Berlin. Der Vorstoß von Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) zur Rentenpolitik hat starke Ablehnung in den Ampel-Parteien hervorgerufen und auch in seiner eigenen Unionsfraktion keinen Rückhalt gefunden. Spahn hatte vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter an die durchschnittliche Lebenserwartung zu koppeln und es mit jedem zusätzlichen Lebensjahr um einen Monat zu erhöhen.
Friedrich Merz (CDU) wollte sich zu Spahns Vorschlag nicht äußern und ließ lediglich auf eine ältere Pressekonferenz zum Thema Rente verweisen. Die erste parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, sagte der "Welt" (Mittwochsausgabe) zu dem Vorstoß: "Ganz alter Wein in neuen Schläuchen: Die Jungs aus der Merz-CDU wollen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit." Die "billige politische Forderung nach einem höheren Renteneintrittsalter träfe Menschen, die für wenig Geld arbeiten, besonders hart", so Mast. "Vorschläge, wie die Menschen gesund und fit das Rentenalter erreichen", seien aus der Union dagegen nicht zu hören.
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion Christian Dürr meldete Zweifel an, ob Spahns Vorschlag überhaupt logisch sei: "Die Lebenserwartung ist in den letzten 15 Jahren um gerade mal ein Jahr gestiegen. Nach den Vorstellungen von Herrn Spahn würden die Betroffenen also genau einen Monat länger arbeiten." Im Gegensatz zur Union habe die Ampel-Koalition "verstanden, dass wir auf Einwanderung in den Arbeitsmarkt angewiesen sind, um unsere soziale Sicherung zu stabilisieren". Linksfraktion-Vorsitzende Amira Mohamed Ali kritisierte: "Die durchschnittliche Lebenserwartung verstellt den Blick darauf, dass Menschen mit geringem Einkommen im Schnitt auch früher sterben." 15 Prozent der Deutschen, so Mohamed Ali, "sterben vor dem 65., 17 Prozent vor dem 67. und 20 Prozent vor dem 69. Geburtstag".
Die von Spahn vorgeschlagene Regelung würde auf "sinkende Renten für viele mit körperlich anstrengenden Berufen hinauslaufen". René Springer, Sprecher für Sozialpolitik der AfD-Fraktion, nannte Spahns Vorstoß eine "versteckte Rentenkürzung". "Wer 45 Beitragsjahre zusammen hat, soll ohne Abschläge in Rente gehen können", länger arbeiten solle "bitte freiwillig" bleiben.
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