Neujahrsempfang der IHK: „Wir brauchen ein Planungsbeschleunigungsgesetz“

Am vergangenen Dienstag begrüßte die IHK Braunschweig rund 1.000 Besucher bei ihrem Neujahrsempfang. Kammerpräsident Streiff habe verdeutlicht, dass Planungsverfahren in Deutschland zu lange dauern.

Von links: IHK-Präsident Helmut Streiff, Landrat des Landkreises Peine Franz Einhaus, Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Florian Löbermann.
Von links: IHK-Präsident Helmut Streiff, Landrat des Landkreises Peine Franz Einhaus, Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Florian Löbermann. | Foto: André Pause

Braunschweig/Peine. In der hell und festlich bestrahlten Gebläsehalle auf dem Gelände der ehemaligen Ilseder Hütte habe die IHK Braunschweig am vergangenen Dienstag etwa 1.000 Besucher zu ihrem Neujahrsempfang willkommen geheißen. Vom Empfang berichtet die IHK in einer Pressemitteilung.


Die „Kathedrale der Industrie“, wie der Peiner Landrat Franz Einhaus den Veranstaltungsort bezeichnet habe, habe den idealen Rahmen für einen feierlichen Jahresauftakt geboten. Neben Einhaus habe auch Niedersachsens Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Dr. Bernd Althusmann, die historische Bedeutung der Gebläsehalle als den Ursprungsort der Industrialisierung Norddeutschlands gewürdigt. Die erste Ansprache des Abends habe IHK-Präsident Helmut Streiff an das Publikum gerichtet. „Wenn’s alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht“, habe er Albert Einstein zitiert und sich trotz aller Herausforderungen optimistisch gezeigt: „Warum sollen wir nicht sagen, wir schaffen das?“

Dabei gebe es für die Wirtschaft aktuell gleich mehrere Gründe für Verunsicherung: Handelskonflikte, Abschwächungen der Konjunktur, stockende Planungsverfahren und nicht zuletzt Umstrukturierungen der Arbeitswelt durch Digitalisierung, Klimawandel und Umweltschutz.

„Wir müssen schneller werden“



Gerade mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen in der Klimapolitik und in Anlehnung an die „Fridays for Future“-Bewegung habe Streiff davor gewarnt, dass sich Deutschland nicht auf internationale Solidarität verlassen könne, sondern selbst Lösungen finden müsse. Sein Motto dafür: „Future by Technology“. Gleichzeitig habe er verdeutlicht, dass Deutschland und auch die regionale Wirtschaft bei diesen Themen vorangehen möchten, dazu jedoch die Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. So habe er sich für den schnellen und unkomplizierten Ausbau von Windenergieanlagen und Stromtrassen sowie gegen die einseitige Belastung von Unternehmen mit Steuern und Abgaben ausgesprochen.

Mit Nachdruck habe der IHK-Präsident verdeutlicht, dass Planungsverfahren in Deutschland zu lange dauern und wiederholt ein Planungsbeschleunigungsgesetz gefordert. Als Beispiele habe er hier den Ausbau der Weddeler Schleife, den Lückenschluss der A 39 und die Krise in der Windindustrie angeführt: „Wir müssen uns wieder mehr Gedanken machen, wie wir die große Allgemeinheit voranbringen und dürfen uns nicht nur auf Individualrechte konzentrieren.“

Unterricht an Berufsschulen stärken



Besorgt gezeigt habe sich Streiff mit Blick auf den Fachkräftemangel und die oft unzureichende Unterrichtsversorgung an Berufsschulen. Dabei habe er insbesondere die gesellschaftliche Debatte bemängelt: So werde eine Unterrichtsversorgung von 98 Prozent an Gymnasien schnell skandalisiert, während diese – scheinbar unbeachtet hingenommen – an Berufsschulen gerade einmal bei 85 Prozent liege. Lobende Worte habe Streiff hingegen für die Reform des Berufsbildungsgesetzes gefunden. Die Mindestausbildungsvergütung und die Fortbildungstitel „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ könnten die allgemeine Attraktivität der beruflichen Aus- und Weiterbildung steigern. Unter anderem dadurch habe er den positiven Eindruck gewonnen, „dass sich die Politik wieder mehr um Arbeit statt um Arbeitslosigkeit kümmert."

Steuerliche Belastungen für Unternehmen senken



Bernd Althusmann habe in seinem Festvortrag die Frage gestellt, was seine politischen Nachfolger im Jahr 2030 wohl von den heutigen Weichenstellungen halten werden. Für eine erfolgreiche Zukunft möchte er staatliches Handeln in den Hintergrund stellen und die Eigenverantwortung und -initiative der Menschen und Unternehmen stärken. „Dabei helfen uns die Grundtugenden unserer sozialen Marktwirtschaft. Nicht der allumsorgende Wohlfahrtsstaat, der sich mehr um das Verteilen von Wohltaten kümmert als um das Erarbeiten, ist unser Erfolgsrezept. Es sind vielmehr freies Unternehmertum, Eigenverantwortung und der Mut zum Risiko.“

In diesem Zusammenhang sehe der Minister gerade seine Berliner Berufskollegen in der Pflicht, wieder mehr Verlässlichkeit an den Tag zu legen. Gegenseitiger Respekt, Realismus und Pragmatismus sollten seiner Meinung nach den Kern politischer und gesellschaftlicher Diskussionen bilden. „Das Erregungs- und Empörungsniveau unserer gesellschaftlichen Debatten muss wieder auf ein Normalmaß sinken“, habe er gemahnt. Vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs um Unternehmensansiedlungen fordere Althusmann wie zuvor schon Helmut Streiff eine Entlastung von Betrieben durch eine umfassende Unternehmenssteuerreform sowie die komplette Abschaffung des Solidaritäts- zuschlages. Ziel muss es sein, „dringend die steuerliche Belastung für unsere Unternehmen spürbar auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zu senken."

ÖPNV in der Region verbessern



Zum Abschluss der Vorträge habe Franz Einhaus, unterstützt durch ein neues Imagevideo, die Stärken des Landkreises Peine herausgestellt: fortschrittliche Industrie, intaktes Gemeinwesen, regionales Bewusstsein. Umgeben von den beiden größten Städten Niedersachsens, Braunschweig und Hannover, sei Peine zudem bestens zu erreichen, aber auch stark vom Pendelverkehr betroffen. So habe er gefordert, den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken und ein gemeinsames Tarifgebiet zwischen den beiden Großstädten zu schaffen.

In guter Tradition sei der Neujahrsempfang auch in diesem Jahr nicht aus Mitgliedsbeiträgen finanziert, sondern von engagierten Unternehmen der Region getragen worden. Diese haben auch für die Organisation des Abends verantwortlich gezeichnet, unterstützt durch die IHK- Vizepräsidenten Tobias Hoffmann, Ulrike Brandes-Peitmann und Jan Radmacher, die allesamt dem IHK-Wirtschaftsausschuss Peine angehören.


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