Wolfenbüttel. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel hat beantragt, dass im Stadtgebiet Trinkbrunnen aufgestellt werden sollen. Die Fraktion verspreche sich davon, das Aufkommen von PET-Flaschen zu reduzieren. Außerdem sei es ein Beitrag zum Klima- und Umweltschutz, lokales, nicht transportiertes und abgefülltes Wasser zu trinken.
Zusätzlich sei es ein Serviceangebot für die Bevölkerung in der Stadt (wir berichteten). regionalHeute.de hat bei den Fraktionsvorsitzenden in Wolfenbüttel nachgefragt, auf wie sie über den Vorschlag der Trinkbrunnen denken. Nachfolgend veröffentlichen wir die Positionen in der Reihenfolge der eingegangenen Antworten.
Klaus-Dieter Heid, Fraktionsvorsitzender der AfD Fraktion beurteilt die Idee wie folgt:
"Trinkbrunnen in der Stadt: grundsätzlich eine gute Idee, wenn man sie nicht mit einem umweltpolitischen und eher ideologischen Vorteil verbindet. Am Beispiel München wird deutlich, dass Trinkbrunnen durchaus einen positiven Aspekt bei der Innenstadt-Optik und einem „Innenstadt-Service“ darstellen. Die von den Grünen angeführten umweltschonenden Vorteil sehe ich allerdings nicht. Im Gegenteil! Aus meiner Sicht sind Trinkbrunnen ein „on-top-Service“, der nicht zu weniger PET-Flaschenkauf führt, aber immerhin an heißen Tagen erfrischend sein kann.
Niemand wird weniger PET nutzen, weil er ab und an in der City frisches Wasser kosten darf. Stattdessen zeigt das Beispiel München, wo man 2015 187 dieser „Brunnen“ installiert hat, dass die Kosten (umgerechnet pro Jahr zirka 11.000 Euro pro Brunnen alleine für den Unterhalt) zzgl. Anschaffungs- und Installationsaufwendungen, durchaus abzuwägen sind und der Haushaltslage angepasst sein müssen. Da eine Unterhaltung dieser Brunnen auch immer handwerkliche, also „vor-Ort“ Leistung erfordert, die dann (nicht zu unterschätzen!) nur auf umweltbelastende Art und Weise erfolgen kann, relativiert sich unter Umständen Vorteil und Nachteil dieses Services.
Die AfD-Fraktion ist allerdings der Meinung, dass derartige Brunnen insbesondere für ältere Menschen hilfreich sein können, extreme Temperaturen in der Stadt zu überstehen. Es erfordert eine Kosten/Nutzen-Analyse durch die Verwaltung und die Politik, bevor abschließend entschieden werden sollte. Grundsätzlich stehen wir dem Vorschlag positiv gegenüber, verweisen allerdings auf die Kostenerfahrungen anderer Städte mit entsprechenden Brunnen."
Rudolf Ordon, Fraktionsvorsitzender der FDP Fraktion:
"Wir sehen dafür keine Notwendigkeit, da die Investitions- und Folgekosten zu hoch sind. Diese Trinkbrunnen bringen keinen messbaren Beitrag zum Klima- und Umweltschutz."
Ralf Achilles, Fraktionsvorsitzender der SPD Fraktion:
"Trinkwasserspender im öffentlichen Raum sind durchaus – bei gesicherter Trinkwasserqualität – ein Baustein zur Versorgung der Bevölkerung, um der Gefahr einer Dehydrierung bei Hitzewellen zu begegnen. Als ein erster Schritt sollten aber zunächst alle bereits vorhandenen öffentlichen Zugänge zu Trinkwasser in öffentlichen Gebäuden gekennzeichnet werden.
Als Standort kämen nur Plätze und Straßenflächen in Betracht, da eine Trinkwasseranschlussleitung nötig ist. Zapfstellen mit Anschluss an die Trinkwasserleitung müssen im Winter wegen der Frostgefahr und mangelnder Nachfrage nach Trinkwasser im Außenbereich geleert oder demontiert werden (Saisonbetrieb). Niedrige bzw. winterliche Temperaturen herrschen in Deutschland zwischen Oktober und April, also mehr als die Hälfte des Jahres. In den Übergangszeiten (Frühjahr und Herbst) ist von einer niedrigeren Frequentierungsrate auszugehen, so dass eine häufige Reinigung und Durchspülung wegen der Verkeimungsgefahr erforderlich ist. Wasserspender mit Anschluss an die Trinkwasserversorgungsleitung sind aus hygienischen Gründen problematisch.
Bei Leitungen, aus denen nicht regelmäßig und in relativ kurzen Abständen Wasser entnommen wird, besteht die Gefahr einer Verkeimung und bakteriellen Befalls und damit einer Gesundheitsgefährdung. Solche Leitungen müssten während der Betriebs-Saison (Mai bis September) - insbesondere in weniger heißen Perioden mit geringerer Nachfrage - regelmäßig durchgespült und desinfiziert werden, was mit erheblichem Aufwand verbunden ist.
Weitere Hygiene-Probleme gäbe es bezüglich eines Mundstücks bzw. Wasserhahns, bei welchem ein direkter Kontakt mit Mundschleimhaut und/oder Speichel der Nutzer nicht ausgeschlossen werden könnte (Infektionsweg). Es wäre daher eine berührungsfreie Installation des eigentlichen Wasserspeiers erforderlich (mechanische oder optisch-elektronische Auslösung des Wasserstrahls durch Lichtschranke oder Sensor), d.h. aufwendige Technik. Im Internet ist nachzulesen, dass die Betriebskosten nach Auskunft des Hamburger Wasserversorgers „HamburgWasser“ dort bei etwa 50.000 Euro pro Säule und Jahr (incl. Laborkosten für die erforderlichen Wasserqualitätsuntersuchungen, Wartung, Stördienst, Vandalismusschäden) liegen würden. Es gibt also noch einiges zu diskutieren……."
Florian Röpke, Vorsitzender der Ratsgruppe Linke/Piraten:
"Als parteiloser Vorsitzender der Ratsgruppe Linke/Piraten kann ich Ihnen für unsere Gruppe mitteilen, dass wir den Antrag leider (noch) nicht bekommen haben, offensichtlich hat es der Fraktion der Grünen ausgereicht die Presse zeitnah zu bedienen, nicht aber die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen und Gruppen im Rat der Stadt. Wir beziehen uns also auf die Berichterstattung bei RegionalWolfenbüttel und stehen demnach der Idee von öffentlichen Trinkbrunnen grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Als kostenloses Trinkwasserangebot können sie eine soziale und kulturelle Funktion erfüllen oder eben einfach praktisch und sinnvoll sein.
Bei der Begründung sind wir skeptisch, ob es sich dabei wirklich um Tatsachen handelt. Dass es z.B. wirklich einen nennenswerten Einspareffekt an PET-Flaschen geben wird, möchten wir bezweifeln. Ein kleines Fragezeichen setzen wir auch bei der besseren Klimabilanz, da muss man ja die Herstellung des Brunnens, dann den Betrieb und auch die regelmäßige Wartung mit einbeziehen. Auch die Häufigkeit der Nutzung spielt da sicherlich eine maßgebliche Rolle.
Wir möchten zudem wissen, was ein solcher Brunnen kostet und was für Betrieb und Wartung notwendig ist. Wird das Wasser im Winter geheizt und im Sommer gekühlt oder ist dies nicht notwendig? Wie sieht es ganz grundsätzlich mit der Hygiene aus? Einem Antrag, der eine Prüfung durch die Verwaltung vorsieht, würden wir gerne zustimmen."
Winfried Pink, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion:
"Ein Jahrhundertsommer, der sich dem Ende neigt, ist kein Grund dafür nach kostenloser Wasserversorgung zu rufen. Ich sehe die Notwendigkeit noch nicht. Es ist auch ein alter Hut in Wolfenbüttel. so etwas gab es in den 60er Jahren bereits im Schwimmbad und auf dem Spielplatz am Landeshuter Platz.Die durch die Wasserspeier entstehenden Wartungs-, Service- und Reinigungskosten sind bedeutender als vermutet."
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