"Erbärmlich" Die Linke bezieht Stellung zur Ratssitzung


| Foto: T. Raedlein



Braunschweig. In einer Pressemitteilung der Partei "Die Linke" nimmt diese Stellung zur gestrigen Ratssitzung. Wir veröffentlichen das Schreiben ungekürzt und unkommentiert.

Erbärmlich anders kann man den Verlauf der Ratssitzung am Dienstag, den 30.9.2014 nicht nennen. Die LINKE im Rat der Stadt Braunschweig hatte den Startschuss gegeben zur schulpolitischen Debatte mit ihrem Antrag zur Errichtung einer 6. IGS. Aber die schulpolitische Debatte im Rat war dann eben doch keine. In fast Hoffmannscher Manier ergriff zunächst der jetzige Oberbürgermeister das Wort. Er ging dabei auf die vielen Briefe und Mails (z.T. Mustertexte) ein, die in den letzten Tagen die Fraktionen erreicht haben, um am Ende einen Appell einzubringen, man solle aufeinander zu gehen. Tenor fast aller Briefe der letzten Tage: Unser Gymnasium darf nicht geschlossen werden.

Diese Debatte stand aber gar nicht an, sondern es ging um die Frage der Errichtung einer weiteren Gesamtschule, denn immer noch werden fast 250 Schülerinnen und Schüler Jahr für Jahr abgewiesen, weil es nicht genügend Plätze an den fünf vorhandenen IGSen gibt. Dieser Trend ist seit Jahren so und ist auch im Sachstandsbericht der Verwaltung zum Schulentwicklungsplan deutlich benannt. Damit wird seit Jahren dem Elternwillen nicht Rechnung getragen.
Der Zulauf zu den Gymnasien ist bekannt und diese sind auch gut aufgestellt. Insofern muss man die Panikmache, die von Seiten der CDU in Gang gesetzt wurde, als völlig verantwortungslos bezeichnen. Keiner der Unterstützerparteien für die 6.IGS würde in den Sinn kommen, ein funktionierendes Gymnasium zu schließen. Das wurde dann in der Debatte auch so verdeutlicht.

Den Antrag, dem im Schulausschuss SPD, Grünen. LINKEN und BiBS zustimmten, haben wohl wenige genauer gelesen, geschweige denn durchdacht. Dort heißt es:

„Basierend auf den nach wie vor hohen Anmeldezahlen und der daraus folgenden hohen Ablehnungsquote an den bestehenden 5 integrierten Gesamtschulen, soll die Schulentwicklungsplanung die Einrichtung einer 6. IGS in Braunschweig vorsehen und entsprechend verfolgen. In einem konstruktiven und offen geführten Dialogprozess zwischen Schulverwaltung, fachlichen Vertretern, Elternvertretern und Politik sollen in einem ersten Schritt grundsätzliche Fragen geklärt werden wie z.B:1. Fachliche und pädagogische Aspekte, 2. Entwicklung und Perspektiven für Haupt- und Realschulen, sowie Gymnasien in der zu-künftigen Schulentwicklung, 3. möglicher Standort einer 6. IGS unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schullandschaft. Dabei appelliert der Rat an alle Beteiligten, die in der Vergangenheit oft ideologisch geführte Schuldiskussion auf eine sachliche Ebene zu bringen. Der Elternwille und die Anmeldezahlen spiegeln den Wunsch nach einer pluralistischen Schullandschaft, die unter Erhalt des Schulfriedens auch entwickelt werden kann. Die Verwaltung wird beauftragt bis Ende des Jahres einen Ablaufplan für den oben angeführten Diskurs zu entwickeln, der spätestens zum Sommer 2015 beendet sein soll. Danach sollen die erforderlichen Grundsatzbeschlüsse spätestens bis Ende 2015 gefasst werden.“

Nach über dreistündiger Debatte waren die Positionen verdeutlicht. Um der CDU eine Brücke zu bauen, schlugen die Grünen vor, dass man den zeitlichen Rahmen aus dem Antrag nehmen könnte. Nach einer Beratungspause kam dann die CDU überraschend (vielleicht auch nicht für alle???) mit einem Kompromissvorschlag. Im Schulentwicklungsplan soll sowohl der Erhalt aller neun Gymnasien als auch die Einrichtung einer 6.Intergrierten Gesamtschule besonders berücksichtigt werden. Diesen angeblichen Kompromiss betitelt die Braunschweiger Zeitung völlig richtig als: „Rat stärkt die Gymnasien“. Nur was soll das? Die Gymnasien in Braunschweig stehen gut da, brauchen eine solche Stärkung gar nicht. Zudem ist der „Kompromiss“ kaum das Papier wert, auf den er gekritzelt wurde (er lag dem Rat nicht schriftlich vor!), denn die Aussage in der BZ, dass weder ein Bestandsschutz für die Gymnasien dauerhaft damit gegeben ist noch die Gründung einer weiteren IGS beschlossen worden sei, ist völlig richtig. Das ist kein Schulfrieden, sondern einfach Stillstand bezüglich der weiteren IGS.

Erbärmlich wie hier die SPD sich bei der Abstimmung verhielt. Hatte Christoph Bratmann in der vorangehenden Debatte noch klar Stellung gegen die CDU bezogen, mit ihrer Kampagne und Panikmache bei den Gymnasien, war die SPD nun sehr schnell bereit, diesen „Kompromiss“ einzugehen. Angst vor den Zuhörerinnen und Zuhörern? Die angebliche Vorreiterin für Gesamtschulen überließ der CDU den Sieg.

Aber auch die BiBS stimmte dem „Kompromiss“ zu- die Reaktionen des Publikums immer fest im Auge. Die Piraten enthielten sich, nachdem ihr Vorsitzender erklärt hatte, dass er die 6. IGS im Schulentwicklungsplan überhaupt nicht erwähnt haben will.

Was ist aus der bunten Mehrheit geworden? Die Mehrheiten bestehen aus der großen Einfalt.
(Gisela Ohnesorge)


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