"Hartleibig und buchstabentreu": Debatte um 30-Zonen im Rathaus

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Ein Antrag, für weitere Straßen die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h herabzusetzen löste eine Grundsatzdiskussion im Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt aus. Symbolfoto: Marc Angerstein
Ein Antrag, für weitere Straßen die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h herabzusetzen löste eine Grundsatzdiskussion im Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt aus. Symbolfoto: Marc Angerstein | Foto: Marc Angerstein

Wolfenbüttel. In einem Antrag bittet die CDU Ratsfraktion um Prüfung, ob es verkehrstechnisch möglich sei, auf allen Straßen der sogenannten "Okerumflut" und einigen Zufahrtsstraßen zur Innenstadt die Geschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren. Der Vorschlag löste im Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt heftige Diskussionen aus. Vielfach wurde die Umsetzbarkeit angezweifelt. Der Ausschuss sprach sich mit sechs Stimmen dafür und drei Enthaltungen für einen Prüfauftrag an die Verwaltung aus.


Konkret gehe es bei den Zufahrtsstraßen um den Neuen Weg ab der Kreuzung Salzdahlumer Straße stadteinwärts, die Lindener Sraße stadteinwärts ab der Dietrich-Bonhoeffer-Straße, das Kalte Tal ab der Wilhelm-Brandes-Straße inklusive der Bahnhofsstraße, die Dr.-Heinrich-Jasper-Straße ab der Hohen Brücke stadteinwärts, die Lange Straße ab de Aral Tankstelle Stadteinwärts, die Cranachstraße inklusive der Ludwig-Richter-Straße und die Friedrich-Wilhelm-Straße. Der Antrag stellt ebenfalls die Fahrradschutzstreifen infrage und bezeichnet diese als "verkehrskritisch". Ziel sei es insbesondere, die Gefahr für Schulkinder zu senken.

Für Autofahrer nicht vermittelbar


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Der FDP-Mandatsträger Pierre Balder. Foto: regionalHeute.de



Gleich eingangs positioniert sich der FDP-Mandatsträger Pierre Balder gegen den Antrag - laut dem Ausschussmitglied würde eine Geschwindigkeitsbegrenzung am konkreten Fahren nicht viel ändern. "Was mich sehr verwundert ist, dass auf den Ausfallstraßen auch Tempo 30 ausgewiesen werden soll, das ist doch für die Autofahrer gar nicht vermittelbar. Entweder die Straßen sind verstopft und man fährt ohnehin langsam oder sie sind frei und keiner versteht, warum man da 30 fahren soll", so das FDP-Ausschussmitglied weiter und ergänzt, dass dann natürlich auch die Busse schlechter vorankämen. Stefan Brix von den Wolfenbütteler Grünen stellte zunächst erfreut fest, dass die CDU nun offenbar die Anträge der Grünen stelle.Dennoch halte man die Überprüfung des Neuen Weges für wenig aussichtsreich, da es sich dabei um eine Bundesstraße handele. Zusammenfassend wünsche man sich bei den Grünen aber eine einheitliche 30-Zone in der Okerumflut ohne Schilderwald.

Warum nicht das gesamte Stadtgebiet?


Dem SPD-Ausschussvorsitzenden Uwe Kiehne geht der Antrag nicht weit genug: "Warum gerade diese Straßen? Das gesamte Stadtgebiet sollte geprüft werden - einzelne Straßen herauszupicken halte ich für kontraproduktiv." Manuela Buschner, Abteilungsleiterin der Stadt im Bereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung versetzt den Plänen einen Dämpfer. Grundsätzlich gehe es immer um die Frage nach einer 30-Zone oder einem sogenannten Streckenverbot - also eine Beschilderung für einen bestimmten Straßenzug oder einen gesamten Bereich: "Für ein Streckenverbot bräuchten wir eine qualifizierte Gefahrenlage. Die Straßenverkehrsordnung sieht Prävention da nicht vor", laut der Abteilungsleiterin müssten Nachweise erbracht werden, dass die Unfallrate 30 Prozent über der einervergleichbaren Straße liege, um ein Streckenverbot zu begründen. "Unsere Prüfungen solcher Fälle waren immer sehr intensiv, wir können da wieder einsteigen. Aber eine qualifizierte Gefahrenlage wäre die Grundlage dafür und die haben wir glücklicherweise nicht."

EinBürgermitglied des Ausschusses, Andreas Bäumann, bringt den Lärmschutz ins Spiel: "Vor diesem Gesichtspunkt sollte man zeitlich begrenzte Geschwindigkeitsbeschränkungen einführen. Es scheint ja wirklich über alle Fraktionen hinweg Bedarf zu bestehen, das wohlwollend zu prüfen." Lärm auf dem Neuen Weg sei gerade Nachts ein Thema: "Es muss in meinen Augen nicht sein, dass da Laster mit 50 km/h durchbrausen", so das Bürgermitglied abschließend. Manuela Buschner erklärt, dass es sich hier um einen anderen Themenbereich handele: "Hierfür ist die Lärmaktionsplanung Grundlage. Ob da Maßnahmen bei rauskommen, wird sich ergeben." Das Bürgermitglied Thilo Neumann findet, dass sich der Antrag auf den Rosenwall reduziere: "Das ist die einzige Straße in dem Gebiet, auf welcher ohne Probleme Tempo 30 eingerichtet werden könnte."

Grüne kritisieren Hartleibigkeit und Buchstabentreue


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Das Grüne Ausschussmitglied Stefan Brix. Archivfoto: Förster Foto: Max Förster



Das Grüne Ausschussmitglied Stefan Brix wirkt am Ende der Diskussion zwischen den Ausschussmitgliedern und den Verwaltungsvertretern eher ernüchtert: "Ich muss leider feststellen, dass die Wolfenbütteler Verwaltung ausgesprochen hartleibig und buchstabentreu an die Umsetzung von Tempo 30 Zonen herangeht. Möglicherweise wie keine andere Stadt, die ich bisher in Deutschland bereist habe", so das Fazit des Grünen. "Was wir uns in der Wolfenbütteler Innenstadt dadurch antun, dass wir nicht bereit sind eine 30-Zone mit gerade einmal 1,3 Kilometern Durchmesser auszuweisen kann man sich jeden Tag ansehen, wenn man an den zahlreichen Schildern vorbeifährt", argumentiert Brix. "Viele Dinge, die wir uns aufgrund der buchstabengetreuen Auslegung der Straßenverkehrsordnung leisten, sind der Gesamtgestaltung der Stadt abträglich - aber wir tun es trotzdem."


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