Landkreis. Die Grüne Kreistags-Fraktion schlug am Montag einen Antrag vor, der sich damit befasst, die Geschichte des Asse-Atommülllagers aufzuarbeiten. Der Kreistag lehnte den Antrag mit 24 Stimmen ab. regionalHeute.de hat einmal nachgehakt, warum die Fraktionen den Antrag nicht zur Weiterberatung in die Fachausschüsse zuließen.
Laut Antrag der Grünen, sollte an eine unabhängige wissenschaftliche lnstitution oder Person ein Forschungsauftrag vergeben werden, durch den die Handlungen und Rollen der Akteure analysiert und dokumentiert werden, um daraus Schlussfolgerungen und Anregungen für die Gegenwart und Zukunft abzuleiten. Das Ganze könnte durch die Stiftung Zukunftsfonds Asse gefördert werden, teilten die Grünen in ihrem Antrag mit. Die Geschichte des Atommülllagers Asse sei bisher zwar in Untersuchungsausschüssen auf Bundes- und Landesebene untersucht und analysiert worden, eine Aufarbeitung auf der kommunalen Ebene stehe jedoch bisher aus, obwohl die Handlungen der kommunalen Akteure für das Verständnis der Geschichte von Asse ll erhebliche Relevanz hätten. Holger Barkhau, der für die Grünen den Antrag in der Sitzung vorstellte, zeigte sich auf Nachfrage von regionalHeute.de enttäuscht über das Abstimmungsergebnis.
"Nicht akzeptabel"
"Das ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weder verständlich noch akzeptabel. Es sollte selbstverständlich sein, dass Anträge in der Zuständigkeit des Landkreises zumindest die Chance haben, in den dafür vorgesehenen Gremien beraten zu werden. Dies ist die selbstverständliche und übliche demokratische Praxis. Wir können uns die Ablehnung nur als ein Missverständnis erklären und werden mit den anderen demokratischen Fraktionen den Austausch darüber suchen in der Absicht, den Antrag in dieser oder ähnlicher Form in absehbarer Zeit erneut im Kreistag einzubringen.
Aus unserer Sicht ist es wichtig, sich mit der Geschichte der Atommülleinlagerung in Asse II auch auf kommunaler Ebene intensiv zu befassen, um diese zu dokumentieren und zu analysieren. Die Auswertung der Erfahrungen aus der Vergangenheit kann unter anderem wichtige Hinweise zum Umgang mit demokratische gewählten Vertretungsorganen, zur Arbeit von Bürgerinitiativen und zivilgesellschaftlichen Kräften und zur Effektivität von Begleitprozessen liefern. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit kann für die Zukunft gelernt werden. Wer sich nur mit der Zukunft beschäftigen will, läuft Gefahr die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
Möglicherweise gibt es Kräfte im Kreistag, die genau diese Auseinandersetzung mit Fehleinschätzungen und Fehlhandlungen in der Vergangenheit scheuen. Das halten wir im Sinne einer konstruktiven politischen Aufarbeitung für nicht klug. Wir setzen darauf, diese Kräfte im Laufe eines zukünftigen Beratungsprozesses noch davon überzeugen zu können, dass die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der Vergangenheit wichtig ist", so Barkhau.
Falk Hensel, Fraktionsvorsitzender SPD-Kreistagsfraktion:
"Die SPD-Fraktion hat zu diesem Punkt nicht einheitlich abgestimmt. Hier war die Bewertung des Ziels des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jedem Abgeordneten selbst überlassen und fiel unterschiedlich aus. Ein Großteil der Fraktionsmitglieder hält die Aufarbeitung der Verantwortung von Kommunalpolitikern in den Jahren (60er und 70er Jahre) der Einlagerung für nachrangig. Vielmehr ist uns daran gelegen, darüber nachzudenken und hierfür auch Kapazität zu schaffen, über die Zukunft des Prozesses nachzudenken. Wichtig ist hier vor allem auch, wie es uns zukünftig gelingt, junge Menschen dafür zu interessieren, die Problematik Asse II in den nächsten Jahren kritisch zu begleiten. Wir wollen vorwärts- und nicht rückwärtsgewandt arbeiten, da wir die Erkenntnisse der historischen Aufarbeitung, die wir noch neu gewinnen können für die Rückholung für nicht gewinnbringend erachten", erklärt Falk Hensel.
Thomas Fach, FDP-Kreistagsmitglied
Thomas Fach weist darauf hin, dass es sich um einen Antrag zur Verweisung in die Fachausschüsse handelt und nach Geschäftsordnung des Kreistages keine Aussprache dafür vorgesehen ist. Er selbst hat sich für die FDP-Fraktion für eine Behandlung in den Ausschüssen ausgesprochen. "Ich finde es schade, dass man sich jetzt nicht damit befasst", erklärt Fach.
Arnfred Stoppok, Fraktionsvorsitzender Die Linke-Kreistagsfraktion:
"Wir haben uns als LINKE bei diesem Antrag enthalten. Wir sehen zwar ebenfalls die Notwendigkeit einer Aufarbeitung der Asse-Geschichte, halten allerdings die vorgeschlagene Form für wenig zielführend. Wir entwickeln gerade ein eigenes Konzept, welches mehr die Form eines offenen Jugendprojektes haben wird. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss des Niedersächsischen Landtages hat die Sachverhalte bereits sehr ausführlich aufgearbeitet. Eine Aufarbeitung vor Ort muss deshalb vor allem von einem präventiven Anliegen geprägt sein: Solch eine Schlamperei und Vertuschung zu Lasten der Menschen im Kreis darf sich nie mehr wiederholen! Dies kann am besten anhand von lebhaft dargestellten Beispielen dargestellt werden, nicht durch trockene und seitenschwere historische Abhandlungen, die den Universitäten ja auch ohne Forschungsauftrag des Kreises freistehen", so Stoppok.
Jürgen Pastewsk, Fraktionsvorsitzender der AfD-Kreistagsfraktion:
"Die Mitglieder der AfD Fraktion haben sich bei dem Antrag enthalten. Wir wollten diesen Prozess nicht behindern, erwarten aber nichts, da die Altparteien wie in vielen anderen Dingen auch hier versagt haben. Die Bevölkerung wird in dem Glauben gelassen, der Müll würde geborgen. Wir erwarten, dass dies nicht geschieht.
Auch die Kreistagsfraktion der CDU wurde um eine Stellungnahme gebeten. Bis zum Erscheinen des Artikels war diese jedoch noch nicht eingegangen. Der Bericht wird um die Stellungnahme ergänzt, sobald diese vorliegt.
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