Ratssitzung: Emotionales Feuerwerk nach Fraktionswechsel

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Kirsten Seffer kurz vor ihrer Rede und ihre alten Fraktionskolleginnen der Grünen. Collage: Alexander Panknin
Kirsten Seffer kurz vor ihrer Rede und ihre alten Fraktionskolleginnen der Grünen. Collage: Alexander Panknin

Peine. Die heutige Ratssitzung verlief nicht ohne große Emotionen, als die Nachwehen des Fraktionswechsels von Kirsten Seffer geklärt werden mussten. Die Anzahl der Bürgermeistervertreter, die Besetzung des Ausschusses: es standen einige Veränderungen auf dem Plan, nachdem Seffer von den Grünen zur Peiner BürgerGemeinschaft wechselte.


Sicherlich fühlten sich einige an den Eklat um die ehemalige Grünen-Politikerin Elke Twesten im Landtag erinnert, als Seffer ihren Wechsel zum Jahresbeginnbekannt gab.

Wild spekuliert wurde über ihre Gründe: FraktionschefinElke Kentner ging hart mit der jungen Ratsrau ins Gericht (regionalHeute.de berichtete). Heute mussten wichtige Neuerungen geklärt werden. So einigte man sich auf die zukünftige Besetzung der Ausschüsse und die Anzahl der Vertreter des Bürgermeisters.

Reduzierung der Vertreter


Derbeantragten Reduzierung der Vertreter auf zwei Stellen stimmte die Mehrheit des Rates am Ende nicht zu. Im Vorfeld hatten die Fraktionen hierüber den Diskurs aufgenommen. So sahen sowohl die CDU als auch dieFDP/Piraten-Ratsfraktion keinen Grund weiterhin einen dritten ehrenamtlichen Vertreter zu stellen.Dr. Rainer Döring stellte heraus, dass zwei Bestellte durchaus reichen würden, in der Vergangenheit hätte man auch mit dieser Anzahl "keinen Schiffbruch erlitten".

Im Namen der Verwaltung protestierte Bürgermeiste Klaus Saemann gegen diese Einschätzung. Die beiden früheren Vertreter seien auch Rentner gewesen und nicht berufstätig gewesen, stellte er fest. Das 3er-System habe sich bewährt und es habe bereits genügend Gespräche darüber gegeben. Er befürchtete, dass mit einer Reduzierung wichtige Termine zukünftig nicht wahrgenommen werden könnten. Frau Elke Kentner als Vertreterin zu halten, habe zudem den Vorteil, dass sie auch weiterhin wichtige Informationen aus ihrer Arbeit als Mitglied des Niedersächsischen Städtetages einbringen könnte. Die SPD-Fraktion stellte sich hinter ihren Bürgermeister.

Diesen Punkt konnte CDU-Fraktionsvorsitzender Andreas Meier nicht teilen - er lobte, dass der Verwaltung Informationen zugespielt werden, doch selbst habe das Gremium von Frau Kentner nicht viel gehört.

Seffer übt Kritik - doch keiner will sie hören


Ein besonders aufreibender Moment war eine Wortäußerung von Kristen Seffer. In einerpersönlichen Erklärung kritisierte sie die Zusammenarbeit im Rat. Ihre harschen Worte fanden allerdings nicht überall Gehör und kurz vor Ende ihrer Rede entzog Ratsvorsitzende Gabriele Handke ihr das Wort.

Hier die persönliche Erklärung zum Nachlesen:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Frau Ratsvorsitzende
sehr geehrte Damen und Herren des Rates,

Erstens:
Nicht erst in der Folge meines kürzlichen Fraktionswechsels wurde ich bereits im letzten halben Jahr von Mitgliedern dieses Hauses
- hintergangen und belogen,
- persönlich beleidigt
- und öffentlich als „verrückte Krötentante“ verleumdet.

Leider hat mich diese Art des persönlichen Umgangs keinesfalls überrascht: Anstatt sich auf politische Inhalte zu konzentrieren, ist es in diesem Rat Usus geworden, die Auseinandersetzung auf persönlicher Ebene zu suchen: Es wird sich gegenseitig ins Wort gefallen, gepoltert und gepöbelt, über Privates gelästert und es werden hinterrücks haarsträubende Gerüchte verbreitet.

Dieses Verhalten einiger Ratsangehöriger ist einer gewählten Bürgervertretung unwürdig.Schämen Sie sich!

Die Vorsitzenden aller Gremien, insbesondere auch Sie, Frau Vorsitzende, fordere ich hiermit auf:
- aktiv zu einer Verbesserung des Miteinander beizutragen und notfalls vermehrt von ihren Disziplinarrechten gemäß § 13 der Ge-
schäftsordnung Gebrauch zu machen!

Zweitens:
Sehr geehrte Ratskolleginnen und Kollegen der SPD,
Ihnen dürfte - nicht erst seit der letzten Kommunalwahl - schmerzlich bewusst sein, dass es die Peiner Wähler der SPD allein heute nicht mehr zutrauen, die Probleme und Herausforderungen unserer Stadt im Alleingang zu meistern.

Ich fordere Sie daher auf, ab sofort:
- gemeinsam mit allen anderen hier im Rat vertretenen Fraktionen und Einzelmitgliederneine transparente und zukunftsorientierte Kommunalpolitik zu machen, bei der Problemlösungen und Inhalte im Mittelpunkt stehen.

Diesbezüglich haben Sie bereits heute im Zuge der Beratungen über das Lindenquartier unter Tagesordnungspunkt 15 direkt Gelegenheit zum Üben.

Drittens und abschließend:
Sehr geehrte Damen und Herren Ratskolleginnen und -kollegen,

mit meinem Fraktionswechsel habe ich die verfassungsmäßig garantierte und in § 54 Absatz 1 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes kommunalverfassungsrechtlich konkretisierte Freiheit des Mandates genutzt. Diese ist, auch historisch betrachtet, für das Funktionieren unserer Demokratie auf allen politischen Ebenen unabdingbar.

Lassen Sie mich heute klarstellen und betonen: .Auch Sie selbst als gewählte Bürgervertreter sind einzig und allein Ihrem Gewissen verpflichtet. So lautet § 54 NKomVG:
„Die Mitglieder der Vertretung üben Ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl geleiteten Überzeugung, aus. Sie sind nicht an Verpflichtungen gebunden, durch die die Freiheit ihrer Entschließung als Mitglieder der Vertretung beschränkt wird.

Ich fordere daher jede und jeden Einzelnen von Ihnen auf, in Zukunft ganz genau hinzusehen und kritisch zu hinterfragen, ob sie die einzelnen Entscheidungen Ihrer jeweiligen Fraktion mittragen wollen - oder nicht.

Nochmals: die Machtverhältnisse in diesem Haus sind heute nicht mehr zementiert, Ratsentscheidungen nicht mehr vorhersehbar, denn: Durch meinen Fraktionswechsel hat jede einzelne Stimme, auch ihre eigene, wieder Gewicht bekommen. Somit trägt ein jedes Mitglied dieses Rates endlich selbst einen Teil der Verantwortung für das Wohl und das Fortkommen dieser Stadt.

(Anm. d. Red.: Zu diesen Punkten kam Seffer nicht mehr,bevor ihr das Wort entzogen wurde.)

Sollte allerdings jemand unter Ihnen sein, der sich bisher ganz bequem hinter Fraktionszwängen versteckt hat, und dem es nun widerstrebt, selbst zu denken – und auch entsprechend zu handeln: Ich halte hier Papier und Stift bereit, so dass Sie noch heute abend Ihr Mandat nierderlegen können.

Von allen übrigen - größtenteils von mit sehr geschätzten Mitgliedern dieses Rates - erwarte ich in Zukunft ein konstruktives Miteinander - und freue mich auf die Fortsetzung der Arbeit mit Ihnen.

Streitpunkt: Lindenquartier


Ein weiteres Thema war das Lindenquartier, auch hier wurde heiß diskutiert - hierüber lesen sie in einem weiteren Artikel.

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