Wolfenbüttel. Am Mittwochabend fand eine Übung der Feuerwehren im Lindener Werkteil der Firma Imperial statt. Das berichtet Stadtfeuerwehr-Pressesprecher Tobias Stein.
Am Mittwochabend kam es bei der Firma Imperial Chemical Logistics GmbH in Wolfenbüttel-Linden zu einer Auslösung der Brandmeldeanlage. Gegen 17:30 löste die Integrierte Regionalleitstelle den Alarm für die Ortsfeuerwehren Linden, Wolfenbüttel, Wendessen, die Gefahrguteinheit und Örtliche Einsatzleitung der Stadt Wolfenbüttel aus. Ferner rückte noch ein Rettungswagen (RTW) des DRK-Rettungsdienst mit an.
Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hatte manuell einen Druckknopf-Melder betätigt und so die Verbindung zur Leitstelle erreicht. Der Grund für sein Handeln war ein Unglücksfall im Bereich des Hochregal-Lagers. „Durch werksinterne Regelungen wurde eine Überprüfung des Hochregals durchgeführt, hierbei ein Verladeunfall festgestellt und der Sicherheitsdienst informiert“, berichtet Stadtbrandmeister Olaf Glaeske.
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„Durch das Abstürzen einer Palette kam es zum Austritt von Chloroform“, so Glaeske weiter, „eine brisante Situation“. Das Sicherheits-Datenblatt für Chloroform gab Grund genug zur Sorge, denn die farblose Flüssigkeit ist giftig und gefährlich - insbesondere beim Einatmen, Verschlucken oder bei der Berührung mit der Haut. Die Dämpfe breiten sich aus und bleiben in Bodennähe. Sofort wurden die Mitarbeiter der Spätschicht durch die Brandschutzhelfer des Unternehmens evakuiert, wobei sich aber auf dem Sammelplatz schnell herausstellte, dass insgesamt drei Personen das Gebäude nicht verlassen hatten.
Mitarbeiter in Lebensgefahr
Der Maschinenführer des Gabelstaplers befand sich zum Zeitpunkt des Unglückes in der Kabine des Fahrzeugs. „Ohne Atemschutz besteht bei dem Austritt dieses Gefahrstoffes Lebensgefahr“, gibt der stellvertretende Stadtbrandmeister Marco Dickhut zu bedenken. Die wenige Minuten nach dem BMA-Alarm bei „Imperial“ eingetroffene Ortsfeuerwehr Linden leitete Erstmaßnahmen ein. Die Feuerwehrleute um Einsatzleiter Matthias Große gingen, ausgerüstet mit Atemschutzgeräten, in die Lagerhalle und bestätigten, die von dem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes geschilderte Situation. Der Fahrer des Gabelstaplers saß noch bewusstlos in der Kabine, zahlreiche Chloroform-Behälter waren umgestürzt und ausgelaufen.
Mehrere Trupps, ausgerüstet mit Atemschutz, machten sich sofort auf die Suche nach den vermissten Personen und retteten zunächst die beiden Mitarbeiter, die in der Werkhalle zurückgeblieben waren. Zudem wurde unter großer Anstrengung der Maschinenführer aus seiner Kabine befreit, die sich in mehreren Metern Höhe befand.
Leitstelle löste Gefahrgut-Alarm aus
„Nach der Feststellung, Chloroform ist ausgelaufen, haben wir über die Leitstelle nochmals Alarm für die Gefahrguteinheit der Stadt Wolfenbüttel sowie die Ortsfeuerwehren Linden und Wolfenbüttel auslösen lassen“, informiert Glaeske. Für derartige Lagen existiert ein eigenes Einsatzstichwort, dass „GSG“ lautet. Dahinter verbirgt sich mit der Gefahrguteinheit zwar eine spezialisierte Einheit, jedoch ist die Gemeinsamkeit des Namens mit einer polizeilichen Einheit rein zufällig. Bei der Feuerwehr steht die Abkürzung für „Gefahrstoff-Gebäude“ und reiht sich ein in die Reihe der Stichworte „Gefahrstoff-Land“ und „Gefahrstoff-Wasser“. Dahinter stehen Szenarien, die auf der Straße oder auf dem Wasserweg passieren können, so werden dann jeweils Spezialeinheiten der Feuerwehren alarmiert. So dann auch in der Lessing-Stadt.
„Durch den nochmaligen Alarm wissen die Mitglieder der Gefahrguteinheit, es handelt sich nicht nur um eine Auslösung der Brandmeldeanlage, sondern um einen Gefahrgutaustritt“, berichtet Dickhut. Eine weitere Besonderheit bei derartigen Lagen ist es, die Bevölkerung mit Lautsprecherdurchsagen zu informieren und zu warnen. Diese Aufgabe übernimmt in der Stadt Wolfenbüttel die Ortsfeuerwehr Salzdahlum. „Dort ist eine spezielle Lautsprecheranlage vorhanden“, informiert der stellvertretende Stadtbrandmeister. Im gesamten Landkreis gibt es weitere solche Anlagen, die bei einigen Feuerwehren stationiert sind.
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Zurück zum Werksgelände nach Linden: Zwischenzeitlich rückten immer mehr Feuerwehrfahrzeuge an und fuhren auf das Werksgelände. Neben den Fahrzeugen der Ortsfeuerwehr Linden, rückte die Wolfenbütteler Wehr mit dem Löschzug an. Nach und nach folgten auch der Gerätewagen-Gefahrgut des Landkreises – in der städtischen Feuerwache stationiert – und der Gerätewagen-Atemschutz mit den Angehörigen der Gefahrguteinheit. Vom Deutschen-Roten-Kreuz (DRK) aus Wolfenbüttel rückte die Schnelle-Einsatzgruppe (SEG) unter der Leitung von Dirk Jürges mit einem Krankentransportwagen (KTW) und einem weiteren Fahrzeug an.
Auf Gefahrgüter spezialisierte Feuerwehrleute kommen zum Einsatz
Unter der Leitung von Carsten Franke rüsteten die Einsatzkräfte sich mit Chemikalienschutzanzügen (CSA) aus. „Diese speziellen Anzüge bieten in Kombination mit einem Atemschutzgerät und einer Maske den optimalen Schutz für derartige Lagen“, so der Stadtbrandmeister. Vier mit den CSA ausgerüstete Feuerwehrleute kamen im Hochregal-Lager zum Einsatz. Neben der Rettung von Menschen standen weitere Aufgaben auf dem Programm.
So musste das Chloroform eingedämmt und sicher in Behälter umgefüllt werden. Im Anschluss erfolgte eine Dekontamination der Anzüge. Neben der Rolle des Einsatzleiters Matthias Große, übernahmen die Funktion der Einsatzabschnittsleiter: Carsten Franke, zuständig für Gefahrstoff. Kai Zahlmann zeichnete sich verantwortlich für die Brandbekämpfung und Kurt Jakobi, organisierte den Einsatzabschnitt Atemschutz.
Entwarnung – es war nur eine Übung
Gegen 19:15 Uhr war diese Übung beendet – glücklicherweise war dieses Szenario kein Ernstfall. Beobachter waren neben Glaeske und Dickhut, auch Mitarbeiter und Niederlassungsleiter des gastgebenden Unternehmens.
Verbesserungsbedarf festgestellt
Das Resümee der Verantwortlichen für diese Gefahrgutübung lautet: „Eines der Ziele einer solchen Übung ist es, zu überprüfen, ob die festgelegten Alarmierungsfolgen sinnvoll und ausreichend sind und im Ernstfall zu einer schnellen Gefahrenabwehr führen. An dieser Stelle - das müssen wir bei objektiver Betrachtung eingestehen - haben wir im Ablauf dieser Alarmübung Verbesserungsbedarf festgestellt. Sollte es nun zu einem Ernstfall kommen, könnten die Erkenntnisse der heutigen Übung sofort umgesetzt werden. Wir sind dankbar für Zusammenarbeit mit den Firmen Imperial Chemical Logistics GmbH und Schirm GmbH, die uns in sehr kooperativer Weise die Möglichkeit gegeben haben, auf ihrem Firmengelände eine solche Großübung durchzuführen.“
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