Wolfenbüttel. Der Niedersächsische Landtag hatte im Oktober mit den Stimmen von SPD und CDU einer Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes zugestimmt, die kleineren Fraktionen und Gruppen weniger Stimmrechte in politischen Ausschüssen einräumt. Die Wolfenbütteler Stadtratsfraktion Bündnis90/Die Grünen sieht hierin eine Benachteiligung und beantragte, dass in Wolfenbüttel weiterhin das alte Berechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer angewandt wird. Hierfür bedarf es jedoch der Einstimmigkeit aller 43 Ratsmitglieder.
"Unser Antrag ist keine Provokation und keine Postenschacherei", führte Stefan Brix zur Begründung des Grünen-Antrages aus. Seine Partei habe, bis auf möglicherweise einen zweiten Sitz im Aufsichtsrat der Stadtbetriebe, keine Vorteile bei einer Anwendung des alten Berechnungsverfahrens. Viel mehr ginge es um demokratische Gründe. "Wir glauben, dass die knapp 6.000 Stimmen für BuW und FDP auch in den Ausschüssen eine Würdigung finden sollten", sagte Brix.
Und der Grüne stellte die Frage: "Was würde passieren, wenn man nach Hare-Niemeyer statt nach d'Hondt aufteilt?" Die Antwort: "BuW und FDP bekämen auf Kosten der CDU jeweils einen Sitz in den Ausschüssen sowie auf Kosten der SPD einen Sitz im Verwaltungsausschuss."
Ausschüsse beschließen nicht
Die Große Koalition in Niedersachsen hatte das Berechnungsverfahren geändert, da kleinere Fraktionen häufig das Problem hätten, genug Personal zu finden, um alle Ausschüsse zu besetzen. So könne es dazu kommen, dass Ausschüsse nicht beschlussfähig seien. Die Reform solle eine effizientere Entscheidungsfindung ermöglichen. Doch in Wolfenbüttel gibt es bis auf den Verwaltungsausschuss gar keine Ausschüsse, die Beschlüsse fassen, sondern lediglich Empfehlungen aussprechen.
Für Rudolf Ordon (FDP), dessen Fraktion mit dem Bündnis unabhängiger Wähler (BuW) eine Gruppe geschlossen hat, ist die Gesetzesänderung ein Versuch des Machterhaltes von SPD und CDU auf kommunaler Ebene. "Beim Blick auch auf die Wolfenbütteler Ratswahlen sollten sich beide Parteien einmal überlegen, warum immer mehr Bürgermeister und Landräte gewählt werden, die parteilos sind", äußerte Ordon seinen Unmut. "Es ist keine Stärkung der unverzichtbaren Basis des demokratischen Staatswesens, wenn das Auszählungsverfahren für die Besetzung der Ratsausschüsse von Hare Niemeyer auf d'Hont als Regel vorgeschrieben wird. D'Hont bevorzugt große Parteien - früher hätte ich gesagt, Volksparteien, aber das sind beide schon länger nicht mehr."
Rudolf Ordon, Fraktionsvorsitzender der FDP und Gruppensprecher der gemeinsamen Gruppe mit dem BuW. Foto: Axel Otto
"Ehrenwertes Ansinnen"
"Das Ansinnen der Grünen halten wir für ehrenwert. Das klingt gut, das könnte man machen", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Marc Angerstein und setzte dann zum großen aber an. "Am Ende besprechen wir hier das Kommunalverfassungsgesetz - in Hannover diskutiert, in Hannover beschlossen." Man könne das Gesetz zwar vor Ort "aushebeln" und habe dies in der CDU-Stadtratsfraktion auch kontrovers diskutiert, aber man sei nicht zu einer Einstimmigkeit gekommen. Angerstein merkte zudem an, dass bei der Sitzverteilung niemand leer ausgehe, da alle Anspruch auf ein Grundmandat in den Ausschüssen hätten und so alle ihre Positionen in die Diskussion einbringen könnten. "Und wenn sowieso nicht beschlossen wird, macht es ja eigentlich auch keinen Unterschied", fügte er hinzu.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ralf Achilles, wollte am Ende gar nicht mehr viel hinzufügen. Ordon warf er Unsachlichkeit vor und kritisierte ihn für den Versuch Landespolitik auf die kommunale Ebene zu tragen. Da bei diesem Antrag alle Ratsmitglieder einstimmig beschließen müssen und Achilles eine spätere Stigmatisierung befürchtete, beantragte er eine geheime Abstimmung. Am Ende stimmten 18 von 41 anwesenden Ratsmitgliedern gegen den Antrag, sodass die Besetzung der Ausschüsse im Wolfenbütteler Stadtrat gemäß dem neuen Berechnungsverfahren nach d'Hondt erfolgte.
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