Auf der Suche nach der Sprache

von Jan Borner


Flüchtling Ali Hmedi hat deutsche Vokabeln und Grammatik-Tabellen an seine Tür geklebt, um den Lernstoff immer präsent zu haben. Foto: Jan Borner
Flüchtling Ali Hmedi hat deutsche Vokabeln und Grammatik-Tabellen an seine Tür geklebt, um den Lernstoff immer präsent zu haben. Foto: Jan Borner | Foto: Jan Borner



Wolfenbüttel. Gestern berichtete RegionalWolfenbüttel.de von dem Ausflug zweier Integrationskurse in den niedersächsischen Landtag. Für viele der Migranten und Migrantinnen, die erst seit kurzem in Deutschland sind, war die Exkursion eine lehrreiche Herausforderung, und zwar nicht nur aufgrund des kurzen und informationsreichen Einblicks in das politische System Niedersachsens, sondern auch wegen der Konfrontation mit alltäglichen Aufgaben, wie ein Ticketkauf am Bahnsteig. Integrationskurse wie diese geben Migranten und Migrantinnen die Möglichkeit, sich innerhalb einer neuen Kultur und innerhalb einer gänzlich unbekannten Sprache gemeinschaftlich und mit Unterstützung zurechtzufinden. Allerdings haben längst nicht alle Einwanderer die Möglichkeit einen solchen Kurs zu besuchen, auch wenn sie das gerne täten.

Warten statt Lernen


In dem Mehrteiler "Flucht nach Wolfenbüttel" berichtete RegionalWolfenbüttel.de von der Flucht der Familie Hmedi aus ihrer Bürgerkrieg-zerrütteten Heimat Syrien bis in unsere Region. Wie viele Flüchtlinge wartet die Familie noch immer auf eine Entscheidung ihres Asylantrages. Die zuständigen Behörden teilen Flüchtlingen schon zu Beginn ihres Antrages mit, dass sie mit einer Mindestwartezeit von sechs Monaten rechnen sollten, bis sie ein Bescheid erreicht. Meistens dauert es noch länger. Für Flüchtlinge, die sich in dieser Schwebezeit befinden, die sich auch über mehrere Jahre hinziehen kann, sieht die Bundesrepublik Deutschland bislang keinerlei Sprach- oder Integrationskurse vor. Das Recht (und die Pflicht) auf einen solchen Kurs kommt erst mit der offiziellen Genehmigung des Asyls. Solange die allerdings nicht vorliegt, muss der Flüchtling sich selbst um einen Sprachkurs kümmern und das bedeutet vor allem: Er muss ihn selbst bezahlen.

Elementar statt intensiv


Für die meisten Flüchtlinge ist ein Deutschkurs, wie er zum Beispiel oft an Volkshochschulen angeboten wird, deshalb nicht finanzierbar. Das Bildungszentrum Wolfenbüttel hat es mit der Hilfe von DRK-Fördergeldern allerdings geschafft, Sprachkurse für 79 Flüchtlinge aus dem Landkreis Wolfenbüttel anzubieten und ihnen so einen Zugang zum Spracherwerb zu geben - und das auch ohne anerkannten Aufenthaltstitel. Ali Hmedi berichtete allerdings, dass diese Kurse sehr elementar seien und in nur wenigen Stunden pro Woche lediglich die wichtigsten Grundlagen vermittelten.

Ehrenamtliche Hilfe


Wie Jacqueline Knaubert-Lang, stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums, erklärt, sorgt das BIZ deshalb zusätzlich für die Qualifizierung von ehrenamtlichen Helfern, von denen mittlerweile schon über 50 aus dem Landkreis Wolfenbüttel die Sprachkurse mitbetreuen und den Flüchtlingen über die Unterrichtsstunden hinaus beim Spracherwerb unterstützen. Auch wenn die Nachfrage nach intensiver Sprachförderung damit noch keineswegs gedeckt ist, so soll besonders der Ausbau der ehrenamtlichen Unterstützung mithelfen, dieser Nachfrage entgegen zu kommen.

Ausnahme - Kinder und Kontingentflüchtlinge


Kinder, die im schulpflichtigen Alter nach Deutschland kommen, haben übrigens weitaus weniger Probleme beim Spracherwerb als ihre Eltern. Wie Jacqueline Knaubert-Lang berichtet, seien diese mit ihrer Ankunft in Deutschland auch automatisch schulpflichtig und bekommen innerhalb der Schule, die sie fortan besuchen, meist auch die Möglichkeit in zusätzlichen Kursen die Sprache zu erlernen. Kriegsflüchtlinge aus akuten Krisengebieten, die im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion aufgenommen werden, sogenannte Kontingentflüchtlinge, haben außerdem ebenfalls einen sofortigen Anspruch auf einen Integrationskurs.


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