Harz. Seit Tagen sorgen über 1.000 Anhänger der sogenannten Rainbow Family für Ärger im Harz. Diese Hippies sind zwar friedlich, dennoch verstoßen sie gegen die Auflagen, die die Landkreise Goslar und Göttingen erlassen haben. Denn das Lager der Gemeinschaft befindet sich direkt im Landschaftsschutzgebiet zwischen Bad Grund und Clausthal-Zellerfeld. Am gestrigen Dienstag gab es eine Pressekonferenz, auf der die bisherigen Maßnahmen erläutert wurden.
Da vorherigen Bemühungen der Goslarer und Göttinger Kreisverwaltungen noch nicht den erhofften Erfolg erzielt hatten und die Mitglieder der sogenannten Rainbow-Family noch immer verbotener Weise in einem Harzer Landschaftsschutzgebiet campen, griffen die Landkreise am Montag erneut ein. Vorrangiges Ziel war es, ein großes „Ritualfeuer“ sowie weitere Feuerstellen der Bewohnerschaft des illegalen Camps in dem gemeindefreien Landschaftsschutzgebiet zwischen Bad Grund und Clausthal Zellerfeld zu löschen, welches für die Vollmondnacht auf Dienstag geplant war. Das Ritualfeuer sollte ein Höhepunkt des sogenannten "Gatherings" werden.
„Es war ein erfolgreicher Einsatz, denn das große Ritualfeuer, das in der Nacht zum 20. August in dem Waldgebiet abgebrannt werden sollte, konnte verhindert werden“, resümierte Marlies Dornieden, Dezernentin für Öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landkreises Göttingen.
Großes Feuer verhindert, kleine Feuer gelöscht
Mit Blick auf die Größe eines Feuers, das bereits am Vorabend der Vollmondnacht in dem Landschaftsschutzgebiet entzündet worden war, war die Befürchtung der Behörden groß, dass ein Flächen- oder Waldbrand ausbrechen könnte. Gegen 15:30 Uhr betraten Kräfte der Landespolizei gemeinsam mit Feuerwehrleuten, die mit Löschsäcken ausgestattet waren, den zentralen Platz des über 200 Hektar verteilten Camps. Die Feuerwehr konnte das bereits leicht brennende Feuer löschen; die Polizisten bildeten einen losen Kreis um die Feuerstelle und konnten so über die Nacht hinweg sicherstellen, dass die Flammen nicht mit dem bereitliegenden Holz neu entfacht werden konnten. "Die Rainbow-Family tanzte und feierte friedlich auf dem Platz um die abgeschirmte Stelle herum", heißt es in einer Pressemitteilung der Göttinger Kreisverwaltung. Auch weitere kleine Feuerstellen konnten im Laufe des Abends erfolgreich erstickt werden.
Die Polizei räumte den Bereich. Doch bislang konnte das Lager nicht verhindert werden. Foto: Landkreis Goslar/ Sobotta
Rund 350 Kräfte im Einsatz, Kosten noch nicht zu beziffern
Insgesamt 350 Kräfte von Kreisverwaltung, Polizei, Freiwilliger Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW) und Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) waren insgesamt im Einsatz. Ab 4 Uhr früh rückten die Kräfte nach und nach ab, um 6 Uhr war der Einsatz beendet. Die Kosten für die Aktionen, die seit der Besetzung des Landschaftsschutzgebiets durch die Rainbow-Family entstanden sind, können noch nicht genau beziffert werden. Ob die Geldbußen, mit denen die illegal Campenden bisher belegt worden sind, die Ausgaben der Kreisverwaltungen decken werden, ist ebenfalls offen.
Aus der Luft kann man die gigantischen Ausmaße des Camps gut erkennen. Foto: Landkreis Goslar/ Sobotta
Wildes Parken und Campen, Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren
Im Rahmen der Aktion wurden weiterhin 25 Fahrzeuge abgeschleppt, die wild parkten und die Zufahrten versperrten sowie ein Durchkommen von Rettungs- und Feuerwehrfahrzeugen auf Forstwegen behinderten. Insgesamt wurden seit Bekanntwerden des Camps etwa 100 Fahrzeuge – einzelne Fahrzeuge teilweise mehrfach – aus dem Gebiet entfernt. Patrick Moritz, Leiter des Fachbereichs für Öffentliche Sicherheit und Ordnung, ergänzte im Rahmen der Pressekonferenz: „Bisher konnten wir Ordnungswidrigkeitsverfahren im unteren dreistelligen Bereich aufnehmen.“
Biotop angezapft, Exkremente im Landschaftsschutzgebiet
Auch weitere Fachleute der Kreisverwaltung, unter anderem aus den Bereichen Umwelt und Veterinärwesen, waren auf dem Gelände unterwegs und stellten unter anderem fest, dass eine Wasserleitung rechtswidriger Weise aus einem Biotop in das Camp verlegt worden war. Diese wurde zurückgebaut. Die Feuerwehrtechnische Zentrale (FTZ) des Landkreises Göttingen stellte den Campenden 240 Liter Frischwasser zur Verfügung. Damit sollte sichergestellt werden, dass weiterhin Nahrung für die Babys und Kleinkinder der Campenden hergestellt werden kann.
Ein weiteres Problem: Auch wenn die Mitglieder der Rainbow-Family sich Notdurft-Löcher, sogenannte „Shit pits“ gebuddelt haben und dies mit Abstand zu Bächen, Flüssen oder Seen geschehen sein sollte, so ist die Menge der Ausscheidungen nicht unerheblich und Fäkalien könnten durch Überschwemmungen oder starken Regen in Gewässer eindringen. Geht man davon aus, dass ein erwachsener Mensch am Tag circa 250 Gramm Stuhl ausscheidet, dann ergibt das in 8 Tagen bei 1.000 Personen eine Menge von 2000 Kilogramm.
Ausblick und weiteres Vorgehen
„Wir gehen davon aus, dass die Campenden nun nach und nach abreisen werden, da das große Ritualevent in der Vollmondnacht vorüber ist“, so Dorniedens Einschätzung. Da das sogenannte „Gathering“ der Regenbogenfamilie bis zum 3. September geplant ist, ließe sich aber nicht genau sagen, wann die letzte Person das Landschaftsschutzgebiet verlassen würde. Mit Hinblick auf die Wetterprognose, die Trockenheit und Hitze voraussagt, und um eine Gefahr durch Feuer die weiterhin verstellten Wege von der Bevölkerung abzuwenden, wird das Sperrgebiet zunächst bestehen bleiben und die entsprechend angepasste Allgemeinverfügung für weitere 7 Tage erlassen. Im Rahmen ihrer Möglichkeit wird die Göttinger Kreisverwaltung die entsprechenden Informationen vor Ort mittels Aushängen und Lautsprecherdurchsagen verbreiten, auffordern, das Gebiet zu verlassen, zunächst weiterhin Feuer löschen, Platzverweise erteilen sowie Fahrzeuge entfernen. „Wir werten täglich unter anderem Drohnenfotos aus und beraten je nach Entwicklung der Lage die weiter Vorgehensweise tagesaktuell“, erläutert Dornieden.
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