Stress im Wald: Wenn Arbeit und Erholung sich in die Quere kommen

Aktuell strömen wieder mehr Besucher in die Wälder. Im Hintergrund läuft der Kampf gegen den Borkenkäfer weiter. Da sind Konflikte vorprogrammiert.

Auch in diesem Jahr werden wieder viele Bäume dem Borkenkäfer und den klimatischen Bedingungen der vergangenen Jahre zum Opfer fallen. (Symbolbild)
Auch in diesem Jahr werden wieder viele Bäume dem Borkenkäfer und den klimatischen Bedingungen der vergangenen Jahre zum Opfer fallen. (Symbolbild) | Foto: Pixabay

Goslar. Der Besucherdruck in den Harzer Wäldern wächst mit jedem sonnigen Wochenende. Immer mehr Menschen aus Ballungszentren schätzen die Wälder der Niedersächsischen Landesforsten, um sich in der abwechslungsreichen Natur von den Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie zu erholen. Doch während viele Betriebe und Firmen nur eingeschränkt arbeiten, herrscht in den Wäldern der Landesforsten derzeit Hochkonjunktur. Dabei erschweren sich Arbeiter und Besucher bisweilen gegenseitig das Leben, wie die Niedersächsischen Landesforsten in einer Pressemitteilung berichten.


Wald im Klimastress - Forstarbeiten auch am Wochenende


Mit aller Macht stemmen sich die Forstämter im Harz, Solling und anderen Teilen Südniedersachsens gegen die nächste Borkenkäferinvasion. Forstmaschinen und Spezialschlepper fällen nahezu pausenlos abgestorbene Bäume, Forstarbeiter aus entfernten Regionen unterstützen die heimischen Waldarbeiter bei dieser Mammutaufgabe.

in Harvester fällt im Forstamt Clausthal eine Borkenkäfer-Fichte. Der Forstbetrieb  bewirtschaftet 13.500 Hektar Landeswald und hat derzeit 11 solcher Spezial-Holzerntemaschinen  pausenlos bei der Borkenkäferbekämpfung im Einsatz
in Harvester fällt im Forstamt Clausthal eine Borkenkäfer-Fichte. Der Forstbetrieb bewirtschaftet 13.500 Hektar Landeswald und hat derzeit 11 solcher Spezial-Holzerntemaschinen pausenlos bei der Borkenkäferbekämpfung im Einsatz Foto: Niedersächsische Landesforsten



Da auch am Wochenende im Wald gearbeitet wird, komme es zwangsläufig zu Konflikten mit Erholungssuchenden: Autos parken die Waldeinfahrten zu und behindern die Holzabfuhr. Rettungskräfte gelangen nicht zu verunfallten Personen und Feuerwehrfahrzeuge erreichen Waldbrände nur über Umwege. „Besonders gefährlich verhalten sich Spaziergänger, Jogger oder Radfahrer, die sich im Gefahrenbereich von Forstmaschinen aufhalten“, beschreibt Henning Geske eine heikle Situation. „Die Maschinenführer haben von ihrer Kabine aus nur ein eingeschränktes Sichtfeld. Wenn sie mit ihren Kränen Baumstämme am Wegesrand stapeln oder auf LKW verladen, können sie Waldbesucher nicht im Blick haben“, erläutert der Leiter des Forstamts Seesen.


Zugeparkte Waldeingänge im Okertal
Zugeparkte Waldeingänge im Okertal Foto: Niedersächsische Landesforsten



Geske bittet Waldbesucher um Verständnis für die dringenden Forstarbeiten und die derzeitigen Arbeitsspitzen als Folge der Extremwitterung der letzten Jahre. „Ich habe großes Verständnis, wenn die Bürgerinnen und Bürger die anhaltenden Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit mit einem Waldspaziergang kompensieren“, so Geske: „aber wir alle wollen, dass dabei niemand Schaden nimmt.“ Konkret verweist er darauf, dass abgesperrte Forstwege und Flächen, in denen Holz eingeschlagen wird, nicht betreten werden dürfen und mindestens 60 Meter Abstand zu Forstmaschinen eingehalten werden müssen.

Mehrere Waldbrände im trockenen Frühjahr


Auf ein anderes Problem macht sein Kollege Ralf Krüger aufmerksam: „Manche unserer Wochenend-Waldbesucher bereiten sich in der freien Natur ihre Grillmahlzeiten zu und missachten das Feuerverbot. Im trockenen Frühjahr hatten wir bisher schon über fünfzehn Waldbrandeinsätze, meistens ausgelöst durch Feuerstellen von Wildcampern oder durch Grillvorrichtungen“, warnt der Leiter des Forstamtes Clausthal. Als Kreis-Waldbrandbeauftragter des Landkreises Goslar verantwortet Krüger ein riesiges Gebiet. „Mit Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren und der Luftüberwachung per Flugzeug konnten wir bisher größere Waldbrände verhindern. Das KFZ-Fahrverbot im Wald wird immer häufiger missachtet, ebenso das Feuer- und Rauchverbot sowie das Verbot, wild zu campen“, sorgt sich Forstamtsleiter Krüger und vermutet hinter dem rücksichtslosen Verhalten entweder Unkenntnis oder Ignoranz.

Gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich


Goslars Landrat Thomas Brych teilt die Sorge von Forstamtsleiter Krüger und appelliert an die Vernunft der Besucher. „Grundsätzlich ist es erfreulich, dass die Menschen in unseren Landkreis kommen, um Erholung zu finden und die Natur zu genießen. Nichtsdestotrotz gibt es klare Regeln, die nicht nur vor dem Hintergrund der Corona-Beschränkungen einzuhalten sind. Dies betrifft übrigens nicht nur die Thematik der Waldbrandgefahr, sondern auch die generelle gegenseitige Rücksichtnahme. Das Zuparken von Waldwegen, die auch von Rettungskräften genutzt werden müssen, hat mit notwendiger Rücksichtnahme aber sicherlich nichts zu tun. Ich bitte deshalb dringend darum, sich an die gebotenen Vorgaben zu halten, dann steht der Entspannung in Wald und Natur auch nichts entgegen“, sagt Landrat Brych.

Wald auf ungewisse Zukunft vorbereiten


Dass der Wald in der Corona-Krise zum Zufluchtsort geworden sei und derzeit hohe Wertschätzung erfahre, sei laut den Landesforsten überall in Deutschland zu beobachten. Sie sehen darin auch eine Chance für die Kommunikation und wollen verstärkt daran anknüpfen. „Wir werden oft gefragt, was die Forstwirtschaft tut, wie wir den Wald bestmöglich auf eine ungewisse Zukunft vorbereiten. Deswegen unterstützen wir die gemeinsame Initiative des Harzer Tourismusverbands "Der Wald ruft".

"Die Homepage der Initiative zeigt mit dem Waldknigge-Erklärvideo Tipps zum richtigen Verhalten im Wald und informiert auch über Hintergründe zur aktuellen Waldsituation", sagt Ralf Krüger und setzt auf gesunden Menschenverstand: „Wenn sich alle rücksichtsvoll im Wald verhalten, meistern wir die aktuellen Herausforderungen.“ Die Sorge und Empathie für den klimakranken Wald könne zu Solidarität mit denjenigen Menschen werden, die für den Walderhalt arbeiten, hoffen Krüger und Geske gleichermaßen.


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