Auch in den Verwaltungen von Stadt und Landkreis ist inzwischen bemerkt worden, dass Weihnachten vor der Tür steht. Den Rathaus-Mitarbeitern sei aufgefallen, dass direkt vor ihrem Dienstsitz seit knapp vier Wochen ein adventlich-weihnachtliches Treiben herrscht. Davon gestört, wurde die Frage aufgeworfen, was das überhaupt sei, ob das genehmigt wurde oder ob es einen politischen Ratsbeschluss dazu gäbe. Hausinterne Recherchen brachten ans Licht, es handele sich um den jährlichen Weihnachtsmarkt. Das Büro des Bürgermeisters wurde wohl im Vorfeld darüber informiert.
Es soll ein hochrangiger städtischer Mitarbeiter gewesen sein, der die Kollegen der Landkreisverwaltung an der Bahnhofsstraße über das bunte Treiben vor dem Rathaus informierte, weil die Beamten dort lediglich auf eine Post, ein Hotel, eine Apotheke und eine Bushaltestelle blicken könnten und bisher keine Ahnung davon hatten, dass der Weihnachtmarkt auf dem Stadtmarkt vor historischer Kulisse mit süßen, deftigen, alkoholischen, kalten und heißen Verlockungen für das bevorstehende Weihnachtsfest wirbt.
In beiden Verwaltungen entwickelten sich dann rasante Aktivitäten und in den Amtsstuben wurde gebastelt, gemalt, gesungen und sogar Wunschzettel geschrieben – lagen doch in dieser Woche die letzte Kreistagssitzung und die letzte Stadtratssitzung des Jahres bereits hinter allen Akteuren. Doch in den tristen und trostlosen Amtsstuben fehlte noch etwas: Innenraumgrünzeug.
Bürgermeister und Landrat bestellten eilig jeweils einen grünen Dienstweihnachtsbaum. „Alle zu beteiligenden Beteiligten sind beteiligt worden“, heißt es dazu von den Pressesprechern beider Verwaltungen und die Haushaltslage hätte es noch zugelassen. Das Wolfenbütteler Forstplanungsamt hätte nur beraten, nicht gefällt, verlautet es vom Neuen Weg.
Grüne Dienstweihnachtsbäume (GDWB) sind Weihnachtsbäume natürlichen Ursprungs, die zur Weihnachtszeit in den Diensträumen der Hauptverwaltungsbeamten Aufstellung finden sollen und eine Mindesthöhe von 1,57 Meter haben.
Für den Ersten Kreisrat und den Ersten Stadtrat sei aus Gründen der Haushaltskonsolidierung lediglich jeweils ein grüner Ersatzdienstweihnachtsbaum (GEDWB) bestellt worden. GEDWB sind natürlichen Bäumen nachgebildete Weihnachtsbäume, die in Höhe, Form und Farbe dem Original ähnlich sein müssen, heißt es in einer Verwaltungsvorschrift.
So sei auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel ein pfleglicher und vor allem zustandserhaltender Umgang mit dem Innenraumgrünzeug geboten. In den Büros von Landrat und Bürgermeister soll gemäß Verwaltungsvorschrift, bei den GDWB die Flüssigkeitszufuhr stets an der Innenraumgrünzeugsschnittstelle mit Wasser und nicht mit kaltem Kaffee oder Weinbrand erfolgen.
Für die Amtsstuben und Dienstzimmer der Beamten und Angestellten wurden grüne Weihnachtsbaumdienstzweige (GWBDZ), die GDWB entnommen wurden und unterschiedliche Durchmesser und Längen haben, beschafft. Einige davon wurden zu einem runden Kranz gebunden und mit Lochern, Klammeraffen, dekorativen Holzstempeln und bunten Büroklammern verziert.
„Die eigene Dienstkleidung ist dem Raumschmuck nicht anzupassen“, stand im Intranet. Der Landrat und Bürgermeister sollen in ihren Häusern angeblich eilig eine Rundmail hinterhergeschickt haben: „Der Verzehr von Innenraumgrünzeug ist verboten!“
Das Aufstellen von GDWB oder GEDWB darf im öffentlichen Dienst und in öffentlichen Gebäuden nur von fachkundigem Personal nach Anweisung der Hauptverwaltungsbeamten erfolgen. Im Falle der Stadtverwaltung wurde dies durch das Zentrale Gebäudemanagement (ZGM) erledigt.
Der Fachmann achtete darauf, dass die Waldpflanze mit seinem unteren, der Spitze entgegengesetzten Ende in einen zur Aufnahme von Baumenden geeigneten Standhalter eingebracht und befestigt wurde. Der Baum wurde in der Haltevorrichtung derart verkeilt, dass er nun senkrecht steht.
Im Vorfeld wurde der Baudezernent herbeigerufen, damit er die Senkrechtstellung überwachen und gegebenenfalls durch Zurufe wie „mehr rechts!“ oder „mehr links!“ korrigieren, beziehungsweise die Beteiligten durch den Zuruf „Baum fällt“ warnen konnte.
Die GDWB und GEDWB wurden mit weihnachtlichem Behang nach Maßgabe der Hauptverwaltungsbeamten versehen. So bekamen beide GDWB und GEDWB den Baumschmuck, der zuvor in den Verwaltungen während des Singens gebastelt wurde. Der GDWB des Landrates wurde rot behangen, der GDWB des Bürgermeisters erhielt schwarze Kugeln und Sterne.
Der Stadt- und der Kreisbrandmeister hatten sich telefonisch abgestimmt und beiden Verwaltungsspitzen erklärt, dass Dienstweihnachtsbaumbeleuchtungen (DWBB), deren Leuchtwirkung auf dem Verbrennen von brennbaren Stoffen mit Flammwirkung (sogenannte Kerzen) beruht, nur Verwendung finden dürfen, wenn die Bediensteten über das Verhalten vor, während und nach einem Brand belehrt worden seien.
Außerdem wolle das Deutsche Rote Kreuz (DRK) jeweils einen Rettungswagen in Verwaltungsnähe postieren, da die vielen Vorlagen und Akten schnell Feuer fangen könnten. Insbesondere beim alten Fachwerk-Rathaus wäre danach nichts mehr übrig, außer der moderne Glasanbau. Bei der Landkreisverwaltung gäbe es im schlimmsten Fall eine Stein-Ruine mitten im Zentrum unserer Lessingstadt.
Während der Brennzeit der Beleuchtung mittels brennbarer Stoffe mit Flammwirkung hat deshalb ein Verwaltungsangehöriger mit abgeschlossenem Lehrgang „Brandhelfer Baumbeleuchtung“ anwesend zu sein. Dabei sind Dienstfeuerlöscher (DFL) in angemessenem Verhältnis zur Anzahl der Beleuchtungskörper bereitzustellen, erklärten die Feuerwehrmänner.
Auf Nachfrage hieß es, für je zehn angefangene Kerzen wäre ein Feuerlöscher ausreichend. Nun bitten beide Verwaltungen die Bürger um aktive Mithilfe und fordern sie auf, doch Feuerlöscher als Leihgabe zur Verfügung zu stellen, damit es entlang der kalten Verwaltungsflure anheimelnd, mollig, weihnachtlich warm werden könne.
Die Fraktionen der GRÜNEN forderten die Verwaltungen untereinander abgestimmt auf, bei der Wahl von handelsüblichen, elektrischen Weihnachtsbaumbeleuchtungsmitteln, die Betriebs- und noch wichtiger, die Umweltschutzbestimmungen in der aktuellen Fassung einzuhalten. Auch die Öko-Strom-Debatte soll nach der politischen Weihnachtspause neu angefacht werden. „Grüner Strom für grüne Dienstweihnachtsbäume“, so eine zentrale Forderung der GRÜNEN. In der Stadt zeigten sich CDU, SPD und die neuen Gruppen Lörchner/Röpke sowie PIRATEN-FDP davon überrascht. Rudolf Ordon (FDP) forderte mehr gelbes Licht. Im Kreis zeigten sich die Parteien verhalten, lediglich die dortige Gruppe LINKE-PIRATEN erinnerte daran, dass es früher mehr Lametta gab...
Richtig ist, die Zufuhr von Strom ist für DWBB mittels Steckdosenelektrizitätsversorgung sicherzustellen und vor der ersten Inbetriebnahme durch den Leitenden Verwaltungsbereichselektriker (LVE) zu überprüfen. Dies sei bei der Benutzung von Steckdosenelektrizitätsversorgung in Verwaltungen ohnehin der Normalfall, versichern die Pressesprecher.
Der mobile Einsatz von Beleuchtungsmitteln zu Weihnachtszwecken, sogenannte Armleuchter (AL), sei zur Ausgestaltung von hochmobilen Diensträumen (zum Beispiel Fahrerkabinen von Winterdienst- oder Müllabfuhr-Fahrzeugen) geplant. Auch Personen und/oder Personengruppen (beispielsweise der städtische Ordnungsdienst und deren Politessen) dürften diese AL nutzen, heißt es.
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