Braunschweig. Mit großer Mehrheit hat der Rat der Stadt Braunschweig am heutigen Dienstag nach langer Diskussion beschlossen, dass an der Sanierung der Stadthalle festgehalten wird. Dafür soll gegebenenfalls eine eigene Projektgesellschaft gegründet werden. Ein Änderungsantrag der CDU, der den Abriss und Neubau der Halle trotz bestehenden Denkmalschutzes prüfen wollte, wurde abgelehnt.
Ratsherr Udo Sommerfeld (Die Linke), dessen Antrag (beziehungsweise seiner Gruppe mit Volt und der PARTEI) das Thema erst auf die Tagesordnung gebracht hatte, zeigte sich verärgert über die Entwicklung, die das Thema genommen habe. Sein Ansinnen sei es gewesen, den Ratsbeschluss von 2017 zu kippen, da dieser gescheitert sei. Ein "weiter so" dürfe es nicht geben. Die CDU habe zumindest dies erkannt, allerdings verkenne ihr Antrag die Realität, dass ein Abriss rechtlich nicht möglich sei. Sommerfeld zog seinen Antrag zurück, um somit auch die entsprechenden Änderungsanträge und eine Debatte zu verhindern. Dies führte zu einer mehrminütigen Pause, in der die rechtliche Situation geprüft wurde. Die Prüfung ergab, dass ein Antrag, der bereits in der Tagesordnung stehe, von jedem anderen Ratsmitglied übernommen werden könne. Dies tat Ratsherr Frank Flake (SPD), und die Debatte konnte beginnen.
"Denkmalschutz kein Naturgesetz"
Vertreter der CDU-Fraktion stellten immer wieder die Wirtschaftlichkeit der Sanierung in Frage. Man habe zwar 2017 auch dafür gestimmt, nur sei es seitdem nicht gelungen, einen Investor zu finden. Eigentlich hätte im vergangenen Jahr die sanierte Halle wieder öffnen sollen. Stattdessen tage man nun in einem Gebäude, dass nur noch durch eine Sondergenehmigung überhaupt genutzt werden dürfe. Da man auch bei einer sanierten Halle nicht sehe, dass die neuesten technischen und auch barrierefreien Anforderungen erfüllt werden könnten, halte man einen Abriss und Neubau für die beste Lösung. Der Denkmalschutz, der dem entgegen stehe, sei kein Naturgesetz sondern Ermessenssache, so Ratsherr Claas Merfort. Die Verwaltung habe sich nur nicht ausreichend bei der Denkmalschutzbehörde in Hannover dafür eingesetzt, den Denkmalschutz zu überdenken.
Dem widersprach Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum. Es habe mehrere Anläufe gegeben. Alles wurde mehrfach rechtlich geprüft. Zuletzt habe er eine schriftliche Stellungnahme des Niedersächsischen Wissenschaftsministers erhalten, dass die Stadthalle ein Denkmal sei. Daher müsse man das machen was machbar sei und alle Kräfte auf die Sanierung konzentrieren. Das Problem sei derzeit der Markt, der keine Kapazitäten biete. Burim Mehmeti (SPD) ergänzte, dass bereits wertvolle Vorarbeit in Sachen Planung und Genehmigung der Sanierung geleistet wurde. Das würde bei einem Neustart umsonst gewesen sein. Zudem brach er auch eine Lanze für den Denkmalschutz an sich. „Der Schutz und Erhalt unserer Kultur und Geschichte, die sich auch in den Gebäuden unserer Stadt manifestieren, ist nicht ohne Grund in Form der Denkmalschutzbehörde institutionalisiert. Diese Institution entscheidet auch nicht nach Gutdünken, sondern anhand festgelegter Gesetze", so der Ratsherr.
"Ein Zweckbau, der seinen Zweck verloren hat"
Stefan Wirtz (AfD) zeigte sich skeptisch, was die Leistungsfähigkeit und Kapazitäten einer möglichen Projektgesellschaft unter Federführung der Stadt angeht. Angesichts der nicht gerade an Unterforderung leidenden Bauverwaltung müsse man sich fragen, "was können wir selbst leisten?" Die Stadthalle selbst sei jetzt ein Zweckbau, der seinen Zweck verloren habe, aber zum Denkmal erklärt wurde. Eine generelle Debatte über den Denkmalschutz sei fällig. Sonst lebe man demnächst in einem Freilichtmuseum.
Dr. Bernhard Piest (BIBS) sprach sich für eine Sanierung der Stadthalle aus, wenn diese unter optimalen energetischen Parametern erfolge. Ein Abriss und Neubau erfordere zu viel "graue" Energie und entspreche nicht dem Ziel der Klimaneutralität. Einen ganz pragmatischen Grund für die Sanierung brachte Ratsherr Dr. Burkhard Plinke (Bündnis 90 / Die Grünen) an. Für die Anwohner der Stadthalle, zu denen er gehöre, seien Abriss und Neubau zu große Belastungen.
"Chance wider besseren Wissens vertan"
Auch wenn Heidemarie Mundlos (CDU) mahnte, die politische Mehrheit vergebe heute wider besseren Wissens eine gute Chance, wurde der Änderungsantrag von SPD und Grünen angenommen, der vorsieht, dass die Verwaltung die Umsetzung der Sanierung durch eine eigene Projektgesellschaft prüfen soll. Ob ihr Fraktionskollege Thorsten Köster mit seiner Prognose recht behalten wird, dass einem bei dem vorgelegten Tempo die Stadthalle die Entscheidung durch Einsturz abnehmen wird, bleibt abzuwarten.
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