HarzBus im Kreuzfeuer - Schülertransport soll sich ab sofort verbessern

Seit dem Start des neuen Schuljahres häufen sich die Probleme - Der HarzBus verspricht schnelle Besserung. Teilweise sollen die Maßnahmen schon am heutigen Dienstag greifen.

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Der Schülertransport im Landkreis soll sich spürbar verbessern.
Der Schülertransport im Landkreis soll sich spürbar verbessern. | Foto: Max Förster

Goslar. Verspätungen, verpasste Anschlüsse, falsche Beschilderungen oder Busse fahren einfach vorbei. Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Goslar ließen vor den Vertretern des Regionalverbandes Großraum Braunschweig (RGB) und der HarzBus GbR in der Einwohnerfragestunde des gestrigen Kreistages kaum ein gutes Haar am erst im April 2019 gegründeten Busunternehmen. Die Verantwortlichen diskutierten parallel zur Kreistagssitzung fast eineinhalb Stunden mit Eltern, die ihrem Unmut über die schlechte Qualität der Schülerbeförderung Luft machten. In einem anschließenden Pressegespräch gelobten RGB und HarzBus schnelle Besserung, die teilweise schon ab dem heutigen Dienstag spürbar sein sollen.


Mareike N. aus Lengde hatte sich in zur Kreistagssitzung im Lindenhof begeben, weil die aktuelle Situation aus ihrer Sicht unzumutbar sei: "So extrem wie jetzt war es noch nie. Man hat immer Angst und Sorge, ob die Kinder pünktlich wegkommen oder ihren Anschlussbus erreichen", schildert die Mutter zweier Kinder. "Die Kinder haben mitunter um 13:30 Uhr Schulschluss und sind teilweise erst um 15:15 zu Hause. Wenn sie um 7:15 Uhr das Elternhaus verlassen, haben sie damit einen längeren Arbeitstag als viele Erwachsene!" Häufig sei sie mit einer Nachbarin in Eigeninitiative losgefahren und habe die Kinder abholen müssen, weil es für sie mal wieder nicht weiter ging: "Die Schüler werden wissentlich von den Busfahrern angelogen. Am Bus steht Altenau, er fährt aber nach Vienenburg. Wann kommt endlich eine Lösung?"

"Die Kinder kommen nie pünktlich weg"


Rita G. aus Immenrode schildert ähnliche Probleme. "Die Kinder kommen nie pünktlich weg. Besonders auf dem Rückweg gibt es immer Probleme." Auch sie habe ihre Kinder häufig selbst aus Bad Harzburg abholen müssen, weil der Bus nicht gekommen sei oder die Busfahrer in Vienenburg keine Auskunft geben konnten, ob der Bus nach Immenrode fährt - oder nicht.

Mit diesem und weiteren Punkten der Eltern und Elternvertreter gingen Ralf Sygusch vom Regionalverband Großraum Braunschweig, sowie Carsten Pülm und Jan Behrendt als Geschäftsführer des HarzBus mit den zahlreich erschienenen Eltern ins Gespräch und standen anschließend auch den Mitgliedern des Kreistages Rede und Antwort. Im anschließenden Pressegespräch wurden die Ergebnisse vorgestellt.

Landrat Thomas Brych.
Landrat Thomas Brych. Foto: Marvin König



Landrat Thomas Brych zu den vorangegangenen Gesprächen. Podcast: Marvin König


Massive Veränderungen und neue Situationen


Zum Hintergrund: Die Verkehrsbetriebe Bachstein, Pülm und das Reisebüro Schmidt haben sich erst im April 2019 kurzfristig zur Firma HarzBus zusammengeschlossen und bereits diverse bestehende Linien des Vorgängers Regionalbus Braunschweig GmbH (RBB) übernommen. Dieser hatte aus wirtschaftlichen Gründen geplant, diverse Linien - vor allem am Wochenende - zu streichen. Der neu gegründete HarzBus legte bei der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) ein besseres, wirtschaftlicheres Konzept vor, das die Problematik der wenig nachgefragten Linien mit Anruf-Linientaxis (ALT) zu lösen versprach und stach so das unattraktivere Zukunftskonzept des RBB aus. Ende 2019 übernahm HarzBus alle Linien vom RBB. Unter hohem wirtschaftlichen Druck und unter Beteiligung der Öffentlichkeit wurde das für April 2020 geplante neue Linienkonzept schließlich auf Juli 2020 verschoben und ging in den Sommerferien an den Start. Hinzu kam die Anschaffung neuer Fahrzeuge und Investitionen in das sogenannte "Echtzeitprojekt", das die Taktung der Busse in Zukunft mithilfe technischer Lösungen besser aufeinander abstimmen soll.

HarzBus fasst zusammen. "Es gab innerhalb von 18 Monaten mehr Veränderung als in 18 Jahren zuvor." Und dieser Lernprozess sei laut HarzBus-Geschäftsführer Jan Behrendt auch der Schlüssel zum Verständnis der massiven Probleme seit der Liniennetzumstellung.

Hat der HarzBus sich verzockt?


Sämtliche Mitarbeiter mussten auf das neue Netz geschult werden. Hinzu kam der Umgang mit neuer Technik. Hat HarzBus sich bei der Taktung seiner Innovationen verzockt? Anschlüsse funktionierten plötzlich nicht mehr, Umstiege waren zu knapp oder überhaupt nicht leistbar, Busfahrer schienen überfordert. Von einigen anwesenden im Kreistag wurde der Ruf nach Sanktionen für die "schlechte Leistung" laut. Landrat Thomas Brych betont jedoch im Pressegespräch, dass die Beschwerden nach intensiver Kommunikation mit dem RGB und dem HarzBus bereits nachlassen würden. Und auch die erste Kreisrätin Regine Körner stellt klar: "Es sind viele kleine verschiedene Mängel, die aber auch immer behoben werden, sodass über Mängelbeseitigung Vertragserfüllung erreicht werden kann. Ein Mangel reicht nicht aus um zu sanktionieren."

Was unternimmt HarzBus konkret?



Ralf Sygusch, Verbandsdirektor des Regionalverbandes Großraum Braunschweig
Ralf Sygusch, Verbandsdirektor des Regionalverbandes Großraum Braunschweig Foto: Marvin König



Ralf Sygusch, Verbandsdirektor beim Regionalverband Großraum Braunschweig, nimmt Stellung zu den Problemen bei der Schülerbeförderung. Podcast: Marvin König

Landrat Thomas Brych äußerte sich positiv zum Verlauf des Gespräches. Es sei deutlich geworden, dass die Firma HarzBus intensiv an der Lösung von Problemen arbeite. Besonders durch die technische Neuerung der Echtzeitauskünfte werde sich die Situation drastisch verbessern. So soll durch die verbesserte Kommunikation der Fahrer untereinander dafür gesorgt werden, dass Anschlüsse erreicht werden, auch wenn eine Baustelle den Linienverlauf verändert. Ralf Sygusch, Verbandsvorsitzender des Regionalverbandes Großraum Braunschweig dazu: "Es ist eine Phase des Lernens notwendig gewesen: Wenn ich ein neues System einführe und es zu Anpassungen und Ergänzungen kommt, ist das ein völlig normaler Prozess. Bestimmte Erfahrungen müssen erst gesammelt werden. Die Rahmenbedingungen mit Baustellen und ähnlichem hat es nicht gerade leicht gemacht."

Die Kommunikation soll zukünftig mit dem sogenannten "Echtzeitprojekt" bewerkstelligt werden. Jan Behrendt erklärt, dass dieses Novum am Ende in allen Bus- und Bahnunternehmen niedersachsenweit laufen und die Anschlussverbindungen sichern soll: "Wir sind als junges Unternehmen da schon sehr weit. Wir haben das parallel zur Betriebsaufnahme verbaut und sind kurz vor der Fertigstellung." Zwischen Oktober und November soll das System in Betrieb gehen.

Das "Echtzeitprojekt"


Mit dem Echtzeitprojekt sollen nicht nur die Busse detailiert über ihre Position zueinander und mögliche Verspätungen informiert werden, auch die Fahrgäste sollen an bestimmten Knotenpunkten mittels digitaler Anzeigen besser über die Ankunft ihres Busses informiert werden. "Wir werden unsere Fahrer zusätzlich mit Handys ausstatten und die Kommunikation sicherstellen", ergänzt Behrendt.

Fahrplananpassung nach den Herbstferien


Als weitere Sofortmaßnahme soll nach den Herbstferien eine Fahrplananpassung erfolgen, um Engpässe in bestimmten Linien auszubessern, auf einen es häufig zu Verspätungen kommt. Behrendt betont, dass man sehr gut wisse, auf welchen Linien es "zu knapp" ist. Diese Anpassung sei vor allem auf den Linien notwendig, auf denen im Nachhinein Haltestellen hinzugefügt wurden, ohne die Transferzeit zum nächsten Haltepunkt zu berücksichtigen.

Das sind die "Hot-Spots"



"Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass das ab morgen klappt."

- Jan Behrendt, Geschäftsführer HarzBus zur Umstiegssituation in Liebenburg.



Die Probleme liegen laut HarzBus-Geschäftsführer Behrendt konzentriert an einer handvoll Punkten. Große Probleme habe Langelsheim am Anfang gemacht, dies sei aber behoben worden. Die Umsteigeverhältnisse in Vienenburg seien ein weiterer schwieriger Punkt. "Die Schüler müssen erst lernen, in welchen Bus sie steigen müssen. Da sind wir dabei, die Beschilderung nachzubessern", verspricht Behrendt. Am Schlimmsten sei die Situation jedoch in Liebenburg: "In Richtung Döhren gibt es einen Umstieg, der seit den Sommerferien schon sieben Mal nicht funktioniert hat. Wir begleiten den Umstieg vor Ort ab sofort durch zusätzliches Personal." Behrendt wird deutlich: "Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass das ab morgen klappt." Das Problem bislang sei hauptsächlich auf menschliches Versagen zurückzuführen gewesen: "Es gibt einen Zubringer ab Goslar, der teilweise verspätet angekommen ist. Und der Abbringer hat nicht gewartet, trotz mehrfacher Dienstanweisung."

Die Initiative Bus-Scouts


Weiterhin werde künftig die Initiative Bus-Scouts ausgebaut. "Die Bus-Scouts werden aus dem Schülerkreis rekrutiert und sind als solche auch in den Fahrzeugen zu erkennen. Sie sollen die anderen Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg unterstützen, auch bei den immer wieder kritischen Umstiegen, die mittels der anderen Maßnahmen sichergestellt werden sollen

Mundschutz bleibt weiterhin wichtig


Bezüglich der Auslastung einzelner Linien merkt Landrat Thomas Brych an, dass die Schülerbeförderung laut des Robert-Koch-Institutes sicher sei, sofern alle Fahrgäste einen Mund-Nasen-Schutz tragen. "Ich war im Gespräch mit vielen Landräten. Die Auslastung der Busse ist ein Niedersachsenweites Problem." Nachweise über ein Ausbruchsgeschehen, dass auf volle Busse zurückzuführen ist, liegen dem RKI jedoch nicht vor. Jedoch bleibt die Maske - auch an der Haltestelle - weiter ein wichtiges Instrument, damit dies auch so bleibe.

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