Es war viel los in Wolfenbüttels Fußgängerzone Foto: Anke Donner
Ein schwarz-rot-gelb-orange-grün-roter Farbenreigen machte die Fußgängerzone Samstag vormittag zu einer Straße der Information. Gut gelaunt präsentierten sich im strahlenden Sonnenschein Vertreter der Parteien in der Fußgängerzone, um die Fragen potentieller Wähler zu beantworten. Parteiübergreifendes Ziel war es, die Wolfenbütteler für die Landtagswahl am 20. Januar zu einer Abstimmung zu motivieren. In eisiger Kälte wurde so manche heiße Diskussion geführt, verteilten die Politiker Wahlprogramme und kleine Geschenke, bei denen sich streiten ließe, ob sie Gimmicks oder Give-Aways heißen. Persönlich vor Ort waren auch die Landtagskandidaten Bertold Brücher (Die Grünen), Björn Försterling (FDP), Arne Hattendorf (Piraten), Falk Hensel (SPD), Frank Oesterhelweg (CDU) und Victor Perli (Die Linke), für einen kurzen Moment sogar alle zeitgleich.
Ein unbefangener Spaziergang durch die Fußgängerzone in Richtung Wochenmarkt hätte heute so aussehen können:
Mitglieder von Bürgerinitiativen diskutieren mit Passanten über die Lex Asse Foto:
Zuerst treffe ich Mitglieder der Asse-Bürgerinitiativen, die mir ihre Gegenmeinung zur Lex Asse erläutern. Dort steht auch Fred Hichert aus Wittmar, der enttäuscht ist, daß zur Podiumsdiskussion in Schöppenstedt von 1167 betroffenen Einwohnern Wittmars nur drei auf der Informationsveranstaltung waren. Aber ich bin ja auf dem Weg, mich bei den Parteien zu informieren, also verabschiede ich mich und beginne meinen Spaziergang.
Fritz N.* im Gespräch mit Victor Perli (Name von der Red. geändert) Foto:
Die Linke: informiert mich über Rentensicherheit, bezahlbare Wohnungen, die Asse II und gibt mir Taschentücher, Bonbons und Luftballons mit. Victor Perli kommt gerade vom Infostand aus Braunschweig, freut sich über die 6 Prozent-Prognose des Focus und klärt mich über die Krankenhausdebatte auf. Da kommt Fritz N. vorbei und läßt sich nochmal den Namen Perli buchstabieren. Perli berichtet, Herr N. käme bei jeder Wahl und brächte immer gute Ideen mit. Er erzählt mir auch von Protestwählern, die Herr Steinbrück zur Linken getrieben habe. "Wir freuen uns auf den Endspurt mit den neuen Ergebnissen im Rücken."
Bertold Brücher beim Verteilen des Wahlprogramms Foto:
Die Grünen: informieren mich über das Wählen an sich, nachhaltige Infomaterialien und den Unterschied der Politikebenen nebst Dienen und Verdienen. Sie geben mir ein Windrad, eine Wechselkarte, einen Filzdeckel und Aufkleber mit. Bertold Brücher erzählt mir beim Aufbauen des Standes: "jedes Mal beim Wahlkampf fragt man sich, wie ging das noch gleich." Später, aus Sickte zurückkommend, erklärt er mir noch, wie man einen Politpromi in die Stadt bekommt. "Gäb's eine Reset-Taste für den Wahlkampf, würden wir stärker die Erstwähler ansprechen und aufklären, was Politik eigentlich soll. Wahlkampf ist auch eine Ideenschmiede, weil man Zeit für Gespräche miteinander hat."
Von Pirat zu Okerpirat, Arne Hattendorf (2.v.r.) war heute morgen der erste Foto:
Die Piraten: informieren mich über Renten und Altersarmut, die Stadtentwicklung, Fracking sowie fahrscheinlosen ÖPNV. Aus Soost kommt Unterstützung angesegelt. Sie geben mir Buttons und Luftballons mit. Arne Hattendorf erzählt mir von den Beschlüssen des Bundesparteitages und der Kommunalpolitik, man wolle eine bürgerfreundliche Stadt mit mehr Gemeinschaftsplätzen. "Es läuft sehr gut, die Leute kennen uns und wollen Informationen."
Björn Försterling im Gespräch mit erfahrenen Wählern Foto:
Die FDP: informiert mich über Bildungspolitik, den Erhalt der Gymnasien, geschlossene Abstimmungen und Schuldenabbau und gibt mir Kaffeetassen, Eiskratzer und Feuerzeuge mit. Björn Försterling geht morgen als Spitzenkandidat der Jungen Liberalen auf 72h-Tour durch ganz Niedersachsen und erzählt mir, daß am Montag das Fernsehteam von Panorama ihn begleite. "Es kommen viele Leute und sagen mir, wir wählen Sie mit der Zweitstimme. Nun bin ich optimistisch, daß das am Sonntag gut ausgehen wird."
Die SPD: informiert mich über fehlende Gesamtschulen und Kitaplätze, mangelnde Durchlässigkeit und Studiengebühren sowie gerechte Löhne. Sie geben mir Eiskratzer und Einkaufschips mit. Falk Hensel erklärt mir die mitgebrachten "Bildungshürden" und muß gleich weiter in Sachen Gewerkschaft. Seine Familie erzählt mir später, viele haben das Duell gesehen und daß es "sehr fair" zugehe im Wahlkampf. "Die derzeitige Spannung motiviert auch zur Wahl. Wir kämpfen weiter, seit einem halben Jahr machen wir als Familie jetzt Wahlkampf."
Frank Oesterhelweg (m.) vertieft in eine Diskussion Foto:
Die CDU: informiert mich über die Haushaltssituation, Lehrerstellen, Stadtentwicklung und Rettungsassistenten sowie die großen Zusammenhänge von Einzelmaßnahmen. Sie geben mir Glückskekse, selbstgemachtes Gelee, Eiskratzer, Wahlmampf und Glühwein. Frank Oesterhelweg erklärt mir, das Hauptthema seien die Umfragen und ob's die FDP schaffe. Natürlich gebe es auch kritische Punkte, aber insgesamt kämen viele positive Signale. "Ich sage die FDP schafft es, wir haben insgesamt enorm aufgeholt allen Unkenrufen zum Trotz."
Bürgermeister Thomas Pink im Gespräch mit Familie Hensel Foto:
Zum Schluß sehe ich noch Herrn Pink mit der SPD plaudern und Herrn Röhmann die CDU begrüßen. Ich habe nun jede Menge zum Schreiben, Stifte und Statements, bin froh, daß ich alles verstauen kann und mache mich auf den Heimweg, um bei einem warmen Getränk alles noch einmal zu rekonstruieren.
Ohne Taktik zu unterstellen, läßt sich festhalten: wer von rechts kommt, trifft als erstes auf Die Linke und wer von links kommt, trifft als erstes auf die CDU; Frühaufsteher sind die Piraten und die Grünen; SPD und FDP machen Bildung zum Schwerpunkthema. Es gibt Wähler, die sich an allen Ständen informieren. Die Grenzen der Politikebenen sind fließend, wenn auch Landtagswahl ist, Bund und Kommune bleiben nicht außen vor. Am Rande des Wahlkampfes verdeutlichen einzelne Vertreter der Asse-Bürgerinitiativen ihren Standpunkt zum Lex Asse. Gegen 12.15 Uhr lichten sich die Reihen, die Politiker kommen nun parteiübergreifend ins Gespräch, Termine werden vereinbart und alle freuen sich auf etwas Wärmendes. Es war viel los heute in der Fußgängerzone.
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