Droht das Aus für das Schlossplatz-Open-Air?

In der Politik regt sich Widerstand gegen die Kosten, die die Stadt in das Schlossplatz-Open-Air investieren müsste.

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Wird der Schlossplatz leer bleiben und nicht zum Veranstaltungsort für ein großes Event werden?
Wird der Schlossplatz leer bleiben und nicht zum Veranstaltungsort für ein großes Event werden? | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Die Stadtverwaltung würde gerne in den kommenden zwei Jahren, also 2025 und 2026, ein großes Festival auf dem Schlossplatz ausrichten. Für das Schlossplatz-Open-Air-Festival müssten aber jährlich 250.000 Euro aus der Stadtkasse kommen. Ein Gedanke, den nicht alle Ratsfraktionen gut finden, wie eine Abfrage von regionalHeute.de ergab. Steht das Event also auf der Kippe, noch bevor die Planungen überhaupt richtig begonnen haben?



Vier Tage sollte auf dem Schlossplatz die Post abgehen. Das Festival soll ein Konzerterlebnis für bis zu 7.000 Besucher pro Veranstaltungstag auf den Schlossplatz holen und mit verschiedenen Künstlern aufwarten. Ein erstes Interessenbekundungsverfahren hatte offenbar auch schon potentielle Veranstalter hervorgebracht. Nun sollen die weiteren Schritte, wie Vertragsabschlüsse folgen. Doch in der Politik regt sich Widerstand.

Zu hohe Kosten und Ziel verfehlt


Wie die Gruppe BuW/FDP via Instagram verkündet, sei man mit den veranschlagten Kosten so gar nicht einverstanden. Außerdem sehe man durch das Event keine dauerhafte Belebung der Innenstadt. "Auch wenn diese Idee grundsätzlich begrüßens- und unterstützenswert ist, erscheinen uns als Gruppe BUW/FDP die voraussichtlichen Kosten für die Stadt von jeweils zirka 250.000 Euro vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage zu hoch. Diese Summe entspricht der Summe, die für die `bedarfsgerechte Sanierung und Erweiterung von Kinderspielplätzen´ im Haushalt steht. Selbst wenn die Kosten durch nennenswerte Sponsorengelder reduziert werden könnten und ein Kontingent an ermäßigten oder sogar Gratis-Tickets geplant ist, passt für uns das Kosten-Nutzen-Verhältnis insgesamt nicht. So schön so ein Fest auch sein mag: Es kann nicht sein, dass die Stadt zweimal 250.000 Euro aufwendet und der kommerzielle Anbieter des Festivals über Tickets und Catering Gewinn macht (Kosten verallgemeinert, Gewinn privatisiert)."

"Auch ob ein solches Festival `dauerhaft zur Belebung der Innenstadt beitragen und sich zu einem touristischen Highlight entwickeln kann, durch das die Bekanntheit Wolfenbüttels über die Region hinaus gestärkt wird´ (Auszug aus dem Antrag) ist aus unserer Sicht fraglich", macht die Gruppe deutlich.

Höhe der Kosten nicht nachvollziehbar


Ralf Achilles, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt Wolfenbüttel.
Ralf Achilles, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt Wolfenbüttel. Foto: Axel Otto


Und auch die Ratsfraktionen von SPD und CDU sehen den Kostenfaktor kritisch. Die Höhe der Kosten sei nicht nachvollziehbar. Wie der SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Ralf Achilles auf Nachfrage erklärt, sollte das Event nicht stattfinden. "Weil auch wir festgestellt haben, dass es keine genauen Anhaltspunkte dafür gibt, wofür diese 250.000 Euro benötigt werden", so Achilles. Seiner Ansicht nach würden solche Veranstaltungen anders ablaufen. Man würde Verträge mit dem Veranstalter machen und unter anderem dafür sorgen, dass der Verkehr geregelt wird und noch einige andere Sachen. "Aber warum wir dafür 250.000 Euro aufbringen müssen, ist uns nicht ganz ersichtlich."

Grundsätzlich seien große Musikveranstaltungen in der Stadt zu begrüßen, das hätten die NDR2-Konzerte auf dem Exer gezeigt. Fraglich sei nur, ob der Schlossplatz der richtige Ort dafür sei. Der komplette Innenstadtverkehr müsse irgendwo hin und die Besucher müssten auch irgendwo parken. "Da gibt es so viele Unwägbarkeiten. Das ist alles nicht geklärt und von daher ist für uns das Ding erstmal vom Tisch."

Kosten nicht gerechtfertig


Marc Angerstein, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion
Marc Angerstein, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion Foto: Axel Otto


Auch der CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Marc Angerstein steht den Ausgaben kritisch gegenüber. Die CDU begrüße die Idee eines Schlossplatz-Festivals. Nur der Kostenansatz der Verwaltung von einer Viertelmillion Euro für eine kommerzielle Veranstaltung, für die die Besucher noch Tickets kaufen müssen, sei "überzogen". Die Investition stehe nicht im Verhältnis zu den Zielen, zumindest den Zielen, die die Verwaltung definiert hat. Und das sei zum einen Belebung der Innenstadt und zum anderen die touristische Entwicklung der Stadt Wolfenbüttel.

Der Schlossplatz sei für solche Veranstaltungen konzipiert worden. Viele der von der Verwaltung angeführten Argumente, weshalb die 250.000 Euro notwendig wären, könne er nicht nachvollziehen. Die Infrastruktur auf dem Schlossplatz sei gut geeignet und mache angeführte Kosten überflüssig. Anders, als beispielsweise bei den NDR-Events am Exer auf "der grünen Wiese", wo keine Infrastruktur vorhanden war, seien auf dem Schlossplatz beispielsweise Strom- und Wasseranschlüsse vorhanden. Auch müssten keine separaten Backstage-Räume geschaffen werden, weil man dazu beispielsweise das Schloss nutzen könnte. Auch ein Müllentsorgungs- sowie Flächenreinigungskonzept sei aus seiner Sicht nicht notwendig, da die Reinigung des Platzes ohnehin erfolge. "Wo ist der Unterschied zum Weihnachtsmarkt oder den normalen Markttagen? Die Müllmenge ist eine andere, aber der Arbeitsaufwand ist der gleiche. Und so könnte ich diese ganze Argumentation fortsetzen. Es gibt nicht ein stichhaltiges Argument in dieser Vorlage, das mich in die Lage versetzt, dieses Geld freizugeben."

Kritik an Verfahrensweise der Verwaltung


Ein weiterer Punkt, der Angerstein stört, ist die Vorgehensweise der Verwaltung. Einzig der Verwaltungsausauschuss entscheidet per Eilverfahren darüber, ob die Gelder freigegeben werden. Argumentiert wird das seitens der Verwaltung damit, dass die Bindefrist, welche bereits mehrfach verlängert wurde, am 29. Februar ausläuft und deshalb mit der Entscheidung nicht bis zur nächsten Ratssitzung am 13. März gewartet werden könne. Dem Rat und auch dem Kulturausschuss würden lediglich Kenntnisnahmen vorgelegt. Die erwähnte Bindefrist sei seiner Auffassung nach "herbeigezogen". "Wenn sie schon mehrfach verlängert wurde - normalerweise gilt eine Frist von vier Wochen - dann hätte eigentlich der Rat schon im Dezember über das Schlossplatz-Open-Air entscheiden können." Nun werde es ohne Beratungen in den Fachausschüssen entschieden. Ein Umstand, der Angerstein überhaupt nicht passt. "Ich mache nicht mal eben eine halbe Million für zwei Veranstaltungen mit einer Eilbedürftigkeit locker, die gar nicht gegeben ist".

Minus in Kauf nehmen


Dr. Manfred Wolfrum. Foto: AfD
Dr. Manfred Wolfrum. Foto: AfD Foto: AfD


Dr. Manfred Wolfrum, Vorsitzender der AfD-Ratsfraktion, erklärt auf Nachfrage, dass man alle sowohl kleinteiligen und insbesondere auch großflächigen Maßnahmen, die Land und Stadt voranbringen, sowohl wirtschaftlich als auch den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad steigern, besonders auch unter dem Tourismusaspekt, grundsätzlich begrüßen würde. "Das kulturelle Angebot besonders im Musikbereich würde weiter deutlich aufgewertet, zumal die früheren Veranstaltungen am Exer (stars@ndr2) beendet sind. Nicht unbeachtet darf dabei der Aspekt der Zusammenführung und Verbindung von Menschen über alle Unterschiede nach Geschlecht, Alter, Herkunft, Kultur, Sprache, Religion und so weiter sein, wie schon mehrfach bei der interkulturellen Woche vor dem Lessingtheater erlebt", so Wolfrum.

Die zunächst veranschlagten Kosten sollten kein Argument sein, vor solch einem Vorhaben zurückzuschrecken, auch wenn trotz der zu erwartenden Gegenfinanzierung unter dem Strich ein dickeres Minus verbleiben sollte, macht Wolfrum deutlich. "Der angespannte Haushalt sollte nicht zu Kürzungen bei wesentlichen kulturellen Ereignissen führen. Es gibt durchaus andere Möglichkeiten Gelder einzusparen, beispielsweise im Rahmen der Klimahysterie oder Energiewende."

Schlossplatz gut geeignet


Der Schlossplatz mit seiner umliegenden Architektur und Historie sei für ein solches Konzertereignis gut geeignet und "würde sich großartig in andere solcher Veranstaltungen einreihen, wie beispielsweise im letzten Jahr der großartige niedersächsische Landesposaunentag, der leider nicht die ihm gebührende öffentliche Beachtung fand."

Eine Chance für Wolfenbüttel


Ulrike Krause, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel
Ulrike Krause, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel Foto: Axel Otto


Ulrike Krause, Vorsitzende der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, erklärt für ihre Fraktion gegenüber regionalHeute.de, dass man eine Ablehnung des Festivals für verfrüht halte. Ein solches Fest sei eine Chance für überregionale Werbung für Wolfenbüttel. Zudem seien die veranschlagten Kosten ja auch noch gar nicht fixiert. "Als Grüne-Ratsfraktion haben wir den Umbau des Schlossplatzes von einem Parkplatz zu einem Veranstaltungsort im Herzen der Stadt befürwortet - wie auch die anderen Fraktionen. Für 8,8 Millionen ist ein Platz entstanden, der nur funktioniert, wenn er auch genutzt wird. Dies haben wir immer wieder betont, beispielsweise mit unserer Forderung, den Markt dauerhaft auf den Schlossplatz zu verlegen," sagt Krause.

Kosten transparenter darstellen


Einziger Kritikpunkt sei die Darstellung der Kosten. Eine detailliertere Zusammensetzung der möglichen Kosten, die von städtischer Seite laut dem Konzept her finanziert werden sollen, hätten in der Beschlussvorlage nicht nur als zu finanzierende Aufgaben benannt, sondern auch mit Summen hinterlegt werden müssen. "Mit einer transparenteren Darstellung der zu erwartenden Gesamtkosten hätte sich die Politik auseinandersetzen können und die zu beschließende Investition wäre insgesamt nachvollziehbarer gewesen."

"Dennoch bleiben wir bei der Zustimmung zu dem Vorschlag der Verwaltung, mit einem weiteren noch nicht vorhandenem Kulturangebot, Wolfenbüttel über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und erlebbar zu machen. Angesichts der negativen Rückmeldungen aus den anderen Fraktionen fragen wir uns nun, ob dort überhaupt noch der Wille besteht, dem Schlossplatz zukünftig Leben einzuhauchen, oder ob man sich mit dem jetzigen Zustand als Durchgangsraum abgefunden hat", sagt Ulrike Krause.


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