Wolfenbüttel. Mit der geplanten Elternbefragung zur Einrichtung einer oder zweier weiteren Gesamtschulen im Landkreis Wolfenbüttel setzt die rot-grüne Kreistagsmehrheit ihre ideologisch verbrämte Schulpolitik fort, die auf die Einführung einer Einheitsschule und damit auf das Ende von Hauptschule, Realschule und Gymnasium zielt. Warum wird den Eltern nicht auch die Möglichkeit gegeben, für die Einrichtung von Oberschulen anstelle von Gesamtschulen abzustimmen, zumal sich der Kreiselternrat gegen weitere Gesamtschulen ausgesprochen hat, da ihre Einrichtung die bestehenden gefährden würde?
Mit der geplanten, scheinbar bürgernahen Elternbefragung setzt der Landkreis seine unverantwortliche Schulpolitik fort, die er bei der Einrichtung der ersten Gesamtschule 2009 begonnen hat. Um genügend Schüler für diese Schule zu bekommen, wurden auch Eltern im Innerstetal befragt, deren Kinder grundsätzlich in Baddeckenstedt und Salzgitter-Bad beschult wurden. Und so werden nun Schüler aus Baddeckenstedt täglich 35km per Taxi nach Wolfenbüttel zur Schule gefahren. Und jetzt begründet Rot-Grün die Einrichtung weiterer Gesamtschulen im Landkreis mit der Notwendigkeit, Schulwege zu verkürzen.
Um die steuerzahlenden Bürger nicht abzuschrecken, wurden 2009 die Kosten für die Gesamtschule in Wolfenbüttel vom damaligen Landrat Jörg Röhmann (SPD) mit 6,6 Millionen Euro veranschlagt (Braunschweiger Zeitung vom 22.8.2009). Einwände von FDP, CDU und Stadtkämmerer Knut Foraita, die Schule könne bis zu 15 Millionen Euro kosten, wurden hinweggefegt, SPD und Grüne „halten 15 Millionen für einen überzogenen Ansatz. In der Diskussion gleich eine Verdopplung der Kosten in den Raum zu stellen, sei nicht realistisch, kritisierte Jürgen Selke-Witzel (Grüne). Werner Blumeyer (SPD) sagte: „Ich bin der Meinung, dass wir nicht 15 Millionen Euro ausgeben müssen.“ (Braunschweiger Zeitung vom 22.8.09). Bis heute betrugen die Kosten für die Einrichtung der IGS Wallstraße schon mehr als 20 Millionen Euro.
Als dann 2011 die Diskussion um eine zweite Gesamtschule aufkam, führte der Landkreis erneut eine in den Fragestellungen von der Vorgabe der Landesschulbehörde abweichende Umfrage von Eltern durch. Von den insgesamt 4419 ausgegebenen Fragebögen enthielten lediglich 1361 (30,8%) den Wunsch nach einer weiteren Gesamtschule, so dass Röhmann am 28.11.2011 lt. Braunschweiger Zeitung feststellte: „Wir kommen allerdings nicht in allen Jahren an einen ausreichenden Bedarf.“ Deshalb wurden dann die Zahlen im Landkreis so lange hin und her gerechnet, bis sich schließlich ein „Bedarf“ ergab. Warnungen der FDP, die Einrichtung einer zweiten Gesamtschule an der Ravensberger Straße im Westen Wolfenbüttels werde bestehenden Schulen in Baddeckenstedt, Schöppenstedt, Remlingen und Sickte gefährden, wischte der Kreistag mit seiner rot-grünen Mehrheit vom Tisch.
Befürchtungen haben sich bestätigt
Inzwischen sind die Befürchtungen der FDP Gewissheit geworden, weshalb nun vom Landkreis versucht wird, dieser Entwicklung mit die Einrichtung weiterer Gesamtschulen z. B. in Sickte entgegenzusteuern. Dies würde zunächst einmal die Existenz der beiden Wolfenbüttel Einheitsschulen gefährden. Für die neu einzurichtenden Gesamtschulen wird es nicht genügend Schüler geben, um diese fünfzügig zu führen. Dies ist aber eine Voraussetzung für ein quantitativ ausreichendes Unterrichtsangebot. Ein weiteres Ergebnis wird sein, dass aufgrund fehlender Schülerzahlen keine gymnasiale Oberstufe eingerichtet werden kann, so dass den Schülern nach Klasse 10 ein Schulwechsel bevorsteht. Außerdem ist zu erwarten, dass es zu wenig leistungsstarke Schüler geben wird, um einen einigermaßen niveauvollen Unterricht durchführen zu können. Denn leistungsstarke Schüler mit gymnasialer Empfehlung sind in den vergangenen Jahren bevorzugt auf die drei Wolfenbütteler Gymnasien gewechselt, auch weil sie dort schon ab Klasse 5 gezielt und systematisch auf das Abitur vorbereitet werden.
Hinzu kommt eine weitere Ungewissheit: Wie wird der Landkreis Wolfenbüttel in Zukunft aussehen? Sollten sich die Grenzen des Landkreises verändern, würde dies auch ein Überdenken der bestehenden Schulen einfordern.
Deshalb sollte die bestehende Struktur nicht angetastet werden. Wenn Rot-Grün die Eltern aber befragen will, dann sollten diese sich auch zu der Frage äußern dürfen, ob nicht als dritte Möglichkeit zwei Oberschulen im Landkreis das bisherige schulische Angebot abrunden könnten. Dass Rot-Grün hierauf eingehen wird, ist leider nicht zu erwarten, haben doch beide Parteien die Einführung einer Einheitsschule bis zur Klasse 10 in ihren Parteiprogrammen stehen.
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