Sahra Wagenknecht: "Vorschläge der niedersächsischen Linken brächten Mehreinnahmen von 3,6 Milliarden Euro"




Durch die rot-grünen Steuersenkungen auf Bundesebene fehlen dem Land Niedersachsen 2012 rund zwei Mrd. Euro an Steuereinnahmen; die niedersächsischen Kommunen müssen Mindereinnahmen von mehr als einer Mrd. Euro hinnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das der finanzpolitische Sprecher der niedersächsischen Landtagsfraktion Die Linke, Dr. Manfred Sohn, und Sahra Wagenknecht, Erste stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, heute in Hannover vorgestellt haben. Manfred Sohn, Spitzenkandidat der Linken zur Landtagswahl: „Das sind drei Milliarden Euro, die Niedersachsen bitter fehlen. Damit könnte das Land in gebührenfreie Bildung und Krankenhäuser investieren. Zum Vergleich: Die von uns geforderte Abschaffung der Studiengebühren kostet 135 Millionen Euro jährlich“, sagte Sohn. Das im Auftrag der Landtagsfraktion Die Linke vom Berliner Finanzexperten Birger Scholz, angefertigte Gutachten weist nach, wie sich die Steuerpolitik des Bundes seit 1998 auf Niedersachsen ausgewirkt hat und welchen Effekt die steuerpolitischen Forderungen der Linken auf die Landes- und Kommunalfinanzen in Niedersachsen hätten.

Scholz analysiert die Entwicklung der sich aktuell auf knapp 57 Mrd. Euro belaufenden Schulden des Landes Niedersachsen sowie der sich auf über 5 Mrd. Euro angestiegenen Kassenkredite der niedersächischen Städte, Gemeinden und Landkreise. Das Gros der Steuermindereinnahmen ist demnach auf die massive Senkung der Einkommens- und der Körperschaftssteuer unter der rot-grünen Regierung Schröder zurückzuführen. So wurde der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 53 Prozent auf 42 Prozent abgesenkt, die Körperschaftssteuer von 40 auf 25 Prozent. Weitere Löcher rissen die Unternehmenssteuerreform von 2008 (abermalige Reduzierung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 Prozent), die sogenannten Konjunkturpakete I und II von 2008 bzw. 2009 und das von der amtierenden Regierung Merkel initiierte sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Manfred Sohn kritisiert: „All diesen Steuersenkungen haben die niedersächsischen Landesregierungen im Bundesrat zugestimmt. SPD, CDU, Grüne und FDP tragen deshalb gemeinsam die politische Verantwortung für die Auszehrung des Landeshaushaltes und die stark gestiegene Verschuldung der Kommunen.“ Deshalb sei es aberwitzig, wenn sich genau diese Parteien heute als Gralshüter einer soliden Finanz- und Haushaltspolitik inszenierten.

Zudem hätten die Steuersenkungen nicht nur Einnahmeausfälle für die öffentliche Hand zur Folge gehabt, sondern auch den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ausgehöhlt. „Dadurch hat sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter geöffnet“, sagte Sahra Wagenknecht. Die Steuersenkungen seien ein Pfeiler in der Umverteilungspolitik von unten nach oben gewesen. Während der Reallohn der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer weiter gesunken ist, hat das Einkommen aus Vermögen rasant zugenommen. So habe der Durchschnittslohn eines Arbeitnehmers im Jahr 2000 rund 2.114 Euro brutto im Monat betragen, im Jahr 2010 inflationsbereinigt dagegen nur noch 2.074 Euro. „Diese Umverteilung von unten nach oben haben SPD, CDU, FDP und Grüne organisiert. Profitiert haben die Reichen, verloren die Arbeitnehmer“, so Wagenknecht.

Auch für die Verschuldung des Landes Niedersachsen hätten die Steuersenkungen enorme Folgen gehabt. „Ohne die rot-grünen Steuergeschenke an die Besserverdienenden und Unternehmen lägen die Schulden des Landes Niedersachsen heute statt bei 56,8 Mrd. Euro lediglich bei 35,9 Mrd.“, erklärte Wagenknecht. Das Gutachten zeigt außerdem, wie Niedersachsen finanziell dastünde, wenn die vier steuerpolitischen Forderungen des niedersächsischen Wahlprogramms der Linken umgesetzt würden: Das Land könnte jährliche Mehreinnahmen von gut 3 Mrd. Euro verzeichnen, die Kommunen von etwa 0,6 Mrd. „Unsere Steueränderungen würden ein soziales Niedersachsen ohne neue Schulden ermöglichen – und man könnte sogar beginnen, Schulden zu tilgen“, sagte Sohn.

Den größten Anteil an der verbesserten Einnahmesituation hätte die Wiedereinführung der Vermögenssteuer als fünfprozentige Millionärssteuer. Die Erhöhung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent würde 420 Mio. Euro; und die Änderung der Erbschaftssteuer hin zu einer Großerbensteuer würde 273 Mio. Euro ergeben und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer brächte dem Land 582 Mio. an Mehreinnahmen. Würde zusätzlich der Spitzensteuersatz ab 1 Mio. Euro Einkommen auf 75 Prozent angehoben (Reichensteuer) könnten das Land mit weiteren 248 Mio. Euro und die Kommunen mit 127 Mio. Euro Mehreinnahmen rechnen. „Eine Umsetzung unserer steuerpolitischen Vorschläge würde den Trend umkehren und Niedersachsen deutlich bessere Zukunftsperspektiven schaffen“, resümierte Sohn.


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