Wolfenbüttel. Die SPD-Stadtratsfraktion setzt sich in einem erst kürzlich gestellten Antrag für einen kostenlosen Eintritt der aktiven Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Wolfenbüttel (FFW) in das Stadtbad Okeraue ein. Den Feuerwehrleuten solle so ermöglicht werden, im Schwimmbad kostenlos ihrem Fitness-Training nachzugehen, das sie aufgrund der oft hohen körperlichen Anforderungen bei Einsätzen benötigen. Im Stadtrat trifft dieser Antrag auf gemischte Gefühle:
Stadtratsmitglied Rudolf Ordon (FDP) aus der Zusammensetzung der Gruppe der PIRATEN und FDP sagte: "Dem SPD-Antrag werde ich nicht zustimmen. Das Stadtbad Okeraue wird jährlich mit knapp 2 Millionen Euro subventioniert, um die Eintrittspreise sozial verträglich zu gestalten. Davon profitieren auch die Angehörigen der FFW. Außer den Angehörigen der FFW sind auch andere Berufsgruppen angehalten, sich körperlich fit zu halten (zum Beispiel Bundeswehrsoldaten, Polizeibeamte). Auch diese müssten dann kostenlos Schwimmen dürfen, was das Defizit weiter steigern würde. Grundsätzlich kann es aber nicht (kommunal-) politische Aufgabe sein, dass der Staat/die Kommune Leistungen übernimmt, die eher dem persönlichen Wohlbefinden dienen. Diese Lastenverschiebung hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die öffentliche Hand defizitäre Haushalte produziert, während das Privatvermögen steigt.
"Die SPD", so fügte Rudolf Ordon hinzu, "betreibt eine derartige Politik seit Jahren unter dem Schlagwort 'soziale Gerechtigkeit', wobei sie für sich in Anspruch nimmt, zu definieren, was darunter zu verstehen ist. Und wer sich dieser Politik widersetzt, wird dann als „unsozial“ dargestellt. Wer diese Leistung (Benutzung des Stadtbades) in Anspruch nimmt, muss dafür auch einen finanziellen Beitrag leisten, zumal dieser angemessen ist."
Ratsmitglied Werner Heise (PIRATEN) erklärte auf Anfrage von RegionalWolfenbüttel.de: "Die Piraten schätzen die Arbeit der Feuerwehren außerordentlich und ein jeder kann sich glücklich schätzen im Ernstfall den ehrenamtlich gebotenen, höchst professionellen Schutz der Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen, ohne wenn und aber, zu erhalten. Ebenso wie man jederzeit auf die Einsatzkräfte des Deutschen Roten Kreuzes, des Technischen Hilfswerkes oder der anderen Hilfsorganisationen zählen kann. Und auch im sozialen Bereich gibt es viele Ehrenamtliche, die teils schwere Arbeit leisten müssen. Daher ist es zu kurz gedacht, ein Angebot ausschließlich für eine einzelne Gruppe zu schaffen. Gesprächen zu dieser Thematik, die auch die finanzielle Belastung für die Stadt betrachten, stehen wir aber erst einmal sehr offen gegenüber.
Die Stadtratsfraktion der CDU steht dem Antrag hingegen positiv gegenüber. Professor Dr. Christoph Helm, Vorsitzender der CDU-Fraktion, erklärte: "Die Mitglieder unserer Freiwilligen Feuerwehren bieten durch ihren hohen ehrenamtlichen Einsatz für uns alle Schutz und Hilfe in Notsituationen, in die jeder von uns täglich geraten kann. Sie leisten diese Tätigkeit unter großem Zeiteinsatz und nehmen viele private Einbußen in Kauf. Daher ist es recht und billig, Ihnen Dank und Anerkennung zukommen zu lassen. Wir unterstützen also den kostenlosen Eintritt der aktiven Feuerwehrmitglieder in unser Stadtbad, zumal dies auch dem Fitnesstraining der Feuerwehrkameraden dienen wird. Da es unterschiedliche zeitliche Staffelungen beim Eintritt in unser Stadtbad Okeraue gibt, müssen die Modalitäten und Details der angestrebten Regelung zwischen Stadt und Feuerwehrkommando natürlich noch abgestimmt werden."
"Wir werden diesen Antrag unterstützen", sagte Florian Röpke von der Zusammensetzung der Gruppe Bündnis für soziale Gerechtigkeit / DIE LINKE, "der Begründung folgen wir aber nicht gänzlich. Wir möchten ehrenamtliche Leistung nicht in Geld aufwiegen. Entweder wir gewähren den freien Eintritt als kostenlose Trainingsmöglichkeit und zugleich als Zeichen der Anerkennung, oder wir tun dies eben nicht. Dass der Beitrag der Feuerwehr den Haushalt entlastet und "keine andere ehrenamtlich tätige Organisation [...] derart unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzlage der Stadt" hätte, kann für uns daher kein gutes Argument für diesen Antrag sein. Das mögliche Signal an ehrenamtlich Tätige, die den Haushalt nicht entlasten, weil ihre Tätigkeit das nicht hergibt, oder die den Haushalt am Ende gar belasten, weil ihre Tätigkeit das erfordert, finden wir sehr unglücklich. Für die kostenfreie Trainingsmöglichkeit und zugleich das Zeichen der Anerkennung der aktiven Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr werden wir aber stimmen."
Stefan Brix von der Stadtratsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN sagte, dass er einem ANtrag auf kostenlose Trainingszeiten der Feuerwehr selbstverständlich zustimmen würde, einem pauschal kostenlosen Eintritt für alle Mitglieder der FFW allerdings nicht. Er erklärte auf Anfrage von RegionalWolfenbüttel.de: "Der Antrag der SPD liegt mir nicht im Wortlaut vor, aus der Pressemitteilung kann man aber zweierlei schließen: Entweder meint die SPD, die Freiwillige Feuerwehr dürfe das Bad im Rahmen ihres Trainings kostenlos nutzen, dann ist dem zuzustimmen, obwohl ein Antrag dazu wohl nicht nötig gewesen wäre. Denn wenn die Freiwillige Feuerwehr für ihre Mitglieder ein Schwimmtraining anbietet, hätte sie meines Erachtens nach natürlich denselben Status, den auch Sportvereine haben und dürfte das Bad daher auch kostenlos im Rahmen einer abzustimmenden Trainingszeit nutzen. Sollte die SPD aber meinen, dass Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr pauschal, wann immer sie wollen, freien Eintritt im Stadtbad Okeraue genießen dürfen, dann ist diesem Verlangen trotz allem großen Respekt für die Feuerwehr nicht nachzukommen. Das hört sich zwar zunächst harsch an, aber wenn wir eine, gleichwohl wichtige und geschätzte Gruppe von Ehrenamtlichen gegenüber allen anderen bevorzugen, schaden wir dem Ehrenamt mehr als wir ihm nutzen. Zwar scheint das Argument zunächst schlüssig, einer Gruppe, deren körperliche Fitness im Ehrenamt direkt gefordert ist, beim Erhalt derselben zu unterstützen. Was aber ist mit den Ehrenamtlichen, die im Ehrenamt die Fitness zwar nicht unbedingt anwenden, aber eben doch nur ehrenamtlich tätig sein können, weil sie sich fit halten? Schätzen wir die dann nicht geringer? Warum sollten dann nicht auch Mitglieder des THW oder aber auch Schulelternräte freien Eintritt ins Bad genießen? - Falls also der Antrag so gemeint sein sollte, wäre er wenig durchdacht."
Ralf Achilles, Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion, erklärte auf Anfrage von RegionalWolfenbüttel.de, dass der Antrag der SPD durchaus pauschal einen kostenlosen Eintritt für die aktiven Mitglieder der FFW vorsehe, der beispielsweise nach Vorlage eines Ausweises genehmigt werde. Nur so könne ohne großen bürokratischen Aufwand den freiwilligen Feuerwehrleuten zeitlich flexibel ein freies Fitnesstraining im Stadtbad zur Verfügung gestellt werden.
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