Befürworten die JuLis Inzest? Kreisvorsitzender weist Kritik zurück

Wollen die JuLis Inzest erlauben? Diesen Vorwurf formuliert die AfD-NRW. Tatsächlich weist die Beschlusslage der jungen Liberalen eine derartige Forderung auf, die die Jugendorganisation der FDP in einem Twitterthread vehement verteidigen. Auch der Kreisverband Wolfenbüttel unterstützt diese Forderung. Ganz so einfach, stellt Max Weitermeier klar, sei es dann aber doch nicht.

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Max Weitemeier hält die Diskussion um die Haltung der JuLis zur Abschaffung des Inzestparagraphen für nicht zielführend.
Max Weitemeier hält die Diskussion um die Haltung der JuLis zur Abschaffung des Inzestparagraphen für nicht zielführend. | Foto: Marvin Ruder

Düsseldorf/Wolfenbüttel. "Schon gewusst? In einem Beschluss von 2007 forderten die Jungen Liberalen, offizielle Jugendorganisation der FDP, Straffreiheit für Geschwister, die miteinander Kinder bekommen" schreibt die AfD NRW auf ihrer Facebook Seite und bezieht sich damit auf einen Beschluss der jungen Liberalen aus dem Jahr 2007, der sich für die Abschaffung des Paragraphen 173 des Strafgesetzbuches ausspricht, der das Verbot von Beischlaf mit Verwandten regelt. Die Bundesjulis verteidigen ihren Beschluss daraufhin in einem Twitterthread vehement, sprechen unter anderem von "menschenverachtender Eugenik", wenn der Paragraph mit Behinderunsprävention verteidigt wird. Inzucht mit den Julis? Ganz so einfach ist es dann doch nicht, wie Max Weitemeier, stellvertretender Landesvorsitzender und Chef des Kreisverbandes Wolfenbüttel auf Anfrage von regionalHeute.de erklärt.


Aber von vorne: 2007 fassten die Jungen Liberalen den Beschluss, dass der Beischlaf zwischen Verwandten nicht mehr unter Strafe gestellt werden solle. Damals bezog sich die Jugendorganisation der FDP explizit auf den einvernehmlichen Geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen Menschen, der niemanden außerhalb des jeweiligen Schlafzimmers etwas anginge, nicht jedoch auf das Zeugen von Kindern. 13 Jahre später holt die AfD im nordrhein-westfälischen Landtag das Thema wieder hervor, woraufhin die Bundesjulis mit einem 12-teiligen Thread auf Twitter reagierten.

In diesem Thread verteidigt die aktuelle Führung der jungen Liberalen den Beschluss vehement. Zum einen, so die JuLis, ginge es nach wie vor niemanden etwas an, was einvernehmlich zwischen Erwachsenen in Schlafzimmern passiere, zum anderen sei Moral kein juristischer Grund, um anderen Menschen ihre sexuellen Vorlieben im genannten Rahmen zu verbieten. Inzest bedeute nicht gleich Inzucht, also das Zeugen von Kindern. Das Verbieten der Inzucht mit dem Argument der Prävention von Behinderung dagegen würde, konsequent weitergedacht, zwangsweise dazu führen, dass auch Menschen mit vererbbaren Krankheiten keine Kinder zeugen dürften. Das, so die JuLis, sei "menschenverachtende Eugenik".

Weitemeier: "Es geht hier nicht ums Sittlichkeitsempfinden"


Max Weitemeier aus Sickte ist nicht nur Kreisvorsitzender der JuLis Wolfenbüttel, er ist auch stellvertretender Landesvorsitzender des niedersächsischen Ablegers. Auch die hat eine Beschlusslage, die die Abschaffung des Inzestverbotes fordert. Im Gegensatz zum Bundesverband sei die aber in eine Reihe von, aus Sicht der JuLis, abschaffungsbedürftigen Paragraphen eingebettet, etwa der, mittlerweile abgeschafften, Majestätsbeleidigung, oder der Wehrpflichtentziehung durch Verstümmelung.

Wichtig ist Weitemeier, dass es bei der Abschaffung nicht um Moral geht. Es geht um die Basis, auf der Strafrecht aufgestellt ist. "Die Jungen Liberalen begründen die Beschlusslage mit der Auffassung, dass es den Staat nichts angeht, was erwachsene Menschen einvernehmlich im Bett tun." Dabei sei der Beschluss in der eigenen Partei sehr umstritten. Es ginge nicht um Sittlichkeitsempfinden oder die eigene Moral, ja der Beschluss gehe sogar gegen die Moralvorstellung der JuLis, es ginge schlicht darum, was den Staat etwas anginge und was nicht. Inzest, sofern freiwillig, gehöre jedenfalls nicht dazu, glauben viele Julis.

Auf die wichtigen Themen konzentrieren


Auch wenn Weitemeier den Vorwurf der "menschenverachtenden Eugenik" beim Thema Inzest so nicht teilt, versteht er, woher er kommt. Für die Jungen Liberalen führe eine Diskussion darüber, wann, welche Behinderungen und Erbkrankheiten akzeptabel sind, um die "Volksgesundheit" zu erhalten, auf einen gefährlichen Weg. Es gäbe genügend Menschen, die durch Fortpflanzung das Risiko, bewusst oder unbewusst, eingingen eine Krankheit in die nächste Generation weiterzugeben. Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsberichts wäre ein Verbot dessen zumindest teilweise legal. Eine Einschätzung, die die Julis so nicht teilen wollen. Ganz unabhängig vom Thema Inzucht.

Am Ende sieht Weitemeier aber eine künstlich aufgebauschte Diskussion. Die JuLis hätten andere Themen, denen diese Öffentlichkeit guttun würden, glaubt er. Solche Diskussionen, die mit solch einer Vehemenz geführt würden, nur weil die "AfD Landtagsfraktion in NRW auf populistische Art und einzig zur Profilierung über einen Shitstorm eine Forderung ohne inhaltliche Auseinandersetzung rausgekramt" habe, seien nicht hilfreich, egal ob sie über soziale oder klassische geführt würden. Aber gerade Twitter hält er für Fluch und Segen sogleich: "Twitter und Co. rühmen sich so oder so nicht mit einer Debattenkultur in der es um Argumente geht. Schade eigentlich."


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