Wolfenbüttel. Auf Einladung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) fuhren in der vergangenen Woche 36 Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrganges des Theodor-Heuss-Gymnasiums nach Berlin, um an einer eigens für sie organisierten Diskussionsveranstaltung zum Thema „Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit“ teilzunehmen.
V. l.: Rudolf Ordon, die Bundesministerin der Justiz, Prof. Dr. Markus Görtemaker und Prof. Dr. Christoph Safferling. Foto:
Die Schüler eines Geschichtsgrundkurses und des Politikleistungskurses, diesem gehören auch sieben Schüler des Gymnasiums Große Schule an, hatten den Besuch thematisch mit ihren Lehrkräften Rudolf Ordon und Michael Debelius intensiv vorbereitet und einen Fragenkatalog erstellt.
Die Schüler des THG hatten die einmalige Gelegenheit, mit der amtierenden Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dem Historiker Prof. Dr. Markus Görtemaker (Uni Potsdam) und dem Staats- und Völkerrechtler Prof. Dr. Christoph Safferling (Uni Marburg) zwei Stunden über dieses Thema zu diskutieren. Beide Wissenschaftler leiten eine unabhängige Kommission, welche die NS-Vergangenarbeit der Justiz aufarbeitet und erste Ergebnisse unter dem Buchtitel „Die Rosenburg“ bereits publiziert hat.
In ihrer Begrüßung ging Leutheuser-Schnarrenberger noch einmal auf die grundlegende Bedeutung der Aufarbeitung der NS-Zeit ein. Das BMJ habe diese bewusst auf eine breite Basis gestellt und neben Historikern auch Juristen mit eingebunden.
Prof. Görtemaker und Prof. Safferling gingen in ihren einleitenden Ausführungen sehr anschaulich auf einzelne Aspekte ein. Safferling berichtete, dass nach der Gründung des BMJ es zahlreiche Fälle gegen habe, bei denen bekannte NS-Juristen von Gegnern des Nationalsozialismus trotz Kenntnis derer Vergangenheit eingestellt worden seien. Auf die Frage eines Schülers nach den Ursachen hierfür musste Safferling einräumen, dass diese Frage nicht endgültig zu klären sei, da die Betreffenden nicht mehr befragt werden könnten.
Görtemaker wurde gefragt, wie lange denn die Aufarbeitung des Nationalsozialismus dauern werde. Seine Antwort: „Sie wird immer weitergehen“, weil die Geschichtswissenschaft auch in Zukunft ständig neue Fragestellungen entwickeln werde. Als Beispiel hierfür nannte er das 2012 erschienene bahnbrechende Werk Christopher Clarks „Die Schlafwandler“, das Ursachen und Ausbruch des 1. Weltkrieges in einem neuen Licht erscheinen lasse.
Die Bedeutung dieser Veranstaltung wurde durch die Teilnahme von zahlreichen Vertretern der Hauptstadtmedien und auch jüdischer Zeitungen unterstrichen.
Im Anschluss an diese außerordentlich ertragreiche Diskussion versorgte das BMJ seine Wolfenbütteler Gäste mit einem kleinen Imbiss, ehe Ministerialrat Detlev Wasser die sehr persönlich geprägte Führung zu einer individuellen Besichtigungstour übernahm, die auch in das Dienstzimmer der Ministerin führte.
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