Jahresempfang der Stadt Wolfenbüttel - Sigmar Gabriel: "Herr Pink, Sie können zurecht stolz sein, auf Ihr Wolfenbüttel"

von Marc Angerstein




[image=5e1764cf785549ede64cd058]Mehr als 270 Gäste waren geladen und fast alle sind in die Lindenhalle gekommen. "Der Jahresempfang der Stadt Wolfenbüttel ist alljährlicher Treffpunkt von Menschen, die ihre Stadt und deren Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale prägen, durch ihr hohes eigenes Engagement gestalten, maßgeblich für die wirtschaftliche Stärke sorgen, uns politisch auf den anderen Ebenen des Staatswesens, des Kreises, des Landes, des Bundes vertreten, oder die uns einfach nur wohl gesonnen sind und uns unterstützen", so Bürgermeister Thomas Pink in seiner Begrüßungsrede.

 



[image=5e1764cf785549ede64cd059]Das Stadtoberhaupt sagte, der Jahresempfang der Stadt diene dazu, Spaß zu haben, Netzwerke zu entwickeln, zu pflegen, Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen sowie gute Gespräche zu führen. "Gute Gespräche bringen Veränderungen, positive Veränderungen für die Stadt und für uns alle."

[image=5e1764cf785549ede64cd05a]Anders als in Vorjahren sprach Pink nicht vertiefend über die ihn beschäftigenden Projekte wie  Lessing-Theater, Schwimmbad, Schulen, Holzmarkt, die zahlreichen Straßenum- und Neubauten, den ausgeglichenen Haushalt sowie eine insgesamt sehr gute wirtschaftliche Situation der Lessingstadt sowie über die Revitalisierung der Innenstadt und insbesondere der Fußgängerzone. Stattdessen erzählte er über Erlebnisse und besondere Situationen, die ihn aus den zurückliegenden Jahren seiner Amtsausführung nachhaltig in Erinnerung geblieben sind: "So wurde und werde ich häufig von Gästen dieser Stadt mit dem freundlichen Satz verwöhnt und geschmeichel `Herr Bürgermeister, Herr Pink oder Thomas, was haben Sie für eine wunderschöne Stadt!´ und sie schieben sofort ihre Begründung hinterher. Das wundervolle Fachwerkensemble mit 600 liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern, das Schloss, die freigelegten Kasematten, die Bibliothek, die Kirchen – unsere Hauptkirche, die Trinitatiskirche, die Johanniskirche, die herrlichen Parkanlagen um den Stadtgraben – mit der Ausflugsgaststätte, dem Stadtstrand im Osten des Gewässers. Es ist hier wirklich sehr schön!"

[image=5e1764cf785549ede64cd05b]Der Beobachter merkte, der Bürgermeister wusste, wovon er sprach. "Und wenn man dann bei den Gästen auch ein wenig über das moderne Wolfenbüttel berichtet, dann steht hier zum einen einer höchst eindrucksvollen Geschichte eine in hohem Maße entwickelten Innovationsfähigkeit, Wissenschaft und Lehre gegenüber. Es gibt sehr moderne Unternehmen und Institute, durch unsere Bibliothek und Hochschule auch ein ausgeprägtes internationales Leben, welches durch die Menschen, die vor zum Teil vielen Jahren oder Jahrzehnten hier ihre Heimat gefunden haben, komplettiert wird."

[image=5e1764cf785549ede64cd05c]Mit einer wahren rhetorischen Lobeshymne auf seine Stadt leitete Pink die Vorstellung der "ersten wahren Image- und Marketingkampagne" mit dem Titel `endlich zuhause´ ein.  Wolfenbüttel sei demnach ein Ort, in dem man gern zu Hause ist, weil es hier alles gibt, was man an öffentlicher Infrastruktur benötigt – von Kindergärten, Schulen, Freizeiteinrichtungen, Sport, Kultur – er nannte beispielhaft das Museum im Schloss, den Kultursommer, Aufführungen der Kleinen Bühne, des Kleinkunstkabaretts, Kuba-Museum und vieles mehr, von Senioreneinrichtungen, einem modernen Klinikum, von Naherholungsgebieten wie dem Harz, der Heide, dem Oderwald – ja auch der Asse!! –  in denen man spazieren gehen, joggen, Fahrrad fahren kann bis hin zu einem prosperierenden Oberzentrum ganz um die Ecke. Kleinere Erledigungen könne man dann auch im benachbarten Oberzentrum Braunschweig machen, fügte er ironisch hinzu.

[image=5e1764cf785549ede64cd05d]"Wir bieten beim Kauf städtischer Grundstücke einen Kinderrabatt an, aber auch wer nicht kaufen oder bauen möchte findet hier bei uns in Wolfenbüttel günstigen und bezahlbaren Wohnraum", verkündete der Bürgermeister stolz. "Hilfreich, aber nicht zwingend, wäre natürlich, wenn sie sich vorher im schönsten Standesamt Norddeutschlands das Ja-Wort gegeben haben. Und wenn dann der Nachwuchs erst einmal da ist, haben wir moderne Betreuungs- und Bildungseinrichtungen – sämtliche Schulformen in dieser Stadt, eine aufstrebende Hochschule mit exzellenten Studienbedingungen und ausreichend Ausbildungsplätze in den zahlreichen mittelständischen Unternehmen und Betrieben."

[image=5e1764cf785549ede64cd05e]Und damit war das Stadtoberhaupt noch nicht am Ende: "Auch unsere Senioren finden Hilfe und Unterstützung im Seniorenservicebüro, und in zahlreichen Wohn- und Pflegeinrichtungen, um auch weiterhin aktiv am Gemeinwesen dieser Stadt teilzunehmen, aber natürlich auch den individuellen Neigungen und Interessen nachgehen zu können. Und meine Damen und Herren, in einem Jahr wird eines der schönsten Theater dieser Region wieder der kulturelle Mittelpunkt unserer Stadt und auch darüber hinaus werden."

[image=5e1764cf785549ede64cd05f]Direkt im Anschluss ein weiterer Ausblick: "Im Frühjahr 2014 werden wir im Bereich der Okeraue – einem wunderschönen landschaftlichem Areal – unser neues Allwetterbad eröffnen, das im Wesentlichen ohne Fremdfinanzierung gebaut werden kann – ein Umstand, von dem andere Kommunen nur träumen können. Was natürlich auch wichtig ist: Alle namhaften Metropolen sind schnell zu erreichen – Hannover, Hamburg, Berlin, selbst Braunschweig ist nicht weit – sei es individuell oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln! Aber man kommt dann doch wieder gern zurück, nach Wolfenbüttel, weil man dann doch auch wieder der tagtäglichen Hektik dieser Metropolen entrinnen kann, eben weil man sich hier in Wolfenbüttel wohlfühlt und weil es sich hier gut leben lässt." Da Wolfenbüttel eine "sichere Stadt" ist (WolfenbüttelHeute.de berichtete), dankte Pink an dieser Stelle ausdrücklich der Polizei für ihre Arbeit.

[image=5e1764cf785549ede64cd060]Dem Bürgermeister war in seiner Rede bewusst, dass Eigenlob stinkt und dass ihm nach dieser dieser Rede "Schönfärberei" vorgeworfen werden könnte. Aber es könne niemand von ihm verlangen, "dass ich vor allem die in Summe übersichtlichen Probleme dieser wunderbaren Stadt in den Focus der Betrachtungen einer Rede zum Jahresempfang dieser Stadt rücke. Dennoch ich will es gar nicht verhehlen: Natürlich gibt es auch Defizite, Probleme – ich sage natürlich „Baustelle Innenstadt“ und vor allem das Thema Einzelhandel – aber eben nicht nur Einzelhandel und vor allem nicht die Reduzierung dieses Themas auf die Revitalisierung der ehemaligen Hertie-Liegenschaft." Pink vertrat die Auffassung, dass die Einzelhandelsbetreiber seiner Innenstadt die Hertie-Brache aber auch nicht als Entschuldigung für ihre eigenen Versäumnisse missbrauchen dürfen und legte damit verbal seinen Finger in die Wunde des unzureichenden Branchenmixes in der Fußgängerzone.

[image=5e1764cf785549ede64cd061]Er kündigte eine "Innenstadtwerkstatt" an, die zur Jahresmitte ihre Arbeit aufnehmen soll und möglichst unter breiter Bürgerbeteiligung die grundsätzlichen Zielsetzungen für eine moderne Innenstadt formulieren soll. "Mir ist bewusst, dass das ein anspruchsvoller, ein ehrgeiziger und ein zeitintensiver Prozess sein wird, aber Demokratie, kommunale Partizipation ist wichtig und nur unter Verzicht auf Freizeit zu erreichen! Und dieser Prozess ist nicht nur wichtig, sondern auch unumgänglich, damit wir diese Stadt noch weiter nach vorne bringen." Pink forderte den "Mut zur Veränderung", und appellierte an alle,  nicht so weiterzumachen wie bisher.

[image=5e1764cf785549ede64cd062]"Uns allen wird jeden Tag aufs Neue bewusst, dass wir quasi um die nächste Hausecke den größten Atom-Skandal Deutschlands – Stichwort Asse 2 – verortet haben, und wir wissen auch, dass dieses Thema über Jahrzehnte hinweg kein Glanzlicht der deutschen Kernforschungsgeschichte war. An Asse 2 haben sich alle, beginnend mit der ersten Einlagerung von atomaren Abfällen, bis in die jüngste Zeit versündigt, unabhängig von Parteizugehörigkeiten", so Pink, der seine Gäste animierte die im Foyer der Lindenhalle ausliegende Unterschriftenliste zu beachten.

[image=5e1764cf785549ede64cd063] Die von seinen Amtskolleginnen Regina Bollmeier und Ruth Naumann gemeinsam initierte Unterschriftenaktion, die ohne „wenn und aber“ von allen politischen Akteuren dieser Stadt unterstützt werde, soll dem Bundesumweltminister Norbert Röttgen bei seinem Besuch der ASSE noch in diesem Monat übergeben werden. Thomas Pink forderte Röttgen im Rahmen seiner Rede wiederholt auf, endlich für die Menschen in dieser Region etwas zu tun: "Handeln Sie gefälligst." Darüber hinaus warb er um die Teilnahme an der am 11. März stattfindenden Lichterkette, die auf die Atommüllproblematik aufmerksam machen soll.

[image=5e1764cf785549ede64cd064]Das dürfte dem SPD-Chef und seinen Wahlkreis besuchenden Bundestagsabgeordneten Sigmar Gabriel sehr gefallen haben. Er war der diesjährige Gastredner des Jahresempfangs. Er fände es gut, dass Röttgen nun nach zwei Jahren die ASSE besucht, aber Röttgen hätte früher kommen können, so der ehemalige Bundesumweltminister. Gabriel bedauerte, dass von Bürgerinitiativen, der Kommunalpolitik und Behörden erst "ein solches öffentliches Theater" veranstaltet werden musste, damit sich sein Amtsnachfolger herbemühe. "Röttgens Verhalten stärkt nicht das Vertrauen in die Politik", sagte der SPD-Chef. Gabriel kündigte an, die ASSE werde uns alle noch viele Jahre beschäftigen. Er wolle den Menschen in dieser Region auch keine Illusion machen, denn es werde Schacht Konrad in Salzgitter sein, wo ein großer Teil des ASSE-Abfalls eingelagert werden würde.

[image=5e1764cf785549ede64cd065]Gabriel hielt sich nach eigenen Angaben nicht an sein Redemanuskript und äußerte sich generell zur Energiepolitik, auch zum geplanten Windpark "Ahlum-Dettum". "Ich finde wir müssen mit den Sorgen der Gegner fair umgehen, aber wir müssen auch immer wieder allen klar machen, der Strom kommt nicht einfach aus der Steckdose." Er warnte vor einem weiteren Preisanstieg im Energiesektor.

Der Gastredner ging auf die Wichtigkeit Europas ein, auch auf Griechenland, sprach über Bildung und Zukunft und regte eine "Europa-Reihe", offen für alle Bürger, beispielsweise in der Herzog-August-Bibliothek an. "Meine Erfahrung, die ich hier an der Ostfalia gemacht habe ist, die Leute rennen uns die Bude ein."

[image=5e1764cf785549ede64cd066]Der "rote Gabriel" lobte die Zusammenarbeit mit seinem "schwarzen Bürgermeister Pink" zum Wohle der Stadt, so seien alle relevanten Dinge immer unparteiisch und fair besprochen worden. Er bescheinigte Pink, dass seine strategisch gewollte Eigenlobrede berechtigt gewesen sei: "Herr Pink, Sie können zurecht stolz sein, auf Ihr Wolfenbüttel." In diesem Zusammenhang würdigte er auch das Engagement der Ehrenamtlichen, innerhalb und außerhalb der Kommunalpolitik unserer Lessingstadt.

[image=5e1764cf785549ede64cd067]Nach dem offiziellen Teil, in dem auch verdiente Bürger von Thomas Pink geehrt wurden (WolfenbüttelHeute.de berichtete) gab es die übliche Grüppchenbildung in aufgelockerter Atmosphäre im Foyer und die vom Bürgermeister gewünschten Gespräche, die Positives bewirken sollen, bis in den späten Abend...

 Fotos: Marc Angerstein/ WolfenbüttelHeute.de




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