendediensten und Bewohnerinnen und Bewohner, sowie das Personal in Obdachlosen- und Asylbewerberunterkünften geimpft werden. Menschen, die im Allgemeinen im Gesundheitsdienst tätig sind oder relevante Position in der Krankenhausinfrastruktur inne haben, können sich in der zweiten Stufe ebenfalls impfen lassen.
Die dritte Gruppe
Zur dritten Gruppe zählen alle Menschen über 60 und Träger bestimmter Vorerkrankungen wie beispielsweise COPD, starkem Übergewicht Herz- oder Niereninsuffizenz, Diabetes und Asthma. Auch Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen mit geringem Infektionsrisiko sind an der Reihe, zum Beispiel Laborpersonal. Mitarbeiter in den Bereichen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Regierungen, Verwaltungen, Streitkräfte, Polizei, Katastrophenschutz, Justiz, Feuerwehr und Parlamentsmitarbeiter haben in der dritten Stufe ebenfalls Anspruch auf eine Impfung. Hinzu kommen weitere Mitarbeitende in kritischer Infrastruktur, wie bei Energie- und Wasserversorgern, Mitarbeitende in der Abfall- und Ernährungswirtschaft und weitere Bereiche.
Weiterhin gehören zur dritten Gruppe Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Einzelhandels.
Es wird keinen Impfausweis geben
Zwischen Bund und Ländern wurde eine klare Aufgabenteilung vereinbart. Der Bund besorgt und verteilt den Impfstoff, die Länder übernehmen die Impfdosen und verteilen sie an die Impfzentren und organisieren mit den Städten und Gemeinden die Impfungen vor Ort", erklärt der Gesundheitsminister das weitere Vorgehen. Und fügt hinzu: "Wir werden über Weihnachten daran arbeiten, dass es tatsächlich am 27. Dezember losgehen kann." Der Bundesgesundheitsminister erteilte der Frage nach einem möglichen "Impfausweis" zum Nachweis der Immunität während der Pressekonferenz eine Absage. Der Schlüssel sei die Solidarität, meinte Spahn. Das Privileg einer Impfung bedeute nicht, dass sich die Geimpften plötzlich anders Verhalten sollten.
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