Totes Kita-Kind: Prozess wird doch nicht neu aufgerollt

Im Februar waren drei Betreuerinnen zu Geldstrafen verurteilt worden. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und härtere Strafen gefordert.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: regionalHeute.de

Wolfsburg. Im April vergangenen Jahres war ein Kita-Kind bei einem Ausflug zu einem nahegelegenen Spielplatz in einem Regenrückhaltebecken ertrunken (regionalHeute.de berichtete). Im Februar dieses Jahres verurteilte das Amtsgericht Wolfsburg drei der vier Angeklagten zu Geldstrafen auf Bewährung. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte daraufhin Berufung eingelegt und ein höheres Strafmaß gefordert. Doch nun hat man einen Rückzieher gemacht, wie die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage bestätigt.


"Tatsächlich wird es keine Berufungsverhandlung geben. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft haben ihre Rechtsmittel zurückgenommen", erklärt Erster Staatsanwalt Christian Wolters gegenüber regionalHeute.de. Die Rechtsmittelrücknahme sei im Wesentlichen aus Rücksicht auf die Eltern des verstorbenen Kindes erfolgt, die das ganze Geschehen nicht noch einmal in einer neuen Hauptverhandlung durchleben, sondern endlich damit abschließen wollten. "Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstands, dass das Amtsgericht die Schuld der Angeklagten festgestellt und das Geschehen rechtlich zutreffend als fahrlässige Tötung eingeordnet hatte, erschien die Durchführung der Berufungsinstanz allein zur Herbeiführung einer härteren Bestrafung der Angeklagten nicht mehr erforderlich", so Wolters.

Strafmaß nicht tat- und schuldangemessen?


Im Mai hatte es seitens der Staatsanwaltschaft noch geheißen, dass man das gegen die drei Erzieherinnen verhängte Strafmaß nicht als tat- und schuldangemessen bewerte. Mehrere Tatbeteiligte hätten erhebliche Sorgfaltspflichtverstöße im Rahmen der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit begangen. "Vor diesem Hintergrund erscheint eine Verwarnung mit Strafvorbehalt, wie sie durch das Amtsgericht Wolfsburg ausgeurteilt worden ist, auch unter Berücksichtigung von Gerechtigkeitserwägungen nicht geeignet, einen ausreichenden Schuldausgleich herzustellen", erklärte Christian Wolters vor knapp zwei Monaten.

Aktualisiert


Wie Erste Staatsanwältin Julia Meyer am heutigen Donnerstag ergänzt, hatte am 3. Juli auf Vorschlag der Vorsitzenden der Berufungskammer ein Besprechungstermin im Landgericht Braunschweig stattgefunden. Im Rahmen dieses Termins sei erörtert worden, ob wesentliche Belange der Allgemeinheit und der am Verfahren beteiligten Personen die Durchführung einer Berufungshauptverhandlung erforderlich machten. "Ein solcher Erörterungstermin erschien auch unter Berücksichtigung der beträchtlichen psychischen Belastungen des bisherigen Verfahrens bei den Angeklagten und den Nebenklägern zielführend", so Julia Meyer.

Eltern hatten kein Interesse an einer neuen Verhandlung


Der Nebenklägervertreter habe für seine Mandanten erklärt, dass ein Interesse an einer weiteren Hauptverhandlung nicht bestehe. Ihrem Wunsch nach einer juristischen Aufarbeitung des Verlustes des eigenen Kindes sei mit der durchgeführten Hauptverhandlung in der ersten Instanz entsprochen worden. Bei den Angeklagten sei insgesamt deutlich geworden, dass diese weiterhin selbst beträchtlich unter den Tatfolgen leiden.

Eine Abänderung des Strafmaßes hätte demgegenüber eine mehrtägige Hauptverhandlung sowie voraussichtlich die Einholung weiterer Sachverständigengutachten erforderlich gemacht. Die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen erschien dabei zweifelhaft. "Nachdem die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert wurde, nahmen die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger der Angeklagten mit deren Ermächtigung jeweils die eingelegten Berufungen zurück. Das Urteil des Amtsgerichts Wolfsburg ist somit rechtskräftig", erklärt Meyer abschließend.


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