Peiner. Am 1. Oktober beschloss der Peiner Kreistag einen Antrag, den die Gruppe CDU/FDP eingebracht hatte. Die Reaktion darauf schlägt nun hohe Wellen. Auch die Vorsitzende der Linken Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek, meldet sich jetzt zu Wort.
Der Antrag sieht vor, dass die Kreisverwaltung ein Konzept entwickeln und umsetzen soll, das Asylbewerber im Landkreis Peine zur Verrichtung gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Die Gruppe beruft sich dabei auf Paragraph 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Demnach seien arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte verpflichtet, Arbeitsangebote wahrzunehmen. Diese sollen in Aufnahmeeinrichtungen oder vergleichbaren Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, um den Betrieb und die Instandhaltung der Einrichtungen zu unterstützen. Zusätzlich sollen solche Arbeitsgelegenheiten, soweit möglich, bei staatlichen, kommunalen oder gemeinnützigen Trägern angeboten werden, wenn die Arbeit der Allgemeinheit zugutekommt. Für die Teilnahme wird eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 0,80 Euro je Stunde gezahlt.
Bisher nur freiwillig
Im Landkreis Peine gebe es seit 2015/2016 ein Angebot an Arbeitsgelegenheiten auf freiwilliger Basis. Diese Maßnahme verfolge das Ziel, Asylsuchende sinnvoll zum Wohle der Allgemeinheit zu beschäftigen und ihnen eine Tagesstruktur sowie erste Einblicke in die Arbeitswelt zu ermöglichen. Inzwischen werde dieses Angebot aber nur noch in geringem Umfang wahrgenommen. Der Antrag der CDU/FDP-Gruppe ziele daher auf die Einführung verpflichtender Arbeitsgelegenheiten.
Dass der Antrag im Kreistag eine Mehrheit finden konnte, ist angesichts der normalen Mehrheitsverhältnisse nur mit zahlreichen Abwesenheiten bei SPD und Bündnis 90 / Die Grünen zu erklären. Kritik kam auf, weil auch die AfD für den Antrag gestimmt hat. Nun kommt sogar Schelte aus Berlin.
"Beschluss ist ein Skandal"
Laut einer Pressemitteilung der Partei Die Linke, Kreisverband Peine, äußert sich auch die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Heidi Reichinnek: „Der gemeinsame Beschluss von CDU, FDP und AfD im Kreistag Peine ist ein Skandal. Eine Arbeitspflicht für Geflüchtete einzuführen, bedeutet nichts anderes als Ausgrenzung und Entrechtung. Arbeitszwang ist mit einer menschenwürdigen Asylpolitik unvereinbar. Die Linke lehnt dieses Vorgehen entschieden ab.“
Arbeit, ob gemeinnützige Tätigkeiten oder nicht, fordere einen fairen Lohn, eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde sei nicht vertretbar. Menschen, die ohnehin am Existenzminimum lebten, weiter Leistungen kürzen zu wollen, sollte diese Zwangsarbeit abgelehnt werden, sei ebenfalls moralisch verwerflich. Menschen keine Perspektive, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt zu bieten, verfehle das Ziel der Integration. „Anstatt über Arbeitszwang muss über ein Recht auf Arbeit gesprochen werden. Viel zu oft wird dies Geflüchteten durch ein Arbeitsverbot verwehrt. Hier muss Integration ansetzen.“ fordert Reichinnek.
"Kosten und Aufwand in keinem Verhältnis"
„Das Bestehen der gesetzlichen Grundlage ist keine Argumentation für die Sinnhaftigkeit der Arbeitspflicht – Kosten und Aufwand stehen in keinem Verhältnis zum zu erreichenden Ziel: schnelle Integration zu fördern. Dies ist durch ein besseres Angebot an Sprachkursen und Arbeitsplatzvermittlung effektiver erreicht. 250.000 Euro Kosten für den Kreis, die durch diesen Beschluss anfallen, während Geld an vielen wichtigen Stellen gebraucht wird, sind unverantwortlich“, so Jakob Ole Lenz, Kreisvorsitzender der Linken in Peine.