Wolfenbüttel. Am kommenden Dienstag soll im Umweltausschuss erstmals der Erlass einer Resolution zur Klimanotlage debattiert werden. Auch das Forderungspapier der Klimabewegung "Fridays for Futures" wird auf Umsetzbarkeit überprüft. FDP-Ratsherr Rudolf Ordon hält die ganze Maßnahme für einen "vorgezogenen Aprilscherz", bescheinigt Fridays for Future eine "erschreckend naive Weltsicht" und fordert sinnvollere Klimaschutzmaßnahmen.
Die zur Debatte stehende Ratsvorlage hat das Potenzial für viel Zündstoff. Ein positiver Beschluss würde dazu führen, dass der Rat in Zukunft seine Prioritäten anders setzen muss - bei jedem Thema. Sollte der Rat der Stadt am 4. März der Beschlussvorlage zustimmen, müsste der Rat jede Entscheidung auf ihre Auswirkungen auf das Klima überprüfen und wenn möglich Lösungen bevorzugen, die sich positiv auf den Klimaschutz auswirken. Hiermit käme die Politik zumindest einer Forderung von Fridays for Future nach.
Das Ende der sozialen Marktwirtschaft?
Bei vielen weiteren Forderungen stellt sich die Frage der Umsetzbarkeit jedoch zumindest für den FDP-Ratsherren Rudolf Ordon überhaupt nicht: "Es gibt durchaus einzelne Ideen, über die es sich lohnt, zu diskutieren. Doch insgesamt gesehen offenbart der Katalog die Vorstellung von einer Gesellschaft, die durch staatliche Maßnahmen in allen Lebensbereichen bis zum Teil ins Unerträgliche reglementiert und drangsaliert wird. Die soziale Marktwirtschaft, die uns in den vergangenen gut 70 Jahren einzigartige Lebensbedingungen ermöglicht hat, käme zum Ende."
Ein "absurdes Forderungspapier"
Ordon argumentiert damit, dass bereits Erfolge zu verzeichnen seien. Weltweit gingen die CO2 Emissionen zurück. "Die Braunschweiger Zeitung vom 12. Februar titelt 'Die Luft wird besser', die Frankfurter Allgemeine Zeitung 'Die Luft in den Städten wird besser', 'Saubere Autos lassen die Belastungen durch Stickoxid sinken.' Und nun soll in Wolfenbüttel die Klimanotlage erklärt werden?", fragt der Politiker und ergänzt: "Wie sinnvoll ist die Idee der Verwaltung, das stellenweise absurde Forderungspapier von „Fridays for Future“ auf seine Umsetzbarkeit zu prüfen? Werden in Zukunft noch Touristen nach Wolfenbüttel kommen, wenn hier der Klimanotstand herrscht?"
Auch andere Aspekte berücksichtigen
Entscheidungen ausschließlich nach Klima- und Umweltschutzaspekten zu treffen lehnt Ordon mit den Worten: "Das gefährdet die Grundlage unserer Lebensbedingungen" ab. Bei zu treffenden Entscheidungen seien auch die Arbeitsplatzsicherheit, soziale Aspekte und die der äußeren und inneren Sicherheit zu berücksichtigen. Grundsätzlich befürworte er es, wenn sich junge Menschen Gedanken über die Zukunft machen, jedoch würde Fridays for Future dabei die Interessen anderer völlig aus den Augen verlieren.
"Ein Blick in den Visions- und Forderungskatalog der Wolfenbütteler FFF-Gruppe offenbart eine erschreckend naive Weltsicht"
Im Forderungspapier ist beispielsweise von einer "radikalen Verkehrswende" die Rede. So fordern die Initiatoren des Papiers Stadt und Landkreis auf, "alle praktischen Gründe für die Nutzung eines PKW [...] zu beseitigen." Demnach sollten öffentliche Parkplätze zugunsten von Fahrradfahrer und Fußgänger umgewidmet werden. Bis 2030 soll die Okerumflut gar vollständig Autofrei werden. "Was soll da beseitigt werden? Ist es nicht für ältere Menschen, die im Landkreis wohnen, durchaus praktisch, mit dem eigenen PKW zum Einkaufen nach Wolfenbüttel zu fahren?", kommentiert Ordon. Auch eine weitere Forderung wird von Ordon eher missgünstig kommentiert. Kommunale Eigenbetriebe und Behörden sollen nach dem Willen von Fridays for Future, sofern möglich, auf Lastenräder und E-Bikes umsteigen. "Müllabfuhr und Schneeräumen mit Pedelecs? Der Feldzug gegen das Auto sieht die Planung von neuen, autofreien Stadtquartieren vor. Wozu entwickeln wir dann Elektroautos?
Schulen sollen eigenverantwortlich bleiben
Die Forderung „Jedes Jahr wird eine Klimaschutzwoche an den Schulen veranstaltet“ greife Ordon zufolge in die Eigenverantwortlichkeit der Schulen ein. "Das offenbart das Demokratieverständnis dieser Gruppierung", konstatiert der Ratsherr und fügt hinzu: "Vier Wolfenbüttel Schulen sind in den letzten Jahres Umweltschulen geworden! Sie haben die Probleme erkannt."
"Wenn die Unterstützer von FFF auf ihre elektronischen Geräte, soziale Medien und den Einkauf im Internet verzichten würden, könnten sie schon jetzt einen eigenen Beitrag zum Klimaschutz leisten!"
Das Ende des mündigen Bürgers
Käme man diesen Forderungen nach, stürbe nach Auffassung Ordons die Idee des mündigen Bürgers, welche die FDP vertrete. "Empfehlungen ja, staatliche Verbote nein", fasst er die Linie seiner Fraktion zusammen. "Wenn die Protagonisten von FFF nicht nur nach vorn, sondern auch zurück blicken würden, könnten sie feststellen, wieviel schon für ein besseres Klima getan wurde, auch wenn es noch einiges zu tun gibt: Viele Flüsse und die Luft sind in Deutschland deutlich sauberer geworden, Abfälle werden recycelt, Müll wird getrennt, es hat sich in allen Bevölkerungsteilen ein Verantwortungsbewusstsein für unsere Umwelt entwickelt."
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