Coronaproteste: Gefährdet die Polizei Gegendemonstranten?

Lars Tietjen ist Vorsitzender des Kreisverbandes der PARTEI in Salzgitter. Er glaubt, dass Stadt und Polizei sein Versammlungsrecht systematisch aushebeln. Das sehen die naturgemäß anders.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Werner Heise

Salzgitter. Seit Wochen protestieren sie in deutschen Städten: Die Gegner der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie. Dabei wurde es nicht nur einmal gewalttätig. Auch wenn der überwiegende Teil der selbsternannten "Spaziergänger" friedlich bleibt, kommt es immer wieder zu Angriffen auf Presseleute, Polizisten und Gegendemonstranten. In Salzgitter ist Lars Tietjen von der Partei Die PARTEI einer der führenden Köpfe der Gegendemonstrationen. Auch er wurde nach eigener Aussage bereits von Spaziergängern bedroht. Von Polizei und Stadt fühlt er sich im Stich gelassen.



Seit Anfang Dezember seien sie jeden Montag dabei gewesen, berichtet Lars Tietjen. Er und die anderen Gegendemonstranten, die den Montagsspaziergängen etwas entgegensetzen wollen, wie er sagt. Bis zur vergangenen Woche sei das auch unter ausreichendem Polizeischutz passiert. Man habe sich sicher gefühlt, habe immer in Kontakt mit dem Einsatzleiter gestanden. Dann, am vergangenen Montag, tauchten zum Schutz der Gegendemo gerade einmal zwei Polizisten auf. Tietjen sagte die Versammlung daraufhin noch vor Beginn ab, weil viele Teilnehmer sich einfach nicht mehr sicher gefühlt hätten. Tietjen und seine Mitstreiter fühlten sich hinters Licht geführt.

Lars Tietjen, 1. Vorsitzender des Kreisverbandes Salzgitter der PARTEI.
Lars Tietjen, 1. Vorsitzender des Kreisverbandes Salzgitter der PARTEI. Foto: Alexander Dontscheff


Nach Aussage Tietjens habe die Polizei bereits einmal eine Kette bilden müssen, um die Gegendemo zu schützen. Leise Kommentare aus den Reihen der "Spaziergänger" in Richtung der Gegendemonstranten seien dabei keine Einzelfälle. "Seid froh, dass die Bullen hier sind", habe Tietjen gehört, einem älteren Ehepaar habe eine Gruppe junger Männer gedroht, ihnen am Auto aufzulauern. Tatsächlich hätten am Abend mehrere Männer auf den Parkplatz gewartet. Als dann die Polizei dazu geholt wurde, hätten sich die Männer verzogen. Wirklich sicher habe sich das Paar aber immer noch nicht gefühlt.


In der Woche davor hätten die Polizisten die Demonstranten verpflichtet, ihren Lautsprecher abzubauen. Er sei zu laut gewesen. Laut Tietjen habe ein Beamter sein Lärmmessgerät direkt in den Lautsprecher hineingehalten, nicht etwa im Umkreis gemessen. Dagegen hätten sich die "Spaziergänger" gegenüber an keine Auflage gehalten, behauptet Lars Tietjen. "Schade, dass die Stadt Salzgitter und die Polizei Salzgitter gestern erneut unser Versammlungsrecht quasi ausgehebelt haben", so der Lokalpolitiker in einer E-Mail an die Stadt Salzgitter.

Polizei und Stadt widersprechen


Den Vorwurf, dass Polizei und Stadt Salzgitter versuchten, das Versammlungsrecht der Gegendemonstranten auszuhebeln, teilt man dort naturgemäß nicht. Dr. Martin Neumann, Pressesprecher der Stadt Salzgitter, hält das sogar für völlig haltlos. Auf Anfrage von regionalHeute.de schreibt er: "Der Vorwurf entbehrt jeder Grundlage, denn die Stadt Salzgitter als zuständige Versammlungsbehörde hat die Wahrnehmung des Versammlungsrechtes von „Die Partei“ seit dem 13.12.2021 regelmäßig montags unter Erteilung von Auflagen sichergestellt."


Ohnehin sei die Stadt nicht für den Schutz der Teilnehmer zuständig, diesen Part übernehme die Polizei. In dieser Sache seien Stadt und Polizei zwar im Vorfeld von Versammlungen im Austausch, dessen Ergebnisse dann auch in die Auflagen einfließen würden. Aber mit Beginn der Veranstaltung übernimmt nun mal die Polizei. Und die hat nach eigener Aussage in diesem Fall keinen Fehler gemacht. Man habe routinemäßig eine Gefahrenbewertung aufgestellt und dieser entsprechend reagiert. Zu keinem Zeitpunkt bestand laut Polizeisprecher Matthias Pintak Gefahr für die Gegendemonstranten.

Ohnehin seien weder der Stadt noch der Polizei bislang Übergriffe im Zusammenhang mit den Demonstrationen bekannt. Ab und an gebe es Provokationen, wie etwa laute Rufe und Musik. Das gehöre aber dazu, so Martin Neumann: "Aber damit muss jeder Anmeldende rechnen, der ganz bewusst eine Versammlung anmeldet, die als Gegendemonstration zu einer anderen Versammlung gedacht ist. Beide Anmeldenden haben ihr Recht auf freie Meinungsäußerung im Rahmen der geltenden Gesetze."


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