Mit-Mutterschaft soll Diskriminierung lesbischer Paare beenden

Ein Kind, zwei Mütter: Dafür setzt sich die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann ein. Es sei lange überfällig.

Es wird Gleichberechtigung für die Ehepartnerin gefordert. (Symbolfoto)
Es wird Gleichberechtigung für die Ehepartnerin gefordert. (Symbolfoto) | Foto: Pixabay

Hannover. Niedersachsen setzt sich bei der Justizministerkonferenz am heutigen Freitag in Berlin dafür ein, das Familienrecht weiter zu modernisieren. Den Grund nennt Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann: „Die Ehe für alle ist seit 2017 gesetzliche Realität. Es ist daher überfällig, dass der Bund endlich auch die Diskriminierung lesbischer Ehepaare im Abstammungsrecht beendet. Wenn eine der Ehefrauen ein Kind bekommt, muss die andere Ehefrau unmittelbar kraft Gesetzes ebenfalls rechtliche Mutter des Kindes werden - genauso wie es bei heterosexuellen Ehepaaren entsprechend der Fall ist." Dies geht aus einer Pressemitteilung des Niedersächsischen Justizministeriums hervor.



Konkret geht es um die Abstammung ehelicher Kinder. Bei heterosexuellen Ehepaaren trifft der Paragraph 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine klare Aussage: Der Mann, der mit der Mutter des Kindes im Zeitpunkt der Geburt verheiratet ist, ist der rechtliche Vater. Ob er auch im biologischen Sinn der Vater ist - oder auch nur theoretisch sein kann -, spielt dafür keine Rolle.

Ganz anders ist die Situation bei lesbischen Paaren. Auch hier ist Mutter die Frau, die das Kind zur Welt bringt. Ihre Partnerin ist aber nicht automatisch ebenfalls Mutter, sondern nach dem Gesetz nicht mit dem gemeinsamen Kind verwandt. Ihr bleibt nur die Möglichkeit, das Kind ihrer Partnerin als „Stiefkind" zu adoptieren.

Belastende Nachteile für Frauen


Niedersachsens Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann weist auf die erheblichen Nachteile dieser Lösung hin: „Der Adoptionsprozess ist oft sehr belastend. Die künftige Mit-Mutter muss sich einer intensiven Prüfung durch die Adoptionsvermittlungsstelle unterziehen. Überprüft werden unter anderem Alter, körperliche Leistungsfähigkeit, Charakter, Wohn- und Vermögensverhältnisse, berufliche und gesellschaftliche Stellung, Erziehungsfähigkeit und -willigkeit sowie die Fähigkeit, mit der Biografie des Kindes umzugehen. Darin liegt ein intensiver Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Paares, dem sich heterosexuelle Paare nicht aussetzen müssen. Auch für das Kind ist diese Lösung nicht gut. Rechtlich besteht nämlich eine familiäre Verbindung zur zweiten Mutter erst ab der Adoption - bei heterosexuellen Paaren ist der Ehemann der Mutter dagegen ab der Geburt des Kindes mit diesem verwandt - auch wenn er gar nicht der biologische Vater ist."

Ehepartnerin soll Mit-Mutter werden


Beendet werden soll die bisherige Diskriminierung nach dem Willen der Niedersächsischen Justizministerin, indem künftig bei Ehen zwischen zwei Frauen die Mit-Mutterschaft ab der Geburt des Kindes gilt. Die Ehepartnerin der Frau, die das Kind zur Welt bringt, wäre dann von Gesetzes wegen genauso automatisch Elternteil, wie heute der Ehemann in einer heterosexuellen Ehe. Die dafür notwendige Reform des Abstammungsrechts wurde bereits 2017 von einer bundesweiten Expertenkommission angemahnt. Auch im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung wird das Thema aufgegriffen. Dennoch liegt bisher kein konkreter Entwurf vor.

Niedersachsens Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann will das nicht länger hinnehmen: „Die Ehe für alle war vom Bundestag ganz klar gewollt. Nun gilt aber: Wer ‚A' sagt, muss auch ‚B' sagen. Wir wollen die anderen Länder daher überzeugen, eine klare Botschaft an den Bundesjustizminister zu senden. Es muss endlich ein konkreter Gesetzesvorschlag zur Mit-Mutterschaft auf den Tisch. Rechtstechnisch handelt es sich - offen gesagt - nun wirklich nicht um ein besonders komplexes Vorhaben, das man jahrelang prüfen müsste. Für lesbische Paare und ihre Kinder würde diese kleine Änderung aber endlich Gleichberechtigung bringen."


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