Braunschweig. Immer wieder kommt es in den vergangenen Monaten zu Protestaktionen von Klimaaktivisten wie beispielsweise der Letzten Generation. Für das Klima bremsten sie bereits den Verkehr auf der A2 herunter, klebten sich in einem Verkaufsraum bei VW fest oder klebten sich mitten auf Straßen fest. Doch wie reagiert eigentlich die Polizei darauf und warum lässt sie diese "Klimaterroristen", wie sie in den Sozialen Medien oft tituliert werden, nicht einfach sitzen? regionalHeute.de hat bei der Polizeidirektion Braunschweig nachgefragt.
Während sich die Aktivisten am gestrigen Donnerstag nicht festklebten, taten sie dies bereits auf dem Bohlweg vor dem Schloss und erst vor zwei Wochen im Bereich Hagenring/ Höhe Jasperallee. Bei letzterer Aktion rückte auch wieder die Technische Einheit der Polizei an.
Einfaches Hausmittel ist die Lösung
Wenn die Klimaaktivisten kleben, dann ist ein besonderes Vorgehen notwendig. Um Verletzungen zu vermeiden, könnten die "Klimakleber" nicht einfach von der Straße gerissen werden. Der oftmals eingesetzte Sekundenkleber oder selten sogar Zweikomponentenkleber lasse sich allerdings mit einem einfachen Hausmittel relativ schonend lösen: Speiseöl. Eine flächendeckende Ausstattung mit Lösungsmitteln sei bislang bei der Polizei in Braunschweig noch nicht erfolgt, erklärt die Direktion. Allerdings denke man auch an die Zukunft und räumt ein, dass diese Ausstattung immerhin geplant sei.
Doch wie ist eine schnelle Entfernung dann möglich? Die Polizeidirektion hole sich dafür Verstärkung: "In aktuellen Einsatzsituationen werden Kräfte der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen hinzugezogen, um festgeklebte Personen abzulösen. Diese Kräfte werden auch bei anderen Formen von Blockaden einbezogen."
Was erwartet die Akteure rechtlich?
Bei solchen Klebeaktionen sei rechtlich zunächst davon auszugehen, dass die handelnden Personen von dem Recht der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit Gebrauch machen, erklärt die Polizei weiter. Allerdings würden hier zielgerichtet Aktionsräume ausgewählt, die in der Regel "als öffentliche, stark frequentierte Hauptverkehrswege erhebliche Behinderungen einer Vielzahl von Verkehrsteilnehmenden auslösen und teilweise auch Gefahren durch die Nutzung wichtiger Rettungsrouten von Feuerwehr und Rettungsdiensten einschließen".
Dies sei auch in die rechtliche Bewertung einzubeziehen. So kann oft der Verdacht der Nötigung (gem. § 240 StGB) bestehen. Im Einzelfall sei auch der Tatbestand von Sachbeschädigungen (gem. § 303) gegeben. Dies führe im Ergebnis "zu einer rechtlichen Bewertung und Verhältnismäßigkeitsprüfung, die die Auflösung der Versammlung und anschließende Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach sich ziehen kann" - oder kurzum: Die Aktivisten müssen weg von der Straße.
Vorgehen genau geregelt
Wie die Polizei handelt, wenn es zu solch einem Vorfall kommt, würde stark von der rechtlichen Bewertung und auch der Gefahrenprognose vor Ort abhängen. Ein Aspekt sei natürlich auch, die notwendige Art des Ablösens - hat sich jemand beispielsweise mit Sekundenkleber fixiert oder gar einbetoniert? Handelt es sich dabei um eine befahrene Straße oder andere Objekte? Das Ablösen selbst könne dann je nachdem wenige Minuten bis zu mehr als einer Stunde andauern, so die Erfahrungen der Polizei.
Gewalt nicht akzeptabel
Die Polizeidirektion stellt in diesem Zusammenhang ganz klar fest: Die Option, Personen auf Hauptverkehrswegen "einfach kleben zu lassen", sei nach dem Rechtsstaatsgebot und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit keine geeignete Maßnahme.
Außerdem müsse man die Aktivisten teilweise selbst schützen. Es sei vereinzelt festzustellen, dass betroffene Verkehrsteilnehmer oder andere Außenstehende auf diese klebenden Personen aggressiv einwirken. "Ein Verhalten, dass ebenso wenig zu akzeptieren ist", kritisiert die Polizei scharf.
"Unsere Beamtinnen und Beamten des Streifendienstes wie auch der Zentralen Polizeidirektion sind in Gänze darauf geschult, deeskalierend mit Aktivistinnen und Aktivisten umzugehen", ein ruhiger und sanfter Umgang sei angemessen, geboten und entspräche zudem der professionellen Aufgabenwahrnehmung der Polizei.
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