Wolfenbüttel: Mühlenquartier an der Teichmühle - Bauausschuss verhindert moderne Stadtvillen im westlichen Stadtgebiet

von Marc Angerstein






Die Anwohner des kleinen Gebietes "der Teichmühle" an der Frankfurter Straße in Wolfenbüttel wirkten gelöst, als sie den einstimmig gefassten Beschluss in der heutigen Sitzung des Bauausschusses verfolgten. Hatten sie doch den Mitgliedern des Ausschusses ihre Sorgen per E-Mail mitgeteilt und auch im Rahmen der Einwohnerfragestunde zum Sitzungsbeginn kritische Fragen gestellt, getrieben von der Angst, Baumaßnahmen auf der angrenzenden Wiese hätten Auswirkungen auf ihre jetzige Wohnsituation und könnten Grundwasser in ihre Häuser drücken.

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Christoph Kowollik, Vorstandsvorsitzender der Gemeinnützige Wohnstääten Wolfenbüttel eG. Foto:



Die Wohnungsbaugenossenschaft Gemeinnützige Wohnstätten eG hatte geplant, auf der Wiese "An der Teichmühle" vier moderne Stadtvillen zu bauen und zu diesem Zweck von der Stadt Wolfenbüttel das Grundstück bereits vor einigen Jahren günstig erworben. Der städtische Bauausschuss unter der Leitung seines Vorsitzenden Stefan Brix (Grüne) sollte heute die Aufstellung der zweiten Änderung des Flächennutzungsplans (FNP 2020) fassen, doch dazu kam es nicht.

Die Gemeinnützige Wohnstätten Wolfenbüttel eG hatte in Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt ein Bebauungskonzept mit dem Projekttitel „Mühlenquartier“ erstellen lassen. Das Konzept sah eine Bebauung vor, die unter Bezug zur historischen Teichmühle Wohnen am Wasser ermöglichen soll, gleichzeitig aber eine behutsame Integration der vorhandenen Grün- und Biotopflächen vorgenommen hätte.

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Bürgermeister Thomas Pink. Foto: Marc Angerstein)



Bürgermeister Thomas Pink sagte, die Genossenschaft wäre von ursprünglichen Plänen abgegangen und hätte ihr Bauvorhaben an dieser Stelle verkleinert.

Nach den erarbeiteten städtebaulichen Vorstellungen sollten hier nun insgesamt 44 Wohneinheiten entstehen. Die Gebäude wurden von der Genossenschaft mit drei Vollgeschossen sowie einem zurückgesetzten Staffelgeschoss im Dachgeschoss geplant. Die Erschließung sollte über die Straße “Am Brückenbach“ unter Einbeziehung des dort vorhandenen Garagenhofes erfolgen. Eine direkte Anbindung an die Frankfurter Straße wäre nur fußläufig durch die Grünzone erfolgt. Darüber hinaus sah das Konzept fußläufige Verbindungen zur angrenzenden südlichen Bebauung sowie Richtung Teichmühle vor. Das Konzept sah außerdem großzügige Gemeinschaftsflächen, die auch die Nachbarbebauung integrieren, sowie wohnungsnahe Stellplätze vor. Im Versorgungskonzept waren regenerative Energien vorgesehen.

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"Flora und Fauna" an der Teichmühle. Foto: Privat



Das Grundstück südlich der Teichmühle hat eine Fläche von ca. 2,4 ha und befindet sich planungsrechtlich im Außenbereich der Stadt Wolfenbüttel, woran sich Ulrike Krause (Grüne) störte. Unmittelbar südöstlich grenzt mehrgeschossiger Wohnungsbebauung der Gemeinnützigen Wohnstätten EG aus den 60er Jahren an, die die derzeitige Grenze zwischen Innen- und Außenbereich bildet. Die Kommunalpolitikerin hat nicht nur die Ängste und Einwände der Einwohner als schwerwiegend bezeichnet, sondern kritisierte das Bauvorhaben an der Stadtrandgrenze: "Wir Grüne sind gegen eine weitere Zersiedelung am Stadtrand und halten innerstädtische Bauprojekte für sinnvoller. Die Genossenschaft sollte lieber innerstädtische Baulücken schließen", so die Grüne.

Baudezernent Gerhard Willms hatte zuvor Verständnis für die Einwände der Anwohner gezeigt und deren Fragen als berechtigt bezeichnet. Er wollte aber einer politischen Entscheidung und dem daraus resultieren Verfahren und den damit verbundenen Untersuchungen nicht vorgreifen und deshalb die kritischen Fragen der Anwohner erst später beantworten. Er sagte aber, dass diese Wiese ein Feuchtbiotop mit seltenen Pflanzen sei. Der Flächennutzungsplan stellt derzeit für den betroffenen Bereich eine Grünfläche dar, die überwiegend als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft als Bereich zur Vernetzung und Pufferung der nach Naturschutzrecht besonders geschützten und schutzbedürftigen Gebiete dienen soll.

Der Landschaftsplan der Stadt Wolfenbüttel aus dem Jahr 2005 (LP 2005) weist innerhalb der Fläche eine Verdachtsfläche aus, die einem besonders geschütztes Biotop gemäß §28a NNatG und einem besonders geschütztem Feuchtgrünland gem. §28b NNatG entspricht. Gemäß LP 2005 befindet sich hier in der Senke ein ca. 0,65 ha großer Biotopkomplex aus Flutrasen, Binsen- und Simsenried und Landröhricht. Dieser Biotopkomplex, der auch regelmäßig unter Wasser steht, soll durch die Festsetzung der Pufferzone im FNP 2020 geschützt werden. Zu beachten ist, dass für den Schutz nach §§ 28 a und b NNatG kein förmliches Ausweisungsverfahren erforderlich ist. Die Schutzbestimmungen gelten direkt, sofern entsprechende Biotopqualitäten vorhanden sind.

Gerhard Kanter (CDU) stellte provokant die Frage, was sich denn an den Rahmenbedingungen geändert habe, hatte doch der Bauausschuss vor Jahren bereits einen Bebauungsplan für dieses Areal abgelehnt.




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An der Teichmühle im westlichen Stadtgebiet von Wolfenbüttel. Foto: Privat



Ziel und Zweck eines erforderlichen Bebauungsplanes ist es, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu ermöglichen. Hierbei ist der Nutzungskonflikt zwischen Wohnbebauung und naturschutzrechtlichen Belangen zu lösen sowie Immissionsschutzaspekte, die aus der angrenzenden Landesstraße ggf. auch dem benachbarten Schwimmbad „Fümmelsee“ resultieren, zu berücksichtigen. Dies kann ausschließlich bauleitplanerisch erfolgen. Bürgermeister Thomas Pink erklärte, Bauland könne nur der Stadtrat schaffen. Nun müsse die Politik entscheiden, was denn nun mit diesem Areal passieren soll, ob es bebaut werden dürfe oder nicht.

Ursprünglich hatten sich die Fraktionen von SPD und CDU im Vorfeld der heutigen Sitzung darauf verständigt, heute keinen Beschluss zu fassen. Willigert Ohmes (SPD) sagte sogar, seine Fraktion sähe noch Klärungsbedarf, da es in diesem Bereich des Brückenbachs auch immer wieder zu Problemen mit Hochwasser käme. Bürgermeister Pink drängte jedoch auf eine schnelle Entscheidung: "Ein nochmaliges Verschieben des Tagesordnungspunktes ist zwar möglich, aber eine Ablehnung ist doch vorprogrammiert. Ich finde, wir sollten den Knoten heute politisch durchschlagen." Gesagt getan. Es fand sich kein Fürsprecher und so lehnte der Bauausschuss die Pläne der Wohnungsbaugenossenschaft zum Mühlenquartier einstimmig ab.

Der Vorstandsvorsitzende der Gemeinnützige Wohnstätten eG, Christoph Kowollik, war im Anschluss an die Bauausschusssitzung für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.






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