Aufregung um Doktortitel von AfD-Arzt - Polizei wurde eingeschaltet

In einem NDR-Bericht wird dem Helmstedter Arzt und AfD-Landtagsabgeordneten Jozef Rakicky vorgeworfen, seine Doktortitel falsch wiedergegeben zu haben. Dessen Anwalt widerspricht deutlich.

von


Hat der Mediziner und AfD-Landtagsabgeordnete den Dr.-Titel falsch angewandt?
Hat der Mediziner und AfD-Landtagsabgeordnete den Dr.-Titel falsch angewandt? | Foto: Pixabay

Helmstedt/Hannover. Der Chefarzt an der Helios Klinik Helmstedt und AfD-Landtagsabgeordnete Jozef Rakicky ist mal wieder in die Schlagzeilen geraten. Dieses Mal geht es nicht um seine Einstellung zur Coronaschutz-Impfung, sondern um seine beiden Doktortitel. Rakicky wird in einer Berichterstattung des NDR vorgeworfen, diese offenbar unrechtmäßig ohne notwendige Zusatzangaben geführt zu haben.


Die AfD hat es getan, die Helios Klinik in Helmstedt und auch wir Medien: Dem Arzt Jozef Rakicky in Berichterstattungen einen einfachen Doktortitel vorangestellt. Manchmal sogar in doppelter Ausführung. Dabei ist das offenbar nicht korrekt. Wie der NDR berichtet, dürfe Rakicky seine Doktortitel nur mit dem Zusatz "MUDr." (Doktor der gesamten Heilkunde) und "PhDr." (Doktor der Philosophie) führen. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Berufsdoktortitel (MUDr.), der ohne Doktorarbeit vergeben wird, sowie einen "kleinen Doktorgrad" (PhDr.). Diese seien nicht mit dem forschungsbasierten Doktorgrad "Dr." vergleichbar.

Rakicky erhielt diese im Rahmen seines Medizinstudiums an der Medizinischen Fakultät Königgrätz der Karls-Universität Prag beziehungsweise im Nebenstudium an der philosophischen Fakultät im Fach Psychologie. Verkürzt dürfe man die Titel in Niedersachsen nicht benutzen, sagt der niedersächsische Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD). In Bayern und Berlin mit dem "kleinen Doktorgrad" hingegen schon, wie der vergleichbare Fall des damaligen CSU-Generalsekretärs Andi Scheuer zeigt.

Der AfD-Landtagsabgeordnete und politische Sprecher seiner Fraktion MUDr. PhDr./Univ. Prag Jozef Rakicky.
Der AfD-Landtagsabgeordnete und politische Sprecher seiner Fraktion MUDr. PhDr./Univ. Prag Jozef Rakicky. Foto: Thomas Stödter


Doktor ohne Zusatz? Mal so, mal so


Wie hat sich der "falsche Doktortitel" etabliert und hat Rakicky, der auch gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion ist, überhaupt dazu beigetragen? Dem NDR liegen nach eigener Aussage Dokumente vor, die vermeintlich Rakickys handschriftliche Unterzeichnung sowie Stempelungen in der offenbar nicht erlaubten Verkürzung zeigen sollen. Sollte dem so sein, stellt sich aber die Frage, aus welchem Grund der Mediziner so gehandelt haben sollte. Dass Rakicky den Zusatz "MUDr. PhDr./Univ. Prag" führt, ist weder Geheimnis noch unbekannt. Mehrere E-Mails beginnend ab dem Jahr 2019 von ihm an unsere Redaktion sind zumindest so entsprechend unterzeichnet. Und auch sein Arbeitgeber, die Helios St. Marienberg Klinik Helmstedt verwendete die Zusätze in der Kommunikation. Allerdings auch nicht immer - genauso wenig wie Rakicky scheinbar selbst. Neben den oben erwähnten E-Mails mit voller Titelangabe, erreichte unsere Redaktion zumindest eine E-Mail von seinem privaten Account, die nur mit der Kurzform "Dr." unterzeichnet war.

Auf eine Anfrage von regionalHeute.de bezüglich dieser Abkürzung lässt der AfD-Politiker seinen Anwalt antworten. "Sofern Sie zudem auf E-Mail-Signaturen verweisen, entzieht sich dies auch der Kenntnis unseres Mandanten. Sollte dies zutreffen, geschah auch dies nicht 'mit Absicht' (oder gar um zu täuschen) [...]", heißt es da. Hinzu komme, dass Rakicky - der kein Muttersprachler ist - oftmals nach inhaltlicher Absprache des Textes das finale Verfassen von E-Mails Dritten überlassen habe. "Ggf. habe diese gelegentlich die – so Ihre Behauptung – fehlende Angabe verursacht. Auch das geschah aber nicht mit Wissen und Wollen unseres Mandanten", teilt sein Anwalt mit.

In einer langen E-Mail weist der Rechtsbeistand des Niedersächsischen Landtagsabgeordneten die Anschuldigungen des NDR zurück. "Unserem Mandanten sind keine Dokumente, Schriftstücke, Unterlagen, Unterschriften, Plakate o.ä. bekannt, auf/bei denen mit Wissen und Wollen unseres Mandanten Angaben wie nun vom NDR behauptet („Doktortitel ohne Zusatz") angebracht/eingefügt/o.ä. wurden. Unser Mandant hat insofern zu keinem Zeitpunkt veranlasst, dass mit Bezug zu seiner Person Doktortitel ohne Zusatz angegeben werden", heißt es da unter anderem. Zudem habe Rakicky auch zu keinem Zeitpunkt einen Stempel mit "Dr. Dr." anfertigen lassen oder dieses beauftragt.

Ungewöhnliche Unterschrift?


"Sofern Dritte die Titel unseres Mandanten unvollständig angegeben haben sollten, wäre dies tatbestandlich (vgl. § 132a StGB) nicht relevant – das hat die Staatsanwaltschaft bereits mitgeteilt. Nach Mitteilung unseres Mandanten unterschreibt dieser zudem ohnehin 'ohne Titel' – es stellt sich daher die Frage der Authentizität der dem NDR angeblich vorliegenden Unterlagen bzw. (angeblichen Unterschriften). Es ist zudem ganz generell äußerst ungewöhnlich, dass eine promovierte Person im Rahmen der Unterschrift den Titel 'mit unterschreibt' (also handschriftlich etwa den Doktortitel vor den Namen schreibt)", meint sein Rechtsanwalt.

Gegen Rakicky liegt jetzt eine Anzeige bei der Polizeiinspektion Wolfsburg-Helmstedt vor, wie deren Sprecher Thomas Figge auf Anfrage von regionalHeute.de bestätigt. Ob aber überhaupt eine strafrechtliche Relevanz vorliegt, müsse erst einmal geprüft werden. Die Staatsanwaltschaft in Hannover jedenfalls sah auf NDR-Anfrage bislang keinen Anfangsverdacht.

Auch die Helios Klinik in Helmstedt haben wir angefragt und wollten wissen, wie offizielle Dokumente und Arztbriefe dort unterzeichnet wurden und ob die Klinik einen Unterschied bei der Führung von Zusätzen am Doktortitel sieht. Eine Beantwortung blieb aus. Lediglich auf den Umstand, dass das Niedersächsische Hochschulgesetz vorsieht, dass Hochschulgrade, Ehrengrade, Hochschultitel, Ehrentitel und ausländische Hochschultätigkeitsbezeichnungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder durch eine Päpstliche Hochschule verliehen wurden, ohne Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden können, wies man hin..

Kommentar


von Chefredakteur Werner Heise

Man kennt es doch: Einen Arzt oder eine Ärztin sprechen die meisten Patienten mit "Herr Doktor" beziehungsweise "Frau Doktor" an. Ganz gleich, ob diese promoviert haben oder nicht. Ein Patient erfragt auch nicht die Dissertation seines Arztes, sondern höchstens die fachliche Qualifikation des Mediziners. Im Sprachgebrauch ist Jozef Rakicky ein Doktor - und zwar einer mit Medizinstudium und zwei erlangten Titeln in seiner Heimat. Dass sich die sperrigen und nicht flüssig aussprechbaren Abkürzungen MUDr. PhDr./Univ. Prag im Allgemeinen zu Dr. Dr. - oder eben auch einem einfachen Dr. - verflüssigen ist nur verständlich.

Dass Jozef Rakicky gewusst hat, dass er bei seinen Titeln in der Kommunikation nicht schlampen darf, steht sicherlich außer Frage. Ob er es doch getan hat und falls ja, warum, muss geklärt werden. Fest steht aber, dass er keinen Hehl aus seinen vollen Titeln machte und diese vielfach in seiner Kommunikation nutzte. Welcher allgemeine Schaden, außer vielleicht an der Moral, entstanden sein soll, erschließt sich derzeit nur schwer. Ganz zu schweigen davon, ob dem Verhalten der Staatsanwaltschaft nach überhaupt eine Straftat vorläge. Es sieht eher danach aus, dass man hier mit Nebelkerzen auf die AfD zielen möchte, anstatt der Partei politisch oder mit Fakten entgegenzutreten.


mehr News aus der Region