Region. Die europäische Arzneimittelagentur EMA hat am heutigen Dienstag sowohl von den Firmen Biontech und Pfizer als auch vom US-Unternehmen Moderna Anträge auf die bedingte Marktzulassung von Corona-Impfstoffen erhalten. Das meldet die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland. Das Land Niedersachsen hat zur Bereitstellung von kommunalen Katastrophenschutzeinheiten für die personelle Ausstattung der in Planung befindlichen Impfzentren den Katastrophenschutz ausgerufen. Wie aus der heutigen Landespressekonferenz hervorging, stehe die Einrichtung einer "Impfhotline" an. Die Termine für eine Impfung sollen wahlweise Online oder per Telefon vergeben werden können.
Bis zum 15. Dezember sollen die Länder ihre Vorbereitungen für die Verteilung der Impfstoffe weitestgehend abgeschlossen haben, um dann auf "Zuruf" für die Verimpfung der Seren bereitzustehen. "Auf Zuruf deshalb, weil noch nicht bekannt ist, welcher Impfstoff und in welcher Menge er zur Verfügung stehen wird", erklärt Claudia Schröder, stellvertretende Leiterin des Niedersächsischen Krisenstabes, im Hinblick auf die anlaufenden Zulassungsverfahren. "Die aussichtsreichsten Impfkandidaten müssen zweimal geimpft werden. Teilweise mit sehr exakten Zeitvorgaben, also am 21. Tag oder am 28. Tag nach der ersten Dosis." Das ganze erfordere ein aufwändiges Patientenmanagement, um reibungslose Abläufe zu garantieren. "Dazu bedarf es weiterer Potenziale, die wir aus dem Katastrophenschutz einsetzen werden", erklärt Mirko Temmler, Leiter des Kompetenzzentrums Großschadenslagen in Niedersachsen.
Wer impft eigentlich wo?
Die Einheiten des Katastrophenschutzes sind landesweit organisiert. Das Innenministerium schafft Vorgaben zur Aufstellung von Einheiten im Katastrophenschutz, diese Aufgaben fällt den Städten und Landkreisen zu. "Das werden natürlich auch ehrenamtliche Einheiten sein. Aber wir haben natürlich keinen 'Fachdienst Impfen'", leitet Temmler dazu ein und erläutert: "Wir haben einen Fachdienst im Bereich Führung, Sanität und Betreuung, sodass auf Einsatzkräfte zurückgegriffen werden kann, die dafür ausgebildet sind. Die Sanitätsgruppen haben natürlich eine medizinische Vorbildung." In der aktuellen Situation wird neben den ehrenamtlichen Kräften aus Feuerwehr, THW, DRK und anderen Organisationen jedoch auch auf hauptamtliche Kräfte zurückgegriffen.
"Wenn sie schnell und schlagkräftig solche Strukturen aufbauen wollen werden sie auf das Ehrenamt zurückgreifen müssen."
"Über die Dauer von Monaten stehen Ehrenämtler nicht dauerhaft zur Verfügung. Aber wenn sie schnell und schlagkräftig solche Strukturen aufbauen wollen werden sie auf das Ehrenamt zurückgreifen müssen", meint Temmler. Neben dem reinen medizinischen Personal werden auch Kräfte für Sanitäts- Betreuungs-, Sicherheits-, Registrierungs- und Dokumentationsaufgaben benötigt, die ebenfalls aus dem Pool der Katastrophenschutzkräfte akquiriert werden sollen.
Beratungsgespräch mit Arzt zwingend nötig
Claudia Schröder fährt fort: "Das Impfen ist eine ärztlich angeleitete Tätigkeit. Da gibt es den sogenannten Ärztevorbehalt. Das bedeutet nicht, dass Ärzte das selbst durchführen müssen, aber sie müssen ein Beratungsgespräch machen. Sie kennen das vielleicht von der Blutspende." Diese Gespräche müssen zwingend 'unter vier Augen' stattfinden und dienen nicht nur der puren Information, sondern auch der Erfassung von Faktoren, die eine Impfung temporär oder dauerhaft ausschließen oder gefährden könnten. "Mit der Kassenärztlichen Vereinigung sind wir dabei die Ärzte zu finden, die in den Impfzentren eingesetzt werden sollen. Der Zulauf ist sehr gut und das Interesse sehr hoch", erklärt Schröder weiter. Ebenfalls gute Rückmeldung bekomme man aus der Gruppe der sogenannten "Impfbefähigten Personen", die jeweils in Viererteams den Ärzten unterstellt werden sollen. Dazu gehören Kräfte aus allen examinierten Gesundheitsberufen, sowie Medizinstudierende und Kräfte mit rettungsdienstlicher- oder Sanitäts-Ausbildung. Die Impfungen sollen dann direkt im Anschluss an das Arztgespräch erfolgen.
"Die Impfungen werden direkt im Anschluss an das Arztgespräch durchgeführt, um eine hohe Durchsatzleistung in den Impfzentren zu generieren"
Terminvergabe und Reminder per SMS, Mail und Post
Bürgerinnen und Bürger sollen sich digital für die Impfung anmelden können. "Die Technik als solche ist schon ausgereift", verspricht Claudia Schröder. Es werde aber auch ein Bürgerservicecenter telefonisch zur Verfügung stehen, welches die Anmeldung dann für den Anrufer übernimmt und auch beratend tätig sein wird. Das Ganze sei gekoppelt mit einem Reminderverfahren. "Wenn sie sich anmelden können sie auswählen, ob sie eine Erinnerung per Mail, SMS oder Briefpost - oder auch alles zusammen bekommen wollen", erklärt Schröder. Für die Anmeldung werden verschiedene Daten abgefragt, aus denen das System dann einen Termin für den Anmelder blockiert. Sobald die endgültige "Reihenfolge" der zu impfenden Personen vorliege - womit noch vor Weihnachten zu rechnen sein dürfe - werden die Anmelder dann priorisiert behandelt. "Mit der Terminbestätigung bekommen die Bürgerinnen und Bürger auch ein Informationsschreiben über die Impfung, sodass sie auch vorbereitet ins Arztgespräch gehen können. Zusätzlich wird es eine 'Impfhotline' geben, an die sich die Bürger mit ihren zahlreichen Fragen wenden können", Priorität haben laut Schröder aller Wahrscheinlichkeit nach vulnerable Gruppen und Beschäftigte im Gesundheitswesen.
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass es keine Zulassung für unter 18-Jährige geben wird."
Die stellvertretende Leiterin des Corona-Krisenstabes erklärt aber auch: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass es keine Zulassung für unter 18-Jährige geben wird, weil die Dauer der klinischen Studien nicht ausgereicht hat, um im großen Maßstab minderjährige zu testen", Schröder erklärt aber auch, dass es sich dabei noch um Spekulation handelt.
Mehr Vertrauen, weniger Kontrolle
Die Abfrage zur Priorisierung des Anmelders in der "Schlange" soll dabei völlig unbürokratisch erfolgen. Nachweise müssen nicht erbracht werden. "Wir werden sehr gezielt abfragen. Dabei wird es auch ein paar Fragen geben, wo das System sagen kann: 'das ist nicht logisch'. Außerdem müssen die Personen, wenn sie im Impfzentrum ankommen ja auch nachweisen, dass sie die Person sind die sie vorgeben, zu sein. Aber ich sag jetzt mal ganz platt, sie müssen nicht die Approbationsurkunde einscannen. Das ist auch übertrieben." Man vertraue darauf, dass genügend Menschen ehrlich sind. "Wir haben ein klares Ziel alle die geimpft werden sollen auch zu impfen, jede Person weiss dass sie auch drankommen wird", so Schröder dazu.
"Wir haben ein klares Ziel alle die geimpft werden sollen auch zu impfen, jede Person weiss dass sie auch drankommen wird"
Parallel soll es Krankenhäusern ermöglicht werden, in eigener Verwaltung die Impfung ihres Personals durchzuführen. Mobile Teams stehen bereit, um bei impfwilligen Senioren die Seren direkt in den Altenheimen zu spritzen. Man könne, so Schröder, auch gleich das dortige Personal versorgen.
Erwartet werde in Niedersachsen bis Ende des Jahres die Lieferung von bis zu 200.000 Impfdosen. Aufgrund der Doppelimpfung können damit dann 100.000 Menschen versorgt werden. Die ständige Impfkommission, der Ethikrat und das Robert-Koch-Institut wollen ihre endgültigen Empfehlungen zur Priorisierung der zu impfenden Personen noch vor Weihnachten bekannt geben.
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