Mädchen-Mord in Salzgitter: Welche Strafen drohen den Tätern?

Neben der Frage, was für eine Strafe jugendlichen Straftätern droht, beantwortet das niedersächsische Justizministerium auch, wie es mit der Schulbildung in einer Jugendhaftanstalt aussieht.

von


Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Salzgitter. Das Auffinden einer Mädchenleiche vor genau einer Woche in Salzgitter-Fredenberg lässt die Menschen auch über Salzgitter hinaus fassungslos und entsetzt zurück. Vor allem, weil die 15-Jährige von zwei Mitschülern, gerade mal selbst 13 und 14 Jahre alt, getötet worden sein soll. Doch während dem Einem, zumindest strafrechtlich, keine Konsequenzen drohen, kann der 14-Jährige des Mordes angeklagt und verurteilt werden. Welche Strafe jugendliche Straftäter zwischen 14 und 18 Jahren erwartet, weiß Hans-Christian Rümke vom niedersächsischen Justizministerium.



Einer der mutmaßlichen Täter befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Da er 14 Jahre alt ist, findet bei ihm das Jugendstrafrecht Anwendung. Geregelt ist das in Paragraph 19 des Strafgesetzbuchs unter Schuldunfähigkeit des Kindes. Darin heißt es: "Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.".

Ministeriums-Sprecher Hans-Christian Rümke klärt auf Nachfrage von regionalHeute.de über das Jugendstrafrecht auf. Dabei betont Rümke, dass sich seine Aussagen nicht auf den aktuellen Fall in Salzgitter beziehen, sondern grundsätzlich auf das Jugendstrafrecht. Dabei macht er zunächst einmal deutlich: "Die in Paragraph 19 StGB festgelegte Altersgrenze von 14 Jahren resultiert aus dem Jahr 1923. Davon gibt es keine Ausnahmen."

Gesetzt fast 100 Jahre alt


Der Fall in Salzgitter löste eine Diskussion über die Strafmündigkeit aus und darüber, ob es an der Zeit wäre, ein beinahe 100 Jahre altes Gesetz zu reformieren. Auch niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann forderte aufgrund des Mädchen-Mordes in Salzgitter eine Debatte darüber, ob die Strafmündigkeit mit 14 noch angebracht ist. Wenn einerseits eine Herabsenkung des Wahlalters gefordert werde, dann müssten Jugendliche auch mehr Verantwortung übernehmen können. Dazu gehöre auch, dass die Strafmündigkeit herabgesetzt werde, sagte Althusmann gegenüber dem NDR.


Bis in die frühen 1920er-Jahre begann das Strafmündigkeitsalter mit dem vollendeten 12. Lebensjahr. Inspiriert von der zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzenden Jugendgerichtsbewegung, sei dann unter der maßgeblichen Federführung des damaligen Justizministers Gustav Radbruch das erste deutsche Jugendgerichtsgesetz entstanden, das am 16. Februar 1923 in Kraft trat. Es könne als der erste Schritt zur Herausbildung eines besonderen Jugendstrafrechts und dessen Ablösung vom allgemeinen Strafrecht bezeichnet werden. Unter anderem sei man diesbezüglichen Forderung der Jugendgerichtsbewegung nachgekommen und die Strafmündigkeitgrenze auf 14 Jahre angehoben. "Ziel der Regelung war es, dem Reifeprozess von Kindern und ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit mehr Rechnung zu tragen", erklärt Rümke die Entstehung der heute geltenden Regelung.



Weiter erklärt Rümke, dass bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren zwingend das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt. Dabei sei laut Gesetz mithilfe der Jugendgerichtshilfe zu klären, ob ein Jugendlicher strafrechtlich verantwortlich ist, das heißt, ob er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug war, das Unrecht seiner Tat einzusehen. Ist dies der Fall, sieht das Jugendgerichtsgesetz einen umfangreichen Katalog von Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln sowie die Verhängung der Jugendstrafe vor. "Die Verhängung der Jugendstrafe kommt bei einer besonderen Schwere der Schuld oder dem Vorliegen schädlicher Neigungen in Betracht. Ob die Voraussetzungen der Verhängung einer Jugendstrafe vorliegen, ermittelt der zuständige Jugendrichter mithilfe der Jugendgerichtshilfe. Bei Kapitalverbrechen wird oftmals die besondere Schwere der Schuld bejaht. Es handelt sich jedoch immer um eine Einzelfallentscheidung", so Rümke.

Höchststrafe 15 Jahre


Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt laut Rümke sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. "Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so beträgt das Höchstmaß der Jugendstrafe zehn Jahre", erklärt Rümke. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts würden hier nicht gelten. Im Falles eines schweren Verbrechens wie Mord können aber mehr als zehn Jahre Haft drohen. Dazu heißt es in Paragraph 105 des Jugendstrafrechts: "Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre."


Bei einer Verurteilung würde ein Jugendlicher seine Strafe in einer Jugendstrafanstalt absitzen. "Für den Vollzug von Jugendstrafen an männlichen Verurteilten in Niedersachsen ist die Jugendanstalt Hameln zuständig", so Rümke. Dort gelten besondere Haftbedingungen. Der Vollzug der Jugendstrafe sei erzieherisch zu gestalten. "Zur Erreichung des Vollzugszieles der sozialen Integration ist die oder der Gefangene in der Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie der Bereitschaft zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte anderer zu fördern." Dabei sei die Förderung des Inhaftierten insbesondere auf soziales Lernen und die Ausbildung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die einer künftigen beruflichen Integration dienen, auszurichten. Auch auf die besonderen altersbedingten Bedürfnisse und Empfindlichkeiten der oder des Gefangenen sei laut Gesetz Rücksicht zu nehmen.

Schule hinter Gittern?


Wer eine Haftstrafe in einem Jugendgefängnis verbüßt, hat das gleiche Recht auf eine schulische und berufliche Ausbildung, wie jeder andere Jugendliche auch. Mit Blick auf die genannten Gestaltungsgrundsätze sollen den Gefangenen vorrangig schulische und berufliche Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zugewiesen werden. Dazu muss Vollzugsbehörde schulische und berufliche Aus- und Weiterbildungsangebote in ausreichendem Umfang bereitstellen und möglichst so gestalten, dass sie von Gefangenen auch sinnvoll genutzt werden können.

Im Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz sei laut Rümke außerdem geregelt, dass den Straftätern die Fortsetzung der im Jugendstrafvollzug begonnenen Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen nach der Entlassung außerhalb der Anstalt ermöglicht werden muss. "Um diese Vorgaben umsetzen zu können, beschäftigt die Jugendanstalt Hameln interne Lehrkräfte und kooperiert mit Bildungsträgern außerhalb des Vollzuges. In Einzelfällen absolvieren Gefangene ihre Schul- oder Berufsausbildung gemeinsam mit nicht inhaftierten Jugendlichen in externen Bildungseinrichtungen; dies setzt allerdings ein besonderes Maß an Zuverlässigkeit voraus", erklärt Rümke abschließend.


mehr News aus der Region