Habeck: Probleme der Parteien nicht wegen Merkel und Schulz

von Frederick Becker


Robert Habeck setze sich in seinem Vortrag in der Frankenberger Kirche kritisch mit den sozialen Netzwerken auseinander. Foto: Frederick Becker
Robert Habeck setze sich in seinem Vortrag in der Frankenberger Kirche kritisch mit den sozialen Netzwerken auseinander. Foto: Frederick Becker | Foto: Frederick Becker

Goslar. Robert Habeck, Co-Vorsitzender der Grünen, hielt am gestrigen Donnerstag einen Vortag zum Thema „Grün zwischen allen Stühlen – Auf der Suche nach der besseren Gesellschaft“ in der Frankenberger Kirche (wir berichteten). Er zeichnete dabei das Bild einer zutiefst verunsicherten Gesellschaft.


Mit der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft verlören auch die klassischen politischen Themen der Volksparteien SPD und CDU an Bedeutung. "Die Werte-und-Normen-Debatte greift nicht mehr", konstatiert der Grünen-Chef. Deshalb, und nicht wegen Kanzlerin Merkel oder Martin Schulz, hätten die Parteien mit Mobilisierungsproblemen zu kämpfen. Habeck hielt seinen Vortrag frei.

Wenn Menschen heute unschuldig arbeitslos würden, gebe es dafür keine moralisch einleuchtenden Erklärungsmuster. Das verunsichere die Bevölkerung. Und die Politik sei nicht in der Lage, Halt und Sicherheit zu bieten, weil sie das "Wirklichkeitsgefühl" der Deutschen nicht mehr abbilde. So liege derzeit kein Segen auf der Politik, meinte Habeck.

Zu viele Antworten, nicht genug Fragen


Das ganze werde durch die Digitalisierung noch verstärkt. In den sozialen Medien würden leichte Antworten vorgetäuscht und zu wenig Fragen gestellt und gezweifelt. Die Menschen hätten keine Zeit mehr nachzudenken, sondern feuern sofort den ersten Tweet raus.

Außerdem würden selbst die privatesten Lebensbereiche kommerzialisiert und "in Wert gesetzt". "Mir macht es Sorge, dass da ein Schutzraum wegfällt", meinte Habeck.

Die Gesellschaft müsse sich entscheiden, ob sie bestimmte Werte aufgeben wolle, meinte Habeck abschließend und bezog sich dabei insbesondere auf die Wahl zwischen Offenheit oder Abschottung. Die Frage sei "Gelingt es der liberalen Demokratie, eine Antwort zu geben, die das Bedürfnis nach Schutz erfüllt, ohne zu spalten und abzuschotten?"

Die Rampensau bleibt im Stall


Habeck vermittelte sichtlich den Eindruck eines Getriebenen, der sich ganz und gar der Politik verschrieben hat, dennoch versuchte er nicht, dass Publikum mit Charme zu umgarnen, streckenweise kam sein Vortrag eher spröde daher. Das tat der Begeisterung des Publikums jedoch keinen Abbruch, sie standen nach dem Vortrag Schlange, um sich Habecks Buch, das es vor Ort zu kaufen gab, signieren zu lassen.

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