Wolfenbüttel. Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt hat einen Antrag in die Gremien eingebracht, der vorsieht, dass Fahrradfahrer das Fahrradparkhaus am Wolfenbütteler Bahnhof kostenlos nutzen können. Es wird argumentiert, dass, wenn wie von der Verwaltung kommuniziert, die Einrichtung der Daseinsvorsorge diene und nicht auf Profit aus sei, auch die Betriebskosten von jährlich etwa 3.600 Euro entbehrlich seien. Falls aber die Einrichtung auch kostenlos nicht angenommen werde, solle man einen Abbau und Verkauf ins Auge fassen.
regionalHeute.de wollte nun von den anderen Fraktionen im Rat der Stadt erfahren, wie sie zu der Sache stehen. Was hält man dort von den Vorschlägen der CDU und welche möglichen anderen Szenarien sieht man für die Zukunft des Fahrradparkhauses?
Für die Ratsgruppe Bündnis 90/Die Grünen • Die PARTEI stellt die Auslastung des Fahrradparkhauses offenbar nur einen Nebenaspekt dar. Beate Zgonc und Sascha Poser schreiben stellvertretend für ihre Gruppe: "Das Fahrradparkhaus stellt eine Angebotsinfrastruktur dar, deren Erfolg sich nicht in einer hohen Auslastung misst, sondern daran, dass es einen Beitrag zur Verkehrswende leistet. Schon dadurch, dass es einfach als Angebot existiert, wird eine Schwelle, sich ein neues möglicherweise teures Fahrrad zu kaufen, abgebaut."
"Glauben nicht an wesentliche Verbesserung"
Der stetig steigende Anteil des Radverkehrs lasse sich nicht einer einzelnen Maßnahme zuschreiben, sondern sei Ergebnis einer Vielzahl von Veränderungen in der Stadt, wozu das Fahrradparkhaus zweifelsfrei zähle. Man begrüße aber grundsätzlich den Gedanken, das Fahrradparkhaus am Bahnhof für Nutzerinnen und Nutzer kostenfrei zugänglich zu machen. "Wir glauben allerdings nicht, dass dies allein zu einer wesentlichen Verbesserung der aktuellen Auslastung führen wird", so Beate Zgonc und Sascha Poser.
Die Stadtverwaltung habe in den vergangenen Monaten einige Maßnahmen ergriffen, um die Attraktivität des Fahrradparkhauses zu steigern – von technischer Aufrüstung über bessere Ausschilderung bis hin zu gezielter Öffentlichkeitsarbeit. Eine kostenfreie Nutzung könne eine weitere Maßnahme sein, weil dadurch vermutlich auch der Anmeldeprozess erleichtert werde.
Risiko "Fahrradleichen"
"Wir halten es für angemessen, den getroffenen Maßnahmen zunächst die notwendige Zeit zur Entfaltung ihrer Wirkung zu geben, bevor weitere Schritte beschlossen werden. Daneben geben wir zu bedenken, dass eine kostenfreie Nutzung dazu führen kann, dass das Parkhaus mit `Fahrradleichen´ zugestellt wird. Das minimale Entgelt hält unserer Auffassung nach kaum jemanden davon ab, diese Abstellmöglichkeit zu nutzen", so die Abgeordneten der Grünen.
"Standort falsch gewählt"
Unabhängig davon habe man bereits im Zuge der ursprünglichen Planung darauf hingewiesen, dass der Standort des Fahrradparkhauses aus Sicht der Grünen falsch gewählt wurde. Diese strukturelle Schwäche lasse sich nachträglich nicht kompensieren. Dennoch gelte es jetzt, mit der geschaffenen Infrastruktur verantwortungsvoll umzugehen und das Beste aus der Situation zu machen.
Komplett ablehnend steht man in der Ratsgruppe den CDU-Vorschlägen gegenüber, die im Falle eines Misserfolges als Konsequenzen gezogen werden könnten. "Angesichts der überschaubaren Betriebskosten sehen wir derzeit keinen akuten Handlungsdruck. Auch wenn eine Kostendeckung aus haushaltspolitischer Sicht grundsätzlich wünschenswert ist, rechtfertigt das aktuelle Defizit aus unserer Sicht keine weiteren drastischen Maßnahmen. Daher lehnen wir den Abbau oder gar Verkauf des Fahrradparkhauses entschieden ab", so Zgonc und Poser. Stattdessen setze man sich dafür ein, die Bedingungen für den Radverkehr in Wolfenbüttel konsequent weiterzuentwickeln und dabei auch bestehende Angebote sinnvoll einzubinden.
Das sagt die BUW/FDP-Gruppe
Die Gruppe BUW/FDP im Rat der Stadt teilt mit, dass man dem Vorschlag der CDU-Fraktion grundsätzlich offen gegenüberstehe. Doch auch hier sieht man andere Ursachen für die bislang geringe Nutzung des Fahrradparkhauses.
"Registrierung wirkt abschreckend"
"Unserer Ansicht nach liegt das Hauptproblem nicht in den ohnehin vergleichsweise geringen Parkgebühren, sondern vielmehr in der unattraktiven Lage des Parkhauses und den bestehenden Hürden bei der Nutzung", erklären die BUW/FDP-Gruppensprecher Alexandra Tomerius und Vincent Schwarz. Die in unmittelbarer Nähe befindliche kostenfreie und besser gelegene Abstellmöglichkeit sei für viele Radfahrer schlicht attraktiver und werde daher mehr genutzt. Hinzu komme, dass die verpflichtende Registrierung für das Fahrradparkhaus eine zusätzliche Hürde darstelle, die eben insbesondere im Vergleich abschreckend wirken könne.
Und was hält man von den möglichen Konsequenzen bei Misserfolg? Bei BUW/FDP spricht man sich für einen zeitlich befristeten Testzeitraum aus, in dem das Fahrradparkhaus kostenlos und mit geringeren Hürden bei der Nutzung zur Verfügung stehen soll. Ein solcher Versuch solle dann dazu genutzt werden, um Erkenntnisse über Veränderungen in der Nutzerzahl und potenzielle Risiken wie Vandalismus zu gewinnen.
"Grundlegende Neubewertung notwendig"
"Sollten sich die Nutzerzahlen in diesem Zeitraum nicht signifikant ändern, wäre dies durchaus ein Zeichen dafür, dass das Fahrradparkhaus an dieser Stelle schlicht keine ausreichende Notwendigkeit besitzt. In diesem Fall wäre eine grundlegende Neubewertung notwendig", so Alexandra Tomerius und Vincent Schwarz abschließend.
Auch die Fraktionsvorsitzenden von SPD und AfD waren angefragt. Zu der gesetzten Frist erhielten wir leider keine Antworten.