Krisenmanagement in Zeiten von Corona: Das sagen unsere Abgeordneten

In Zeiten einer Epidemie sind die Zuständigkeiten oft unklar: Was entscheidet das Gesundheitsamt? Was dürfen die Länder? Welche Rechte hat der Bund? Dazu hat regionalHeute.de die Abgeordneten unserer Region befragt.

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Symbolbild
Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Seit das Coronavirus auch in unserer Region um sich greift, fragen sich viele, wer eigentlich über die Maßnahmen zur Eindämmung einer Epidemie entscheidet. Klar ist: Der Bund hat in diesen Zeiten nur wenig Kompetenzen. Durch die föderale Organisation der Bundesrepublik liegt die Entscheidungsgewalt oft bei den Ländern, die entscheidenden Maßnahmen müssen jedoch die Gesundheitsämter treffen. Da nun viele nach einer Kompetenzverschiebung zum Bund rufen, hat regionalHeute.de die Bundes- und Landtagsabgeordneten zu diesem Thema befragt.


Wir wollten von ihnen wissen, ob bundesweit einheitliche Standards im Epidemie-Fall festgelegt werden sollten und ob der Bund in solchen Fällen das zentrale Krisenmanagement übernehmen sollte. Außerdem fragten wir, wie die Abgeordneten das bisherige Krisenmanagement in der Corona-Epidemie beurteilen.

Im Folgenden veröffentlichen wir die Antworten, sortiert nach Städten und Kreisen sowie in der Reihenfolge ihres eingangs bei uns.

Braunschweig



Der SPD-Landtagsabgeordnete Christos Pantazis Foto: Archiv
Der SPD-Landtagsabgeordnete Christos Pantazis Foto: Archiv Foto: Anke Donner


Christos Pantazis (SPD)

In Krisensituationen wie dieser brauchen die Menschen Orientierung und keinen Flickenteppich an Verordnungen und Zuständigkeiten. Bundesweite Standards sind in solchen Ausnahmesituationen daher dringend erforderlich – leider auch, da nicht jeder Mensch bereit ist, verantwortungsvoll zu handeln. Ein zentrales Management könnte hier einheitliche Standards setzen und dem entgegenwirken.

Ein Virus kennt keine Landes-, auch keine Bundesgrenzen. Neben einer stärkeren Kompetenz beim Bund, der bisher nur Empfehlungen an die Bundesländer aussprechen darf, bedarf es daher auch mehr Kompetenzen auf europäischer Ebene. Insbesondere zum Unterbrechen von Infektionsketten innerhalb des Schengenraums braucht es europäische Richtlinien, die dann jeweils auf nationaler Ebene umgesetzt werden können.

Es steht zu befürchten, dass sich diese Epidemie auch in Deutschland erst am Anfang befindet. Es liegt in unser aller Verantwortung zu verhindern, dass sich dieser exponentielle Verlauf der Epidemie verstetigt, jede und jeder muss hierzu einen Beitrag leisten. Die Behörden tun hier alles, was nötig ist – inwieweit die Vorgaben jedoch erfolgreich sind, liegt auch an uns selbst. Auch wenn dies temporär schmerzhafte Einschnitte in das alltägliche Leben bedeuten wird.


Der CDU-Landtagsabgeordnete Oliver Schatta. Foto: Archiv
Der CDU-Landtagsabgeordnete Oliver Schatta. Foto: Archiv Foto: Archiv


Oliver Schatta (CDU)

Es existieren neben dem Infektionsschutzgesetz nationale und internationale Pandemiepläne. Regelmäßig werden in Deutschland die Medizin- und Hygiene-Standards überprüft und angepasst. In der aktuellen Situation ist es wichtig, dass wir uns an diese Vorgaben halten.

Unser Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat durch seine abgestimmte, transparent und konsequente Informations- und Maßnahmenpolitik die Führung übernommen. Die allgemeine Akzeptanz der Maßnahmen durch das anlassbezogene Handeln der Entscheider vor Ort halte ich für sehr gut, weshalb ich auch weiterhin für unsere föderalen Strukturen werbe. Ich bin allen Akteuren für Ihr zielorientiertes Handeln dankbar. Damit meine ich neben Behördenvertreter im Besonderen auch die vielen Vereine und Veranstalter, die nun ihre Versammlungen und Events verschieben müssen.

Durch die transparente und einheitliche Informationspolitik bin ich unter den gegeben Umständen mit dem Krisenmanagement zufrieden.


Die SPD-Landtagsabgeordnete Annette Schütze
Die SPD-Landtagsabgeordnete Annette Schütze Foto: SPD


Annette Schütze (SPD)

Bundeseinheitliche Standards können helfen eine nationale Strategie zu entwickeln an der sich alle Bundesländer orientieren müssen. Dieses sorgt für Sicherheit in der Bevölkerung, was in einem Epedimiefall besonders wichtig ist. Aufgrund der geographischen Lage Deutschlands in der Mitte Europas und der hohen Bevölkerungsdichte haben wir aber nicht nur eine nationale sondern auch eine internationale Verantwortung. Hier sorgen bundesweit einheitliche Standards für die notwendige innere und äußere Sicherheit. Dennoch erfordern Landes spezifische Entwicklungen, wie bei der Ausbreitung des Corona Virus auch Entscheidungen der Landesregierungen. So sind nicht alle Bundesländer gleich stark von dem Virus betroffen, in großen Städten gibt es andere Herausforderungen, als in ländlichen Gebieten. Länder und Kommunen sollten daher die Möglichkeit haben, auch nach örtlicher Lage im Rahmen der Bundesstandards eigene Entscheidungen zu treffen, wie zum Beispiel die Absage von Veranstaltungen oder andere Vorsichtsmaßnahmen.

Nationale Angelegenheiten die den Umgang und/oder Absprachen mit dem Ausland betreffen sind grundsätzlich Bundes Sache. Ebenso (finanzielle) Unterstützungsleistungen oder bei Engpässen in der Versorgung mit größeren Mengen von Medikamenten etc. sehe ich den Bund in der Pflicht. Für diese Fälle Ist ein nationales Krisenmanagement erforderlich. Was landesweit oder örtlich im Einzelfall zu regeln ist, sollte aber auch besser dezentral nach den örtlichen Gegebenheiten entschieden werden.

Bisher nehme ich das örtliche Krisenmanagement als besonnen und Tatsachen orientiert war. Die Bundesregierung hätte sich früher „einschalten“ können, große Versäumnisse sehe ich aber bisher nicht. Das Land trifft jetzt die notwendigen Entscheidungen, wie z.B. die Absage von Veranstaltungen etc. Da sich die Lage dynamisch entwickelt, sind regelmäßige Lagebesprechungen auf allen Ebenen und in gegenseitiger Abstimmung notwendig. Diese werden nach meinem Kenntnisstand kommunal und auf Landesebene durchgeführt.


Stefan Wirtz, Foto: Werner Heise
Stefan Wirtz, Foto: Werner Heise Foto: Werner Heise



Stefan Wirtz (AfD)

Angesichts der Entwicklung dieser Epidemie, man muss sogar bald von Pandemie sprechen, wären nationale Standards und Begrenzungsmaßnahmen sehr sinnvoll. Es bedarf auch einer grundlegend organisierten Beschaffung und Bevorratung von wichtiger Ausstattung für solche Fälle; insbesondere darf es nicht sein, dass Schlüsselmedikamente nicht mehr einheimisch erzeugt werden und nur noch durch weltweiten Import zu bekommen sind, was bei Lieferengpässen oder Produktionsstopps in den Herstellerländern sofort zu Mangel führt. Außerdem dürfen Schutzausrüstungen nicht als wohlmeinende Spende verschenkt werden, wenn schon absehbar ist, dass wegen der rapiden Ausbreitung des Virus ein eigener Bedarf entsteht. Die Versorgung mit dem Grundbedarf muss durch die Bundesebene gesichert sein.

Krisenstäbe auf verschiedensten Ebenen machen nur dann Sinn, wenn sie brauchbar miteinander kooperieren können und jeweils Bedarf und Ressourcen genau kennen. Auf Bundesebene ist daher eine zentrale Verwaltung von Mitteln, Ausrüstungen und Vorräten am sinnvollsten, nicht aber deren Einsatz vor Ort. Die jeweilige Lage sollte regional oder auf Landesebene gesteuert werden. Kenntnisse über die Situationen an den einzelnen Einsatzorten sind zentral beim Bund nicht gut aufgehoben, die Information in regionaler Nähe zu sammeln und zu reagieren ist sinnvoller. Problematisch wäre die Krisenbewältigung auf kommunaler Ebene, wenn z.B. eine kreisfreie Stadt zwar ihre eigenen Ressourcen verwaltet, aber schon nicht mehr ohne weiteres erfährt, ob der unmittelbare Nachbarkreis freie Krankenhausbetten oder Medikamente zur Verfügung hat oder selber in einer Notlage ist.

Bisher ist in Deutschland kein wirkliches Krisenmanagement erkennbar; bundesweit und länderweise, sogar städteweise unterschiedlich werden offenbar, wenn überhaupt, Maßnahmen „auf blauen Dunst“ verhängt. Während Länder wie Italien, China und Österreich sehr klar regions- und landesweite Anordnungen treffen, etwa Reiseverbote, scheint bei uns noch die Devise „Abwarten“ zu herrschen. Irgendwelche Krisenstäbe sind eingerichtet, auch in Braunschweig, aber außer allgemeinen Empfehlungen scheinen da keine Ergebnisse zu kommen. Die recht willkürliche Untersagung von Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern, weil „Gäste von außerhalb kommen könnten“, wirft die Frage auf, wieso das bei Veranstaltungen mit 200 oder 800 Besuchern nicht der Fall sein sollte. Von den seit Jahrzehnten gut alimentierten Einheiten, die für den Katastrophenschutz vorgehalten werden, wie dem Roten Kreuz, sieht und hört man wenig.

Auf welcher Entscheidungsgrundlage sollen wann die Kitas und Schulen geschlossen werden? Corona hat einen langen Inkubationsvorlauf: wenn sich erst Erkrankungen einstellen, war der Patient schon einige Zeit vorher Träger und Verbreiter des Virus. Selbst die Fälle in benachbarten Städten führen zu keiner Reaktion bei uns; Corona reist aber in der Business-Klasse und mit Touristentickets, es legt große Strecken in kürzester Zeit zurück.

Kinder und Jugendliche erkranken zwar seltener selber, sind aber ebenfalls Überträger in Schulen und Kindergärten. Die Stadt Halle hat aktuell bereits alle solche Einrichtungen geschlossen. Wann reagiert Braunschweig?

Nach verbreiteter Ansicht werden sich 60-70% aller Menschen infizieren, selbst bei optimistischer Einschätzung etwa die Hälfte. Das wären in Braunschweig allein 120.000 Personen, von denen ein kleiner Prozentsatz ernsthaft erkranken würde. Das wären immer noch mehrere Tausend schwer Kranke, für die gesorgt werden müsste. Ein paar salbungsvolle Bürgermeisterworte mit ernster Miene reichen da nicht. Die Bemühungen der Landesministerin sind noch weniger vertrauenerweckend.


Gifhorn



Der SPD-Landtagsabgeordnete Philipp Raulfs. Foto: SPD
Der SPD-Landtagsabgeordnete Philipp Raulfs. Foto: SPD Foto: SPD


Philipp Raulfs (SPD)

Nein, an einen einheitlichen Standard glaube ich nicht. Jede Herausforderung für unsere Gesundheit hat eigene Merkmale und Verbreitungswege. Dementsprechend muss auch individuell gehandelt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir bereits auf viele Probleme mit unseren Ressourcen gut vorbereitet sind.

Herausforderungen wie der Corona-Virus jetzt, deren Häufigkeit höchst unterschiedlich in den verschiedenen Ländern ausfällt, können nur durch eine enge Koordinierung aller Ebenen gemeistert werden. Die Mitwirkung von Bund, Land und Kommune ist unerlässlich.

Ich habe großes Vertrauen in unsere Gesundheitsministerin Carola Reimann und in ihr Handeln. Mit Vorsicht und Bedacht hat sie die Lage bisher gut bewertet und handelt dementsprechend. Ich würde mir wünschen, dass alle in Niedersachsen mit Ruhe an diese Situation herangehen und den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts folgen, sodass wir die vom Virus besonders bedrohten Menschen schützen. Dazu kann jede und jeder seinen Teil leisten: Hände waschen, auf unnötige Reisen verzichten und auf Symptome achten.


Die Grünen-Landtagsabgeordnete Imke Byl. Foto: Die Grünen
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Imke Byl. Foto: Die Grünen Foto: Grüne


Imke Byl (Grüne)

Einheitliche Standards können helfen, zahlreiche Unsicherheiten, die vor allem zu Beginn von Epidemien auftreten, zu vermeiden. Diese existieren in Teilen bereits, mit dem Robert-Koch-Institut wurde eine Bundesbehörde geschaffen, die bei Krisenfällen wie jetzt die zentrale Risikobewertung vornimmt.

Sicherlich gibt es gute Gründe für ein zentralisiertes Krisenmanagement, doch eine abschließende Bewertung ist aus meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Die nächsten Wochen und der behördliche Umgang mit dem Corona-Virus werden zeigen, wo die Krisenbewältigung gut funktioniert hat und an welchen Stellen Verbesserungsbedarf besteht. Aufgrund der sich ständig ändernden Lage ist es jetzt aber am wichtigsten, kurzfristige Maßnahmen zu treffen, um eine exponentielle Ausbreitung des Virus bestmöglich zu verhindern. Ob die Lage ein zentrales Krisenmanagement erfordert, bleibt abzuwarten und muss sorgfältig im Nachhinein aufgearbeitet werden. Aus jeder Krise kann und muss man lernen. Vor der Arbeit der zahlreichen Krisenstäbe in Niedersachsen habe ich größten Respekt und bedanke mich für ihren engagierten Einsatz für die Bevölkerung.

Die Zuspitzung der Lage und der exponentielle Anstieg an Virusinfektionen wurde zu Beginn in Europa sicherlich unterschätzt. Mittlerweile scheint der Informationsfluss und die Abstimmung zwischen den Behörden der unterschiedlichen Ebenen besser zu funktionieren.


Helmstedt



Die CDU-Landtagsabgeordnete Veronika Koch (CDU). Foto: CDU
Die CDU-Landtagsabgeordnete Veronika Koch (CDU). Foto: CDU Foto: CDU


Veronika Koch (CDU)

Ich halte es für unpassend, die derzeitige Ausbreitung des Corona-Virus zum Anlass zu nehmen, um eine Generaldebatte über das föderale System in Deutschland loszutreten. Die Aufgaben der Institutionen sind klar verteilt und abgegrenzt. Ich erlebe derzeit vom Gesundheitsminister bis zum Landrat sehr verantwortungsvolles staatliches Handeln. Dies können wir alle unterstützen, indem wir rücksichtsvoll auf uns und unsere Mitmenschen mehr Acht geben als sonst

Nah erreichbare Fachkunde und örtliche Sachkunde sind die unbestreitbare Vorteile des föderalen Systems und der kommunalen Selbstverantwortung. Das zeigt sich gerade jetzt, weil jede Situation vor Ort unterschiedlich und individuell zu bewerten ist. Das föderale System ist nicht starr, sondern nimmt stetig die zentral gewonnenen Erkenntnisse auf. Daher sind die Erkenntnisse zur Entstehung, zur Verbreitung und zum empfohlenen Umgang mit der Covid-19-Ausbreitung bundesweit breit auszutauschen. Die digitalen Methoden sind dabei sehr hilfreich.

Es ist angesichts der steigenden Ansteckungsrate und der Gefahr für ältere Mitmenschen richtig, aktuell größte Vorsicht walten zu lassen und größere Menschenansammlungen auf ein Minimum zu reduzieren. Der Schutz der Bevölkerung hat allerhöchste Priorität. Ich erlebe angemessene und verantwortungsbewusste Entscheidungen auf allen Ebenen. Wichtig ist zu realisieren, dass es keinen Grund gibt, in Panik zu verfallen – somit ist eine sachliche Auseinandersetzung erforderlich, die auch von den Medien verantwortungsvoll begleitet werden sollte.


Der SPD-Landtagsabgeordnete Jörn Domeier Foto: SPD
Der SPD-Landtagsabgeordnete Jörn Domeier Foto: SPD Foto: SPD


Jörn Domeier (SPD)

Wichtig ist, dass das Zusammenwirken aller Ebenen stimmt. Niemand versteht warum Fußballspiel A abgesagt wird, aber Fußballspiel B mit ein paar tausend Zuschauern in Ordnung sein soll. Die Zusammenarbeit, auch jenseits der formalen Zuständigkeit, ist enorm wichtig. Wir brauchen passgenaue Koordination aller notwendigen Maßnahmen. Diese müssen nicht in Schöningen und Stuttgart identisch sein, aber es darf nicht das Gefühl aufkommen, dass hier eine Region leichtere Maßnahmen durchführt als eine andere. Mir ist wichtig, dass das Zusammenwirken von vor Ort bis in die Regierungszentralen nach Berlin funktioniert. In Frankreich, das sehr zentralistisch geführt wird, ist die Lage wie in Deutschland. In Italien hat die zentrale Regierung mehr Möglichkeiten, die Situation ist aber ungleich schlechter. Es kommt für mich also weniger auf das Verfahren an, als vielmehr über die Entschlossenheit und die Macherfähigkeiten der Entscheider.

Die Rechtslage ist, in Fällen wie der „Coronakrise“ eindeutig. Zuständig ist der Bund als Gesetzgeber. Der Bundestag und die Regierung fertigen die entscheidenden Gesetze. 2001 beschloss die SPD geführte Bundesregierung, dass auch heute noch geltende Infektionsschutzgesetz. Darüber hinaus muss aber an einer Verschärfung der Regularien gearbeitet werden. Es betrübt mich, wenn Oberbürgermeister oder Landräte noch immer nicht den Krisenmodus aktiviert haben, wie der Chef der Robert-Koch-Institutes bemerkt. Manche Hauptverwaltungsbeamte befinden sich sogar im Urlaub. Das ist eine Schwächung, denn dieser kann mit passgenauen Antworten und Kenntnis über die lokalen Gegebenheiten sogar eine Waffe gegen die Krise sein.

Es ist nicht hinnehmbar, wenn Bundesländer unterschiedliche Empfehlungen aussprechen. Die Einen, wie Niedersachsen, untersagen Großveranstaltungen, die Anderen denken noch ein wenig darüber nach. Es darf kein Flickenteppich in den Entscheidungen geben, solch ein Durcheinander verursacht unnötige Verunsicherung. Das Robert-Koch-Institut muss jetzt Entscheidungsträgerin sein. Die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin können abgestimmt die richtigen Entscheidungen treffen. Es gibt keinen Grund zur Panik oder zu Hamsterkäufen, aber viel Anlass zur Vorsicht und zur Besonnenheit.


Peine



Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ingrid Pahlmann Foto: Archivfoto
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ingrid Pahlmann Foto: Archivfoto Foto: regionalHeute.de


Ingrid Pahlmann (CDU)

Der Bund hat im Falle einer Epidemie oder sogar einer Pandemie, aber auch schon in der Verhinderung dieser, vor allem eine koordinierende Funktion. Dieser kommt er beispielweise mit dem eingerichteten Gemeinsamen Krisenstab der Bundesministerien für Gesundheit und des Inneren nach. In diesem Gremium sind auch die Bundesländer involviert. Das Robert-Koch-Institut (RKI) spielt ebenfalls eine bundesweit wichtige Rolle. Geregelt ist dies im Bundes-Infektionsschutzgesetz. Es gibt also schon heute eine bundesweit einheitliche Rahmung und Handlungsempfehlung.

Dies kommt auf die schwere und Verbreitung an. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass die Bundesländer und vor allem die Kommunen eine Lage und die Gegebenheiten vor Ort am besten einschätzen und somit lokal geeignete Gegenmaßnahmen initiieren können. Das RKI und der Gemeinsame Krisenstab des Bundes können hier vor allem eine wichtige Hilfestellung geben.

Wir haben in den letzten Tagen erlebt, dass einige Bundesländer diese Empfehlungen schneller und konsequenter umgesetzt haben als andere. Hier baue ich aber auf das Verantwortungsbewusstsein der handelnden Personen vor Ort. Eine grundsätzliche Steuerung aus Berlin halte ich nicht für sinnvoll. Bei einer verschärften Lage ist eine weitere Amtshilfe aber möglich und sinnvoll. Auch sorgt der Bund beispielsweise für Lebensmittelreserven.

Ich empfinde das bisherige Krisenmanagement als angebracht - sachlich und transparent aufklärend. In meinen Augen ist es absolut nicht an der Zeit Panik zu erzeugen, nicht politisch und nicht medial. Ich vertraue hier auf die Expertinnen und Experten im Krisenstab, im RKI und allen weiteren Facheinrichtungen.

Gleichzeitig gelingt es aus meiner Perspektive derzeit, eindringlich auf grundsätzliche Verhaltensempfehlungen hinzuweisen und im entscheidenden Moment konsequent zu handeln. Mit der Einberufung des Gemeinsamen Krisenstabes, der im Übrigen zum ersten Mal seit der Einführung des neuen Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 tagt, wurde ein wichtiges Zeichen gesetzt.


Wolfenbüttel



Der SPD-Landtagsabgeordnete Marcus Bosse. Foto: Archiv:
Der SPD-Landtagsabgeordnete Marcus Bosse. Foto: Archiv: Foto: Archiv


Marcus Bosse (SPD)

Ja, ich bin der Überzeugung, dass das Bundesministerium für Gesundheit und die Gesundheitsministerien in den Ländern ein einheitliches Konzept erarbeiten sollten, dass im Falle einer drohenden Epidemie zum Tragen kommt. Mehr noch als einheitliche Standards braucht es jedoch eine abgestimmte Vorgehensweise.

Alleingänge des Bundes tragen nicht zur Verbesserung bei. Es braucht ein eng abgestimmtes Vorgehen zwischen Ländern und Bund.

Was auffällt, ist der ausufernde mediale Hype um dieses Thema, der mit Sicherheit dazu beiträgt, die Sachlage noch zu verschärfen. Das Liefern aktueller Informationen ist im gegenwärtigen Fall durchaus wichtig, allerdings gehört meiner Meinung nach eine sachliche, nüchterne Aufklärung ebenfalls zum gelungenen Krisenmanagement. Dies kann ich bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn so nicht erkennen.


 Der CDU-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Frank Oesterhelweg. Foto: Alexander Dontscheff
Der CDU-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Frank Oesterhelweg. Foto: Alexander Dontscheff Foto: Alexander Dontscheff


Frank Oesterhelweg (CDU)

Ich glaube, dass die Standards zwischen Bund und Ländern abgestimmt sein solle und auf wissenschaftlicher Basis erfolgen müssen. Der Bund sollte daher auf jeden Fall koordinieren. Wegen der unterschiedlichen Gegebenheiten in unseren Bundesländern (bspw. dünn besiedelte, ländliche Bereiche in den Flächenländern gegenüber Zentren und Stadtstaaten) ist ein gemeinsames Vorgehen zusammen mit den jeweiligen Ländern und Kommunen zu empfehlen.

Das Krisenmanagement empfand ich, den Umständen entsprechend, gut, da wir keine vergleichbaren Situationen bei uns kennen. Allerdings müssen wir, soweit ich das überblicken kann, dringend besser werden in den Bereichen Abstimmung, Koordination, Zuständigkeiten, Information und Bevorratung von Personal und Material.


Die SPD-Landtagsabgeordnete Dunja Kreiser Foto: Anke Donner
Die SPD-Landtagsabgeordnete Dunja Kreiser Foto: Anke Donner Foto: Anke Donner


Dunja Kreiser (SPD)

Es wäre sinnvoll bundesweit einheitliche Standards festzulegen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und umso das Gesundheitssystem zu entlasten. Verteilen sich die Neuinfizierungen mit dem Virus auf einen längeren Zeitraum bleibt die adäquate Gesundheitsversorgung bestehen. Dies kann nur durch das Bewusstsein des gesamten Bevölkerung geschehen und nicht nur von einzelnen Gruppen. Die zentralen Testzentren in Niedersachsen zur Probenentnahme/Analyse sind zum Beispiel eine gute Maßnahme.

Das Krisenmanagement empfinde ich als gut, die täglichen Abfragen der Experten in Deutschland bei der Weltgesundheitsorganisation (WGO) sind wichtig, um die Lage täglich neu zu bewerten. Jeder einzelne sollte sich allerdings mit den einfachen Schutzmaßnahmen vertraut machen und zum Beispiel größere Menschenansammlungen meiden. Es ist allerdings auch wichtig nicht in Panik zu geraten.

Ich appelliere allerdings auch an Bund und Länder weitere Mittel zur Verfügung zu stellen um Insolvenzen von Unternehmen abzuwenden.


Wolfsburg



Die SPD-Landtagsabgeordnete Immacolata Glosemeyer Foto:SPD
Die SPD-Landtagsabgeordnete Immacolata Glosemeyer Foto:SPD Foto: SPD


Immacolata Glosemeyer (SPD)

Obwohl es in Wolfsburg bis heute (12. März 2020) noch keinen bestätigten Fall einer Corona-Erkrankung gibt, muss man frühzeitig Schutzmaßnahmen treffen. Das wird sowohl auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene getan.

Deutschland ist auf das Coronavirus vorbereitet. So verfügen wir über ein sehr gutes Krankheitswarn- und Meldesystem, sowie Pandemiepläne auf Basis des Nationalen Pandemieplans, der im März 2017 von Bund und Ländern verabschiedet wurde und regelmäßig aktualisiert wird.

Insofern gibt es einen einheitlichen Standard auf Basis von Empfehlungen seitens des Bundesgesundheitsministeriums an die Länder. Aufgrund der unterschiedlichen föderalen Strukturen der Bundesländer ist es nicht ohne weiteres möglich ein bundeszentrales Krisenmanagement einzurichten. In Bayern beispielsweise ist die Umsetzung eine andere als bei uns in Niedersachsen.

Wir haben hier sofort einen Krisenstab unter der Leitung des Sozialministeriums eingerichtet, welcher zweimal täglich zusammentritt und gemeinsam mit den Kommunen über die Bekämpfung des Virus berät. Des Weiteren sind bereits Testzentren eingerichtet worden, wie in der Nähe von Braunschweig, und es wurde frühzeitig mit dem Aufbau der Labordiagnostik im Landesgesundheitsamt begonnen.

Die ressortübergreifende Koordinierung innerhalb der Landesregierung und die Arbeit der Gesundheitsämter zeigt, dass Niedersachsen im Kampf gegen das Coronavirus nicht nachgibt und weitere Maßnahmen zur konsequenten Bekämpfung einleiten wird. Der Schutz der Menschen steht an erster Stelle, weshalb die Absage von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern konsequent und richtig ist.

Die Sicherheit und Gesundheit der Menschen muss stets die höchste Priorität haben - auch wenn es sicherlich sehr bedauerlich ist, wenn das langersehnte Konzert abgesagt wird.

Eine übertriebene Panikmache ist völlig unangebracht, auch wenn die Zahl der Fälle steigt. Insbesondere jetzt gilt es besonnen zu handeln und wachsam zu sein.

Letztlich können wir alle einen Beitrag zum Schutz gegen das Virus leisten und seine weitere Ausbreitung verhindern, indem die allgemeinen Hygienevorschriften, wie gründliches Händewaschen und dem Einhalten der Husten- und Nießetikette, beachtet werden. Dazu zählt auch, dass man überlegt, ob Besuche und Reisen stattfinden sollten – oder verschoben werden können. Wer kann, sollte die Möglichkeit des Homeoffice zu nutzen. Nur gemeinsam kann man etwas gegen die weitere Verbreitung eindämmen


Bislang nicht geantwortet haben Carsten Müller, Dr. Roy Kühne, Christoph Plett (alle CDU), Tobias Heilmann, Matthias Moehle, Alexander Saipa, Christoph Bratmann, Stefan Klein, Falko Mohrs, Hubertus Heil (alle SPD), Imke Byl, Julia Willie-Hamburg (beide Grüne), Björn Försterling, Susanne Schuetz (beide FDP), Jens Kestner (AfD), Pia Zimmermann und Victor Perli (beide DIE LINKE


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