Keine Umbenennung von NS-Straßennamen: Es gibt auch Kritik am Vorschlag der Stadt

ÖDP und Grüne haben bereits ihre Ablehnung bekundet. Die AfD begrüßt den Vorschlag. Bei FDP und ULG wird noch beraten.

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Gifhorns langjähriger Bürgermeister Herbert Trautmann gehört zu den 16 Personen, die als belastet gelten. Archivbild
Gifhorns langjähriger Bürgermeister Herbert Trautmann gehört zu den 16 Personen, die als belastet gelten. Archivbild | Foto: Alexander Dontscheff

Gifhorn. Am heutigen Dienstag setzt sich der städtische Ausschuss für Jugend, Kultur und Soziales als erstes politisches Gremium mit der Verwaltungsvorlage auseinander, in der die Stadt vorschlägt, auf Straßenumbenennungen zu verzichten (regionalHeute.de berichtete). Im vergangenen Jahr waren 62 Biographien von Personen, die während der Zeit des Nationalsozialismus gelebt haben und nach denen in Gifhorn Straßen benannt worden sind, von einem Historiker durchleuchtet worden. Und obwohl die Untersuchung ergeben hatte, dass sich davon 16 Personen in unterschiedlichem Maße für das NS-Regime engagiert hatten, möchte die Stadt nun doch keine Umbenennungen durchführen, da man nicht Verdienste mit Vergehen aufrechnen und stattdessen lieber Aufklärungsarbeit leisten wolle. Dies sorgt bei den Fraktionen im Gifhorner Stadtrat für ein geteiltes Echo.


"Die ÖDP-Fraktion wird den Vorschlag der Verwaltung definitiv ablehnen. Wir werden für eine Umbenennung plädieren", kündigt die ÖDP-Fraktion in einer Pressemitteilung an. Als seinerzeit Vorschläge für die Benennung und Ehrung von Personen für besondere Leistungen vorgeschlagen wurden, seien bewusst Zeiträume aus deren Biographie ausgeblendet worden. Dann müsse man auch mit einer Annullierung rechnen. "Die Umbenennung der Straßen ist die Konsequenz aus dem Ergebnis des damaligen Handlungsauftrages zur Erforschung der Straßennamen und Stadtgeschichte", so die ÖDP abschließend.

"Gegebenenfalls Konsequenzen aus den Erkenntnissen ziehen"


Ähnlich sieht dies die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Umbenennung der Straßen in Gifhorn. "Klar ist, dass zum heutigen Zeitpunkt einige der Namensgeber unserer Straßen nicht mehr entsprechend geehrt würden. Wir werden dem Vorschlag der Verwaltung, die Straßennamen unverändert zu lassen, daher nicht zustimmen", schreibt Fraktionsvorsitzende Nicole Wockenfuß auf Anfrage. "Die Stadt Gifhorn trägt als Institution und wir als Gifhorner Gesellschaft auch langfristig die Verantwortung für unsere Geschichte. Aus dieser Verantwortung heraus ist es meiner Fraktion sehr wichtig, die kritische Auseinandersetzung mit der Gifhorner Geschichte fortzusetzen", so Wockenfuß weiter. Die Nazi-Diktatur habe auch in Gifhorn verheerende Spuren hinterlassen, die nicht geleugnet oder vergessen werden dürften. Kritische Auseinandersetzung bedeute eben auch, gegebenenfalls Konsequenzen aus den Erkenntnissen zu ziehen. Dies seien in diesem Fall Straßenumbenennungen.

Gänzlich anders bewertet die AfD den Vorschlag. "Die AfD nimmt es mit Freude auf, dass keine Straßennamen einfach umbenannt werden sollen", schreibt Fraktionsvorsitzender Stefan Marzischewski-Drewes auf Anfrage. Man habe hier seit Jahren auf eine Beteiligung der Bürger gedrängt und sich gegen die "Selbstherrlichkeit der etablierten Ratsparteien" gewandt, die das Thema lange hätten verschweigen wollen. Auch auf eine Richtlinie zur Benennung von Straßennamen (die ebenfalls Bestandteil der Ratsvorlage ist) habe man immer hingewirkt.

AfD steht für Projektarbeit an Schulen zur Verfügung


Die im Antrag vorgeschlagenen Schulprojekte zu den Namen und öffentliche Diskussion bewertet die AfD als zielführend. "Die AfD Ratsfraktion stellt sich gerne für die Projektarbeit an den Schulen und für Vorträge zur Verfügung", so Marzischewski-Drewes. Das von der Verwaltung vorgeschlagene Buch über Straßennamen sehe man vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage dagegen skeptisch. Hierfür stünden genauso wenig Geldmittel zur Verfügung wie für eine Beauftragung von Forschungsarbeiten eines Historikers. Hierzu müsste aus Sicht der AfD auch eine öffentliche Ausschreibung erfolgen und keine Vorfestlegung auf den Historiker Dr. Manfred Grieger stattfinden, der bereits die Untersuchungen zu den Biographien durchgeführt hatte (regionalHeute,de berichtete).

Unentschlossen ist man noch bei FDP und ULG. "Wir werden die Vorlage in unserer nächsten Gruppensitzung beraten. Ich bitte um Ihr Verständnis, ohne Abstimmung keine Festlegung treffen zu wollen", erklärte FDP-Ratsherr Stefan Armbrecht auf unsere Nachfrage. Ähnlich äußerte sich Jürgen Völke (ULG) am Telefon. Die Fraktionen beziehungsweise Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD waren weder per E-Mail noch telefonisch zu erreichen.


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