Zur Stunde debattiert der Landtag in Hannover über den Haushalt. Wir veröffentlichen die Reden nach Posteingang im Original-Wortlaut (ungekürzt und unkommentiert):
Die Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Niedersächsischen Landtag Björn Thümler
Einbringung des Haushaltsgesetzes
– Es gilt das gesprochene Wort –
I. Ausgangslage Wirtschaftskrise
Niedersachsen hat die Finanz- und Wirtschaftskrise aus dem Jahr 2009 erfolgreich überwunden.
- Mit Konjunkturprogrammen,
- mit dem Aufstockungsprogramm,
- mit der Initiative Niedersachsen
haben wir die richtigen wirtschafts- und finanzpolitischen Akzente gesetzt.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise weitete sich 2010 im Zuge einer neuen Welle zu einer öffentlichen Schuldenkrise und zu einer Krise des Euros aus. Deutschland und Niedersachsen brauchen auch weiterhin einen starken Euro. Wir stehen zu unserer Europäischen Währung.
Schon heute können wir dem wichtigsten Lehren aus der Krise zur Kenntnis nehmen:
- Nur die Soliden bleiben stark!
- Nur die Soliden können in der Not Kräfte mobilisieren.
Wir haben wichtige Investitionen vorgezogen und deutliche Akzente gesetzt.
Unsere Selbstverpflichtung ist klar: Wir betreiben solide und seriöse Politik für unser Land, der vorliegende Haushaltsentwurf zeugt davon.
Und wir sind sogar besser, als wir noch im Juli 2011 dachten. Während wir noch für den Europapokal planten, spielen wir jetzt in der Champions League.
Wir haben hier in Niedersachsen ganz exzellente Ergebnisse:
• In neun Landkreisen: Vollbeschäftigung!
• Jugendarbeitslosigkeit hat sich seit 2005 mehr als halbiert; niedrigsten Stand seit 1998.
• Anstieg des IHK-Konjunkturklimaindex auf den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre bestätigt dies.
• Steuermehreinnahmen
• Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorjahr + 3,4 Prozent.
Deshalb haben wir jetzt den Haushalt an diese guten Zahlen angepasst. Und egal nach welche Auffassung gilt: Unser Haushalt ist verfassungsgemäß!
Juristische Elfenbeinturmdiskussionen interessieren uns nicht. Hier im Niedersächsischen Landtag machen wir Haushaltspolitik und nicht, wie Sie, Herr Schostok, vor dem Staatsgerichtshof.
Dass Sie kein Interesse an einem stabilen und soliden Landeshaushalt haben, haben Sie bei den letzten Haushaltsberatungen eindrucksvoll bewiesen!
II. Schuldenbremse
Der Blick nach in andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union führt es uns vor Augen: Die uferlose Verschuldung der öffentlichen Haushalte muss ein Ende haben!
Nach gelungener Überwindung der Krise dürfen wir uns aber nicht zurücklehnen. Die guten Wirtschaftsdaten dürfen uns nicht zum bequemen Sessel verführen.
Nein, wir müssen heute die Grundlagen für den Aufschwung von morgen legen.
Richtig, wir müssen jetzt unsere Staatsfinanzen in Ordnung bringen.
Langfristiges Denken und Nachhaltigkeit müssen wieder die bestimmenden Pfeiler werden – auch der Politik. Deswegen wollen wir die Schuldenbremse für unsere Niedersächsische Verfassung.
Die Schuldenquoten von Bund und Ländern sind in den letzten vier Jahrzehnten so eklatant gewachsen, dass wir alle gemeinsam dies nicht mehr tatenlos hinnehmen können. Das ist verantwortliche Politik, meine Damen und Herren.
Dass wir in Deutschland Bremsen einführen, ist übrigens nicht neu:
• 1895 die Rücktrittsbremse, später als Sachs-Bremse bekannt.
• 1901 die Trommelbremse von Wilhelm Maybach.
• Und nun 2011, 100 Jahre später, führen wir die Niedersächsische Schulden-bremse ein.
Was wir aber nicht brauchen, sind sozialdemokratische Bremsen in diesem Land!
Ihre Bremsspur hinterlässt nichts als finanzpolitischen Abrieb auf dem Asphalt zu einem ausgeglichenen Haushalt.
Folgende vier Punkte sprechen aus unserer Sicht für die Einführung einer Schuldenbremse:
1. Mit unserer Schuldenbremse gehen wir von dem bisherigen Grundsatz ab, stets so viele Schulden machen zu dürfen, wie wir investieren!
Deswegen wollen wir bereits 2017 ohne neue Schulden auskommen – nicht erst 2020, wie uns das Grundgesetz vorschreibt. Für das Jahr 2017 legen wir dann den ersten Haushalt ohne Neuverschuldung vor. Das verpflichtet uns weiterhin, seriös, nachhaltig und verantwortlich mit unserem Haushalt umzugehen!
2. Schuldenbegrenzung ist schlichtweg gerecht für die nachfolgenden Generationen. Allein die Zinslasten sind eine schwere Hypothek und nehmen uns in Zukunft die Luft zum Atem. Zinszahlungen statt Zukunftsinvestitionen sind die Folge. Das können und wollen wir nicht hinnehmen!
3. Denn: Schuldenbegrenzung ist kein Selbstzweck, sondern eine verfassungsrechtliche Verpflichtung. In der Übergangszeit ist es unsere Aufgabe, den Haushalt in Ordnung zu bringen.
Wir wollen dadurch Spielräume für wichtige Zukunftsinvestitionen zum Beispiel in Bildung, Familie und Infrastruktur schaffen.
4. Die neuen Regelungen zur Begrenzung der Neuverschuldung gelten ausschließlich für das Land. Hieraus folgen keine Veränderungen für die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen. Weder gilt die „Schuldenbremse“ für die Kommunen, noch greift diese in die bestehenden Regeln des kommunalen Finanzausgleichs ein.
Die Schuldenbremse wurde 2009 nach dem Vorschlag von Struck und Oettinger beschlossen. Auch wir sollten so konstruktiv zusammenarbeiten. Dann können wir gemeinsam die Schuldenbremse noch im November beschließen.
Bis heute drücken Sie, Herr Schostok, sich vor einem klaren Bekenntnis zur Schuldenbremse.
• Sagen Sie klar, ob Sie eine Schuldenbremse wollen.
• Sagen Sie klar, ab wann die Schuldenbremse greifen soll.
• Sagen Sie klar, unter welchen Voraussetzungen Sie unseren Vorschlag unterstützen.
Dieses ständige Hü und Hott der SPD in dieser Frage ist schlicht unerträglich und wird der Sache nicht gerecht. Unser gemeinsames Ziel muss doch sein: Wir verlassen den Gipfel des Schuldenberges. Ob wir nun die rote oder die schwarze Piste wählen, ist unerheblich, Hauptsache wir kommen gemeinsam im Tal an.
Der sozialdemokratische Weg, bis 2019 kräftig zu investieren und ab 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, ist höchstens eine Huckelpiste.
Er wird so nicht funktionieren.
Wir nehmen den geraden Weg von Emden nach Hann. Münden. Sie fahren über Garmisch-Partenkirchen.
III. Doppelhaushalt
Der Doppelhaushalt 2012 / 2013 ist Ausdruck der stabilen Zukunft und Ausdruck unserer besonderen Ernsthaftigkeit sowie unseres soliden und seriösen Handelns.
• Wir bauen die Schulden schrittweise ab.
• Wir konsolidieren unseren Haushalt nicht nur kurzfristig, weil es gerade tagespolitisch „in“ ist.
• Nein, wir konsolidieren den Haushalt langfristig.
Schwerpunkte des Haushaltes 2012 / 2013 sind Bildung und Infrastruktur:
• Allein 2012 investieren wir knapp fünf Milliarden Euro in die Bildung.
• Mit einer Erhöhung um zehn Prozent stehen nunmehr knapp drei Milliarden Euro dafür im Haushalt für Wissenschaft und Kultur bereit.
• Im Bereich der Landesstraßen werden für die Jahre 2012 und 2013 die Gelder jeweils auf rund 103 Millionen Euro für den Betrieb, die Unterhaltung sowie den Um- und Ausbau erhöht.
Weitere Informationen unter:
http://www.cdu-fraktion-niedersachsen.de/themen/niedersachsen-ohne-neue-schulden-ab-2017-82.html
Rede des Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Stefan Schostok
Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2012 und 2013
-Es gilt das gesprochene Wort-
Anrede,
der soeben vom Finanzminister eingebrachte Haushalt 2012/2013 ist der letzte schwarz-gelbe Haushaltsentwurf dieser Landesregierung, den wir hier in diesem Hause diskutieren müssen!
Es ist ein ideenloser und ein stümperhafter Haushalt.
Dieser Haushaltsentwurf ist der Beleg für eine ausgebrannte Regierungsmannschaft – und das ist auch kein Wunder, denn diese Regierung ist einem desolaten Zustand. Ich werde Ihnen benennen, warum die SPD-Fraktion zu diesem Urteil kommt, ja kommen muss. Schauen wir uns diese Regierungstruppe doch einmal genauer an: Angeblich sollen ja nach der großen Kabinettsumbildung mehrere vermeintliche Hoffnungsträger unter ihnen zu finden sein: da wäre…
Ihr Hoffnungsträger Nummer 1, der Kultusminister Herr Althusmann. Er scheitert mit sei-nem Ansatz einer ideologiefreien Schulpolitik – dem angeblichen Schulfrieden – am Koalitionspartner FDP und an den philologenhörigen Bildungspolitikern der eigenen Fraktion. Seine Oberschule kann nur mit besonderen Wohltaten wie geringerer Unterrichtsverpflich-tung für Lehrkräfte oder einer besseren Ganztagsausstattung gegenüber allen anderen Schulen etabliert werden. Mehr als 550 zusätzliche Lehrer kostet dieses Modell den Landeshaushalt oder anders ausgedrückt: lässt sich diese Landesregierung das angebliche Erfolgsmodell kosten. Dafür zahlen müssen andere Schulformen, indem sie z.B. keine Ganztagsausstattung mehr erhalten.
Die Staatsanwaltschaft tummelt sich auch im Ministerium ihres Hoffnungsträgers Nummer 1 wegen der Honorarverträge an Ganztagsschulen, und eigentlich beschäftigt ihn ja im Moment noch intensiver die Prüfung seiner Doktorarbeit.
Ihre Hoffnungsträgerin II, Sozialministerin Frau Özkan, reiht Flop an Flop. Sie verwechselt in ihrer Politik häufig die Bausteine für die Begründungen ihrer politischen Kapriolen. Sie schafft gerade die Integrationsbeauftragte mit der fadenscheinigen Begründung ab, Kommissionen seien bessere Ansprechpartner für die Betroffenen. Kurz vorher lehnt sie aber noch eine Kinderschutzkommission ab. Mit der Begründung: ein Beauftragter sei besser für die Betroffenen. Ja, was gilt denn nun, Frau Özkan?
Und da war ja noch die dritte Hoffnungsträgerin, die Landwirtschaftsministerin Frau Gro-telüschen! Wer erinnert sich noch an sie? Auch sie ist grandios gescheitert.
Der AKW-Minister Herr Sander, ihr “Leichtwasserreaktor“ klebt an seinem Sessel und muss tagtäglich auf die neue Linie der Energiepolitik gezwungen werden, damit er dem
geschmeidig umsteuernden Ministerpräsidenten nicht “den Brennstab“ zwischen die Füße wirft.
Und der Wirtschaftsminister Herr Bode fördert munter Betriebe nach dem „Prinzip gusto“ – nicht nach den Zielen Innovation und Arbeitsplätze. Er legt sich deswegen mit dem Landesrechnungshof an und muss dann unter großem öffentlichen Druck doch zurückrudern. Wahrscheinlich hat er gedacht: ´Was der Walter kann – kann ich schon lange´. Minister Hirche hat es ja bekanntlich sogar fertig gebracht, im Fall der CEMAG-Förderung seine eigenen Verstöße gegen die Erlasslage im Nachhinein auch noch selbst zu legalisieren. (Auf das Thema Wirtschaftsförderung komme ich später noch mal zurück.)
Und allen voran marschiert der Ministerpräsident Herr McAllister, dem im Interview schon mal rausrutscht: Was er nach 2013 mache, wisse er noch nicht.
Und Sie, Herr McAllister, sagen, Sie haben alles im Griff. Sie haben nichts im Griff, nicht einmal mehr die Angst vor den Landtagswahlen! Ihre Panik wird durch Umfragewerte und das Kommunalwahlergebnis noch gesteigert.
Wer panisch agiert, macht Fehler, und Sie machen viele Fehler. Wer die Macht so liebt wie Sie, macht noch mehr Fehler. Und wer glaubt, die Macht gepachtet zu haben, macht Stockfehler.
Einbringung des Doppel-Haushalts
Da kann man schon mal auf die Nase fallen, wie bei Ihrem Versuch, die “kleine Schulden-bremse“, die es jetzt schon im Artikel 71 der NV gibt, mit einem schwachen Verfassungskommentar auszuhebeln. Die Quittung haben Sie bekommen:
Drei Gutachten vernichten diese unhaltbare Rechtsauffassung – der Ministerpräsident bricht ein und lässt den Finanzminister im Regen stehen. Jetzt wird der Haushalt nachge-bessert.
Was haben Sie eigentlich für ein bedenkliches Verfassungsverständnis, testweise mal einen nicht verfassungsgemäßen Haushalt einzubringen?
Verwenden Sie ihre Energie lieber darauf, sich Gedanken zu machen, wie ein Konzept für eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik aussehen könnte, wie mit Konsolidierung und Einnahmeverbesserungen auch in Zukunft die von der Verfassung vorgegebenen Staatsziele erreicht werden können und wie die Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben möglich ist.
Stattdessen gefällt sich der Finanzminister darin zu schwadronieren: Die Mittelfristige Finanzplanung nutze er als Unterlage für wackelnde Tische. Bei ihnen wackeln aber nicht nur die Tische!
Ihre gesamte Regierungs- und Zukunftspolitik ist wackelig:
Ihre Bildungspolitik kann den von IHK und HWK beklagten Fachkräftebedarf nicht auffan-gen, sie verschärft ihn sogar. Jahr für Jahr fehlen in unserer Wirtschaft aufgrund der de-mografischen Entwicklung mehr Qualifizierte und hochqualifizierte Beschäftigte. Und sie tun nichts dagegen. – Im Gegenteil, die letzte Pisa-Studie bescheinigt dem Land, dass es seine Bildungsreserven nicht ausschöpft, weil Kinder aus bildungsfernen Schichten nicht genügend gefördert werden. Hier trifft sich übrigens die Forderung der SPD nach mehr Chancengleichheit mit den Interessen der Wirtschaft. Diese Landesregierung beharrt aber stur auf ihrer alten Bildungsideologie.
Niedersachsen ist Schlusslicht bei der frühkindlichen Bildung. Die Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren liegt bei schlechten 16,5 Prozent. Der zweite Evaluationsbericht zum Kinderfördergesetz der Bundesregierung sowie zur Untersuchung “Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 bis 2013“ der Universität Köln bestätigte unsere Kritik und unsere Befürchtungen, dass Niedersachsen beim Ausbau der Kinderbetreuung auch weiter Schlusslicht bleibt. Sowohl die bisherige Ausbaugeschwindigkeit als auch die Finanzie-rungsplanung sind nicht ausreichend. “Selbst bei äußerster Anstrengung“ sei das 35%-Ziel gar nicht mehr erreichbar, sagt die Untersuchung.
Deshalb fordern die Eltern in diesem Land von Ihnen einen Masterplan zum Ausbau der Kinderbetreuung und ein Finanzierungskonzept. Auf diese Herausforderung sind Sie aber so wenig vorbereitet wie auf die Probleme in den Schulen!
Um eine Unterrichtsversorgung von 100 Prozent zu erreichen, sind nach bisherigen Berechnungen des Kultusministeriums für 2012 rund 1050 Stellen notwendig. Der größte Teil davon wird aber durch die Ausgleichsphase des verpflichtenden Arbeitszeitkontos aufgezehrt. Allein 700 Stellen sind dafür notwendig. Die Differenz von rund 350 Stellen muss das Kultusministerium aus dem eigenen Haushalt selbst erwirtschaften. Bei einer erneuten gleichzeitigen globalen Minderausgabe von 105 Mio. EUR bleibt da für eine Steigerung der Qualität in Kindertagesstätten und Schulen nicht viel Geld übrig.
Deshalb kann es auch keine Erhöhung der Mittel für die Ganztagsschulen geben, obwohl es immer mehr bewilligte Ganztagsschulen gibt. Die Folge: nur ein Drittel der bestehenden Ganztagsschulen ist vollständig mit Lehrerstunden ausgestattet. Die anderen erhalten
entweder nur einen begrenzten Zusatzbedarf oder haben keine Ausstattung. So kann man sogar die Qualität einer pädagogisch sinnvollen Schulform in den Keller fahren.
Was in Kindertagesstätten und der Schule beginnt, setzt sich bei den Hochschulen fort. Das Bildungsvorhaben der Offenen Hochschule nimmt die Landesregierung nicht ernst, es wird finanziell schlecht unterlegt und zwar erneut nur mit 800.000 EUR. So kann die Studierendenquote nicht gesteigert werden. Ein effektiver Korridor für den Übergang vom dualen System zur Hochschule und Fachhochschule sieht anders aus.
Ihre Studiengebühren tragen mit dazu bei, soziale Barrieren zu errichten. Unsere Position zu den Studiengebühren ist klar. Wir werden sie abschaffen und mit den Hochschulen stattdessen als Kompensation für die wegfallenden Studiengebühren einen “Pakt für gute Lehre” abschließen. Damit fallen dann nebenbei auch die Kuriositäten bei der Verwendung der Gebühren weg: Sie werden zum Teil für die Pflasterung einer Mensa und eines Hauptgebäudes oder für die Sanierung von Parkplätzen verwendet. Was hat denn das mit guter Lehre zu tun?
Jetzt nochmal zur Wirtschaftsförderung: Im Frühjahr hat der Landesrechnungshof die Wirtschaftsförderpraxis des Landes stichprobenartig untersucht und dabei eklatante und skandalöse Fehlentwicklungen festgestellt. Das Konsenspapier zwischen Wirtschaftsministerium und Landesrechnungshof nimmt Minister Bode an die Kandarre. Das Papier ermöglicht, dass wir jetzt endlich an der nötigen Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung arbeiten können: Wir müssen hin zur Innovationsförderung und der Förderung wichtiger Infrastrukturprojekte. Wir müssen weg von Zuschüssen und hin zu Darlehen.
Die Haushaltswirklichkeit ist jedoch eine andere: Das Selbstabschaffungsprogramm der FDP macht auch vor dem Wirtschaftsetat keinen Halt!
Das Ausgabevolumen des MW sinkt laut Haushaltsentwurf und Mittelfrist-Planung von 1,64 Mrd. EUR in 2011 auf 1,29 Mrd. EUR im Jahr 2015. Der Eigenanteil des Landes am Wirtschaftsetat sinkt von 31% im Jahre 2011 kontinuierlich ab. Minister Bode muss bluten und ist selbst macht-, ideen- und konzeptionslos!
Die Landesregierung kündigte eine “Sanierungsoffensive Straßenbau“ an. Reine Investi-tionen in Landesstraßen sind 2012 und 2013 jeweils 81 Mio. EUR. Die Mittel reichen allerdings nicht aus, um das “Landesvermögen Straßenbau“ nachhaltig zu sichern. Um den Investitionsrückstand aufzuholen, ist mehr nötig. Schon 2007 sprach der Landesrechnungshof vom Verschleudern von Landesvermögen durch Nichtstun im Straßenbau. Minister Bode suggerierte nachhaltige Investitionen, indem er im Weser Kurier (7.9.2011)
davon sprach „Die Bagger auf den Landstraßen bleiben draußen und arbeiten weiter“. 2014 sinken die Mittel laut MiPla aber wieder auf 75 Mio. EUR. Sie wollen Niedersach-sens Straßen weiter verrotten lassen. Substanzerhalt sieht anders aus!
In der Vorbemerkung der Mittelfrist-Planung sprechen McAllister und Möllring davon, dass die Landesregierung “mit innovationsfreundlicher Wirtschaftspolitik zu einem stabilen Wachstum von Wirtschaftsleistung und Wohlstand“ beiträgt. Zugleich warnt die OECD in einer Studie aus diesem Monat vor einem Einbruch der deutschen Konjunktur im zweiten Halbjahr. Träfe die Prognose ein, wäre Deutschland im Winter das Schlusslicht der großen Industrienationen.
Ich frage Sie: Wie wollen Sie der Entwicklung entgegen treten? Denn real haben sie kein Konzept für eine innovative Wirtschafts- und eine ökologische Industrie- und Strukturpoli-tik. Diese ernüchternde Erkenntnis gibt der Haushalt: Schauen wir uns die Innovationsför-derung, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen an. Sie sinkt von 14,5 Mio. EUR im Jahr 2011 auf etwa 10 Mio. EUR im Jahre 2012, das sind 30% weniger!
Sie sind hier genauso blank wie bei so wichtigen Leitmärkten wie der maritimen Verbund-wirtschaft!
Dort sinken die Investitionsmittel für Häfen und Schifffahrt von 53 Mio. EUR (in 2011) über 35 Mio. EUR (2012) bis auf 23 Mio. EUR (2015).
Jetzt werden Sie sicherlich darauf verweisen, dass sich in den nächsten Jahren die Ein-nahmesituation weiter verbessern wird, und dass dann alle diese Zukunftsinvestitionen nachgeholt werden könnten.
Auch hier versuchen Sie wieder zu bluffen. Ein ernsthaftes Konzept haben Sie nicht. Stattdessen betreiben Sie – übrigens genauso wie bei Ihren grandiosen Prognosen zum Schuldenabbau – eine “Einnahmepolitik by Lineal“.
Bei den Einnahmen wird das Lineal beim Ist-Zustand angelegt und eine gerade Linie nach oben gezogen. Beim Schuldenabbau ziehen Sie diese Linie gerade nach unten.
So geht das aber nicht! Schon einmal wurde Ihnen dieser schlichte Wunsch von der Rea-lität verhagelt. Aber Sie lernen nicht dazu.
Für die aktuelle Wirtschaftsentwicklung gehen von dieser Regierung keine Impulse aus:
Das stabile Wachstum könnte schneller instabil werden als die Landesregierung annimmt. Das Statistische Bundesamt spricht am 1.9.2011 davon, dass sich die Dynamik der deut-
schen Wirtschaft nach dem schwungvollen Jahresauftakt deutlich abgekühlt habe. Schon am 16. August teilte es mit, dass das BIP im zweiten Vierteljahr 2011 lediglich um 0,1% höher als im ersten Vierteljahr ist. Was aber macht die Landesregierung? Sie trifft keine Vorsorge für eine mögliche wirtschaftliche Abkühlung, ihre Annahmen beruhen auf zu optimistischen Annahmen, oder sie täuscht uns absichtlich mit ihren Zahlen.
Alles was helfen könnte, die wirtschaftlichen Bedingungen zu verbessern, wird von der Landesregierung verschlafen:
1. Eine Fachkräfteoffensive könnte Weichen für Wachstum und Wohlstand stellen.
2. Die Schaffung guter Beschäftigungsverhältnisse, Beschränkungen in der Leiharbeit, die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns würden Kaufkraft und den Bin-nenmarkt stärken, und damit auch die Staatseinnahmen durch Steuern und Sozialversicherung erhöhen.
DGB und die Wirtschaftsverbände haben hier Recht und für die Menschen wäre dies auch bessere Politik.
Sie gehen fahrlässig mit dem großen Potenzial des Landes Niedersachsen um, Sie stabilisieren die Konjunktur mit dem Wirtschaftsetat keineswegs. Im Gegenteil. Ihr Haushalt ist ein Konjunktur-Dastabilisierungsprogramm!
Energiewende: Sie, Herr McAllister sagten dazu am 29. Juni hier an dieser Stelle:
“Das wird einen tiefgreifenden Umbau unserer Energieversorgung nach sich ziehen. Die Landesregierung ist bereit, diesen Kurs nachhaltig zu unterstützen“.
Wir hören starke Sprüche des MP, finden aber keinen Cent mehr Geld dafür im Haushalt:
Im Wirtschaftsförderfond des MW werden an das MU für den ökologischen Bereich Ener-gie Jahr für Jahr nur 7 Mio.EUR zugeführt. Keine Steigerungen zu finden. Aus diesem Topf sind also für die Energiewende und eine dringend notwendige ökologische Industriepolitik keine Innovationsschübe zu erwarten! Vor allem der Mittelstand und das Handwerk wollen aber dringend wissen, welche Rolle sie in Fragen der Energie- und Rohstoffeffizienz spielen sollen, wie sie sich im nationalen und internationalen Wettbewerb sicher aufstellen sollen. Beschäftigungsorientierung sieht anders aus!
Die Energiepolitik der Zukunft muss nach der Prämisse “Erneuerbare Energien und Ener-gieeffizienz“ ausgerichtet werden.
Es stimmt, wir haben Risiken bei der Energiewende: Der Industriestandort Niedersachsen darf nicht gefährdet werden. Ein Beschäftigungspakt für Arbeitnehmer aus der Energiebranche ist unerlässlich.
Aber wir haben auch enorme Chancen: Die regionale Wertschöpfung durch die Branche der Erneuerbaren Energien, z.B. durch neue Arbeitsplätze, neue Energieverteilungstruktu-ren, die Entwicklung von klein- und mittelständischen Unternehmen bieten herausragende Chancen für eine Stärkung der kommunalen Ebene. Stadtwerke sind essenzielle Partner in den Regionen, um die Energiewende vollziehen zu können. Wettbewerbsgleichheit ist nach Ihrem Ausflug in die Laufzeitverlängerung nun endlich angesagt.
Für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien muss die Forschungslandschaft stärker zusammengeführt und gebündelt werden. Als besondere Schwerpunkte müssen Stromspeicher und Transporttechnologien und die Energie- und Ressourceneffizienz an-geschoben werden. Gerade für unsere KMU und das Handwerk bestehen hier große Beschäftigungspotentiale. Unsere mittelständischen Unternehmen sind Ausbilder und Kompetenzträger für die Themen Energieeffizienz und Ernährungswirtschaft. Wir könnten Energieland- und Energieforschungland Nr. 1 werden, aber nicht so, wie Sie das angehen!
Auch in der Sozialpolitik stehen wir vor großen Herausforderungen, sei es bei der Inklusion, in der Pflege oder der offensiven Integration von Migranten. Aber auch hier haben Sie keine Linie.
Im Bereich der Behindertenhilfe haben Sie nach der Nullrunde im vergangenen Jahr nun eine Erhöhung der Mittel um 3 %, also ca. 82 Mio. EUR vorgesehen. Man sollte aber wis-sen: Die Erhöhung kompensiert gerade einmal die in 2012/2013 zu erwartenden erhöhten Personal- und Mehrausgaben der Einrichtungen. Die negativen Auswirkungen der Null-runde aus 2011 werden dadurch nicht aufgehoben.
Ich muss hier auch erwähnen, dass seitens der Landesregierung keinerlei Anstrengungen abgebildet sind, die durch die UN-Behindertenrechtskonvention und das damit verbun-dene Recht auf Inklusion anstehenden Herausforderungen anzunehmen. Selbst ein Ein-stieg findet sich nicht im Einzelplan 5. Die Landesregierung negiert sogar die Notwendig-keit, das Nds. Behindertengleichstellungsgesetz mit Blick auf die UN-BRK und Inklusion weiterzuentwickeln.
Die Pflege ist in Niedersachsen in einer absolut unbefriedigenden und angespannten Si-tuation. Von “Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe“ kann bei den von Ihnen vorgese-henen Maßnahmen nicht die Rede sein. Das nennt man landläufig einen Taschenspieler-trick! Ihre Trickserei geht sogar weiter. Hier sind über die Jahre ständig Mittel gekürzt und dann wieder als neue Programme eingestellt worden. Der von Sozialministerin Özkan angekündigte Pflegepakt mit den Verbänden ist durch die schon von ihrer Vorgängerin eingestellten Mittel (6,5 Mio. EUR) für die “Attraktivitätssteigerungen“ abgedeckt: Die Ver-bände sollen auch noch den Pakt aus eigenen Mitteln selbst bezahlen!
Im Integrationshaushalt läuft alles wie bisher. 2,6 Mio. EUR stehen zur Verfügung. Die Abschaffung der Position der Integrationsbeauftragten hat zwar keine haushalterischen Auswirkungen, aber gravierende politische Folgen schon. Die Proteste aus den Verbänden sind verständlich. Das stärkt auch nicht das Vertrauen, wenn eine unabhängige Anlaufstelle abgeschafft wird und an ihre Stelle ein zahnloser Beirat tritt, an der Spitze die Ministerin.
Nun zur konkreten Haushaltspolitik der Landesregierung:
Die Beschreibung der Haushaltspolitik der Landesregierung stimmt nicht mit der Realität überein.
Konsolidierung – im Doppelhaushalt 2012/13 wird nicht konsolidiert – genausowenig wie in den Vorjahren – bis auf die 2% Rasenmähermethode.
Planmäßig – ist nur die Rückführung der Kreditaufnahme – und geht nur mit dem Prinzip Hoffnung – Hoffnung auf die nächste Steuerschätzung. Die Halbwertzeit der haushaltspolitischen Aussagen der Landesregierung wird immer kürzer: Zum Haushalt 2011:
- Veräußerung von Vermögen: absolut unrealistisch, zurückgenommen.
- Begrenzung Tarifsteigerung, absolut unrealistisch, zurückgenommen.
- Zuschussmoratorium, zurückgenommen.
- Begrenzung der Ausgabensteigerung auf 1%, zurückgenommen, jetzt 1,6%, aber auch das ist nicht belastbar.
Das größte Problem ist laut Äußerung des Landesrechnungshofes das strukturelle Defizit von 1,5 Mrd. EUR im konsumtiven Bereich. Sie haben keinen Plan wie diese Lücke ge-schlossen werden soll!
Ihre Ansage, dass in Zukunft die Rücklagenbildung nicht mehr vorgesehen ist, zeigt, dass kein zeitlicher Zusammenhang mit der Diskussion um die Umsetzung der Schuldenbrem-
se besteht. Es liegt auch bis heute keine belastbare Mittelfrist-Planung vor, das ist Aufgabe der Landesregierung.
Die Schuldenbremse und ihre Auswirkungen müssen ernsthaft diskutiert werden, die Grundlage dafür wäre zunächst, dass Sie sich öffnen für eine ehrliche Bestandsaufnahme und offene Diskussion über eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik.
Für die SPD sieht nachhaltige Politik anders aus als ihre Tricks. Wir wollen konsolidieren und trotzdem Zukunftsinvestitionen sichern: Deshalb werden wir Einnahmen sichern und steigern. Mit der SPD gibt es keine Steuergeschenke mehr, sondern gerechte Steuern für die, die es sich leisten können.
Unsere inhaltlichen Schwerpunkte eines Zukunftsprogramms für Niedersachsen heißen: Aktiv den Strukturwandel in den Regionen und der niedersächsischen Wirtschaft beglei-ten, den Auswirkungen der Demografie nicht tatenlos zusehen, den Fachkräftemangel angehen, Investitionen in Bildung den Vorrang geben und mit einer aktiven Wirtschafts- und Strukturpolitik vernetzen und die Herausforderungen wie die der Energiewende als Wirtschafts- und Jobmotor annehmen.
Das ist Verantwortung vor dem Land und seinen Bürgerinnen und Bürgern.
Mit Schwarz-gelb geht das nicht, Sie sind handlungsunfähig, und bei der FDP ist Nicht-Handeln sogar Programm.
In Niedersachsen ist der Staat handlungsunfähig, die Kommunen fallen als Investoren aus. Sie verstricken sich im Klein-Klein Ihrer wenigen Maßnahmen, Ihnen und Ihrer Re-gierung fehlt die große Linie. Sie sind gescheitert.
Sie schauen nur auf den Wahltermin 2013, den Sie irgendwie überstehen wollen. Deshalb sparen Sie eine Kriegskasse für den Landtagswahlkampf an. Verantwortung vor dem Land ist für Sie ein Fremdwort. Machterhalt ist Ihr Credo.
Herr McAllister, Sie haben es selbst am Montag gesagt, Sie wollen, dass die CDU um jeden Preis an der Macht bleibt. Diesem Ziel ordnen Sie alles unter! Dafür nehmen Sie sogar einen Verfassungsbruch in Kauf! Sie täuschen, tarnen und tricksen und fügen dem Land damit Schaden zu!
Es ist wirklich bitter, Sie daran erinnern zu müssen, Herr Ministerpräsident. Ihr Eid verpflichtet Sie dem Wohle des Landes, nicht dem Wohl Ihrer ausgebrannten Koalition oder ihrer orientierungslosen Partei!
Rede Hans-Jürgen Klein (Grüne):
Anrede,
auch Regierungen haben Halbwertzeiten, die von schwarz-gelb war offensichtlich mit Ende der ersten Wahlperiode schon erreicht.
Ich habe keine Probleme neidlos anzuerkennen, dass Sie 2003/2004 in Sachen Haushaltskonsolidierung beeindruckend gestartet sind.
Die massiven Einschnitte bei den Personalkosten waren hochwirksam und dank der Boomjahre 2005 bis 2008 ließ sich auch der geplante Abbau der Nettokreditaufnahme darstellen.
Aber – Schwarz-gelb hat kein Durchhaltevermögen. Während der Bankenkrise ging Ihnen die Luft aus und 2009/10 hat der Finanzminister mit 4,6 Mrd. neuen Schulden regelrecht hyperventiliert.
Trotz rund einer Milliarde Euro Vermögensverzehr im Haushalt, trotz einer weiteren Milliarde, die Ende 2010 noch zur Verfügung stand, trotz Mehreinnahmen bei der Förderabgabe, trotz erneut erstaunlichen Zinseinsparungen, aber vor allem trotz sprudelnder Steuerquellen ist die Landesregierung im Jahr 2011 nicht in der Lage die hohe Nettokreditaufnahme von 1,9 Milliarden Euro abzusenken.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie gebärden sich als seien Sie die personifizierte Schuldenbremse. Konkret sind Sie diesem Ziel noch nicht einen Schritt näher gekommen.
Stattdessen machen Sie den “großen Maxe” und erklären, Niedersachsen würde die Schuldenbremse schon drei Jahre früher als erforderlich einhalten – eine Aussage die weder belastbar noch überprüfbar und schon gar nicht seriös ist.
Da müssten Sie schon mehr tun als ein paar zukünftig immer kürzer werdende Balken auf ein Blatt Papier zu zeichnen.
Natürlich war es auch nicht seriös, uns einen Haushaltsentwurf 2012 vorzulegen, der mit 1,6 Mrd. Nettokreditaufnahme die geltende Schuldenbremse in der Niedersächsischen Verfassung schlicht ignorierte und um 700 Mio. Euro überstieg.
Das war schlicht dreist – zu dreist, um damit durchzukommen.
Es hat schon was Tragikkomisches wie Sie Ihr Zurückrudern jetzt erklären:
Da verkündet der Kollege Thümler per Pressemitteilung, dass es der Landesregierung in vorbildlicher Weise gelungen sei, eine verfassungsrechtliche Diskussion um den Art. 71 der Niedersächsischen Verfassung zu vermeiden.
Herr Thümler, vielleicht haben Sie es nicht gemerkt, aber die Diskussion um die Verfassung wurde nicht vermieden sondern intensiv geführt.
Schon gleich nach der Haushaltsklausur der Landesregierung haben wir auf die Verfassungswidrigkeit Ihrer Pläne hingewiesen. Wir waren damit mit Ihnen im Ring.
Wahrscheinlich hätte Sie das Trommelfeuer der Opposition und des Steuerzahlerbundes – wie üblich – weitgehend unbeeindruckt gelassen. Da haben Sie ja Nehmerqualitäten.
Aber dann kam der linke Haken des Landesrechnungshofes. Der hat Sie ins Wanken gebracht.
Und schließlich die rechte Gerade des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Die ging voll auf die Zwölf und hat Sie auf die Bretter geschickt.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie sind KO in dieser Frage!
Mit überdurchschnittlichen Ausgabensteigerungen ist der Entwurf 2012 ein Wahlkampfhaushalt pur.
Es gibt keine Konsolidierungsbeiträge, die die künftige Einhaltung der Schuldenbremse vorbereiten – weder auf der Ausgabeseite noch auf der Einnahmeseite
Stattdessen wurden die Ressortkassen gefüllt für ein erquickliches und schmerzfreies Vorwahljahr.
Die Spiegelstrichliste der Wohltaten nach der Haushaltsklausur der Landesregierung umfasste mehrere Seiten
- Der Kultusminister wird mit Verkaufsprämien für seinen Ladenhüter Oberschule ausgestattet
- Frau Wanka bekommt einen Zuschlag von 10 Prozent für ihr Ressort
- Herr Bode darf die Luft-, Raum- und Schifffahrtindustrie verwöhnen
- Der Innenminister bekommt zwei neue Hubschrauber und Herr Busemann einen neuen Gefangenenbus für 500.000 Euro.
- Der Landwirtschaftsminister darf seinen Tierschutzplan vermarkten.
Für jeden und jede ist etwas dabei.
Anrede,
damit wir uns nicht missverstehen: Da sind natürlich auch einige politisch und sachlich unabweisbare Maßnahmen dabei. Und natürlich auch viel Wünschenswertes. Nur – wer erzählt denn seit Jahren, nicht alles was wünschenswert wäre, sei auch machbar? Wer betont in jedem zweiten Satz, dass Haushaltskonsolidierung oberste Priorität hat. Das sind Sie, meine Damen und Herren aus der Landesregierung und der Fraktionen von CDU und FDP.
Trotzdem ist es diese Landesregierung, bei der sich nicht ein konkreter Einsparungsvorschlag findet und auch die Bemühung um Einnahmeverbesserungen zur Verringerung des strukturellen Defizits von ca. 1,5 Mrd. Euro sind nicht zu erkennen.
An Ihren eigenen Maßstäben gemessen ist das ein Ungenügend – die Lücke zwischen Worten und Taten klafft unüberbrückbar auseinander.
Sie sind haushaltspolitische Hochstapler!
Anrede,
diese Landesregierung will die Menschen in Niedersachsen bis zur Landtagswahl nicht durch Lösungskompetenz und zukunftsfähige Politik überzeugen. Sie will sich das Wohlwollen erkaufen!
Deshalb musste sie tief in die Trickkiste greifen, um mit ihrem Ergänzungsentwurf in Bezug auf die Höhe der Neuverschuldung einen formal verfassungskonformen Haushalt vorzulegen.
Auch diese Aktion bringt uns einem ausgeglichenen Haushalt materiell an keinem Punkt näher.
Die formale Ausweitung der niedersächsischen Verschuldensgrenze per NordLB-Deal erfolgt mit einer Investitionen mit der das Land etwas kauft, was ihm längst gehört.
Jetzt sind die 280 Mio. Euro niedersächsischen Vermögens eine Stille Einlage; nach dem Deal ist es niedersächsisches Vermögen als Stammkapital. Der Unterschied ist allenfalls, dass die Rendite vorher höher war.
Damit die Rechnung aufgeht, wird mal eben der Investitionstopf um 30 Mio. Euro aufgestockt. Nach dem Motto: Uns wird schon noch etwas einfallen, wofür wir das Geld ausgeben können.
Das vorfällige Auszahlen des Kommunalen Finanzausgleichs verringert die Ausgaben für das Jahr 2012 aber erhöht sie 2011. Gesunder Menschenverstand nennt so etwas ein Nullsummenspiel.
Und dann ist da noch der Verschiebebahnhof der sogenannten Rücklagen. 638 Mio. Euro sind es jetzt für das Jahr 2012. Diese Rücklagen sind bekanntlich nicht benötigte Kreditermächtigungen aus Vorjahren. Zusammen mit der offiziellen Nettokreditaufnahme von 1,225 Mrd. Euro will die Landesregierung 2012 also knapp 1,9 Mrd. Euro neue Schulden aufnehmen.
Das entspricht etwa den Planungen von 2011. Der haushaltspolitische Konsolidierungsfortschritt ist Landesregierung ist also Gleich Null.
Anrede,
zu Ihrem Konstrukt des Doppelhaushaltes: wir lehnen diesen Doppelhaushalt ab: Mit wortreicher, aber aussageloser Lyrik versucht die Landesregierung zu vernebeln und das als zwangsläufig und sinnvoll darzustellen.
Die eigentliche Absicht ist aber mehr als durchsichtig. Das gesamtstaatliche Defizit, das im letzten Jahr über 43 Mrd. Euro betrug, liegt jetzt bei gut 7 Mrd. Euro. Die Zinsentwicklung ist explosiv, der demografische Handlungsbedarf steigt sprunghaft.
Die Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung haben derzeit die Qualität von astrologischen Vorhersagen. Das sind nur wenige Beispiele für die mangelhafte Belastbarkeit der Daten im Haushaltsplan 2013.
Wir werden die Zeit- und Ressourcenverschwendung einer so detaillierten Planung nicht unterstützen.
Wir sparen uns diese Zeit auf, um hier im nächsten Jahr die Initiative für einen Nachtragshaushalt vorzulegen, die die politischen Fehler der Landesregierung und unsere politischen Alternativen dazu aufgreift.
Wir werden Ihnen Änderungsvorschläge für ein Konzept machen, das die notwendigen Zukunftsinvestitionen in Bildung und Umweltschutz absichert!
Ein Konzept, das eine Neuverschuldung bis zur Höhe der niedersächsischen Verfassungsgrenze vorsieht; aber keine Inanspruchnahme von Rücklagen, die keine sind!
Wir werden in diesem Jahr auch auf Forderungen verzichten, die unter dem Finanzierungsvorbehalt steigender Einnahmen stehen, die erst noch auf Bundesebene initiiert werden müssen.
Um das zu erreichen, ist unsere Fraktion auch bereit, von unseren eigenen bisherigen Mehrkosten verursachenden Änderungsvorschlägen Abstriche zu machen und zeitliche Streckungen zu akzeptieren.
Allerdings sind wir nicht bereit, auf die hohen Steuermehreinnahmen dieses Jahres zu verzichten, um 600 Mio. Euro davon dauerhaft in einer Bank zu versenken.
Was soll daran zukunftsfähig sein?
Wir erwarten deshalb, dass dieses Geld zügig in den Landeshaushalt zurückfließt. Bei 215 Mio. Euro Gewinn, den die NordLB in diesem ersten Halbjahr gemacht hat, dürfte das auch kein Problem sein.
Wir brauchen dieses Geld für gute Kitas, gute Schulen und gute Hochschulen und nicht, um damit die Kreditierung von Schiffen und Flugzeugen zu unterlegen.
Unsere Prioritäten sind da eindeutig und klar
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