Wolfenbüttel. Die FDP im Rat der Stadt fordert ein Verkehrsgutachten zur östlichen Ortsumgehung Wolfenbüttels. Diese Idee halten jedoch nicht alle Rats-Fraktionen für gut. Sie meinen, dass dieser Vorschlag mit gutem Grund im vergangenen Jahr vom Rat abgelehnt wurde.
Bereits im vergangenen Jahr beschäftigten sich Rat und Verwaltung mit der Frage, ob eine Ortsumgehung für Wolfenbüttel Sinn macht. Im Mai 2016 dann die Entscheidung: Keine Ostumgehung für Wolfenbüttel (regionalHeut.de berichtete). Doch die FDP sieht offenbar noch immer Bedarf und will nun einen Prüfantrag einreichen.
In ihrem Antrag, den die FDP-Fraktion nun in die kommenden Haushaltsberatungen einbringen möchte heißt es:
"Die Fraktion der FDP im Rat der Stadt Wolfenbüttel wird zu den Haushaltsberatungen beantragen, durch ein Verkehrsgutachten untersuchen zu lassen, in welchem Umfang eine östliche Ortsumgebung den innerstädtischen Verkehr entlastet. Dies, so Pierre Balder, der die FDP im Bauausschuss vertritt, sei erforderlich, um einen drohenden Verkehrsinfarkt zu verhindern und die Lärmbelästigung der Anwohner dieser Straßen spürbar zu reduzieren.
Die Stadt Wolfenbüttel leidet seit 1989 an einer verstärkten Zunahme des Durchgangsverkehrs auf der Bundestraße 79 in Richtung Halberstadt. Hiervon sind insbesondere der Neue Weg, die Friedrich-Wilhelm-Straße, die Jägermeisterstraße, die Leipziger Straße, aber auch die Halberstädter Straße betroffen.
Durch die erfreuliche Entwicklung der Ostfalia sei, so Balder weiter, nun auch seit einigen Jahren das Verkehrsaufkommen auf der Salzdahlumer Straße erheblich gestiegen, so dass die Verkehrsführung an der Kreuzung Salzdahlumer Straße/Neuer Weg geändert werden müsse, ohne dass dieses zu einer spürbaren Entspannung geführt habe. Vor allem in den Hauptverkehrszeiten morgens und abends stauten sich die Fahrzeuge auf der Salzdahlumer Straße. Dazu trage auch bei, dass viele Autofahrer aus Richtung Ahlum kommend die Abkürzung in Richtung Braunschweig über die Jahnstraße/Salzdahlumer Straße wählen.
Dieser Verkehrsstrom werde, so Balders Befürchtung, sich mit der Erschließung des Baugebietes „Am Södeweg“ weiter verstärken, so dass auf den östlichen Durchgangsstraßen (Ahlumer Str./Jägermeisterstraße/Neuer Weg; Ahlumer Straße/Jahnstraße/Salzdahlumer Straße) mit einem Verkehrsinfarkt zu rechnen sei. Diese zu erwartenden Verkehrsströme führen zu einer höheren Lärmbelastung der Anwohner dieser Straßen, die schon jetzt unter dem lärmbedingten Durchgangsverkehr leiden.
Aus diesem Grund hält es die FDP-Fraktion für dringend erforderlich, die im Bundesverkehrswegeplan vom 3.8.2016 vorgesehene östliche Ortsumgehung Wolfenbüttel (Projektnummer B79-G20-Ni) umzusetzen. Zunächst sollte als Grundlage ein Verkehrsgutachten erstellt werden, das die derzeitigen Verkehrsströme auf den genannten Straßen untersucht und Aussagen darüber trifft, in welchem Umfang eine östliche Ortsumgehung eine Entlastung bringt.
Das sagen die anderen Fraktionen:
Ralf Achilles, Fraktionsvorsitzender SPD-Ratsfraktion: "Fakt ist, dass im Jahr 2016 im Bauauschuss eine Verkehrserhebung für das Stadtgebiet Ost vorgestellt wurde, die im Zusammenhang mit dem Baugebiet Södeweg erstellt wurde. Die Ostumgehung ist vom Rat abgelehnt worden - auch von der SPD-Fraktion. Die FDP kritisiert häufig die Gutachtenkosten der Stadt, nunmehr fordern sie selber ein Verkehrsgutachten. Es gibt momentan keine Veranlassung für uns, diesem Vorschlag zu folgen."
Klaus-Dieter Heid, Fraktionsvorsitz AfD-Stadtratsfraktion: "Als noch immer "Neulinge" im Rat wissen wir, dass es mal ein Gutachten gab, auf das sich der Bürgermeister in seiner Ablehnung bezog. Dieses Gutachten liegt uns allerdings noch nicht vor. Innerhalb des Bundesverkehrswegeplanes waren und sind 35 Millionen eingeplant, die wir durchaus als sinnvolle - und mittlerweile auch notwendige - Investition ansehen. Wir denken, dass es zu einer erheblichen Entlastung der Innenstadtverkehre kommt, insbesondere durch die Bauplanung Gebiet Södeweg. Ein erneutes Gutachten, das zeitgemäß ist, also auch der Antrag der FDP-Fraktion, wird von unserer Fraktion begrüßt."
Florian Röpke, Vorsitzender der Gruppe Linke/Piraten im Rat der Stadt: "Bereits im Mai des letzten Jahres wurde in einer Stellungnahme beschlossen, dass man das Vorhaben einer Ostumgehung ablehnt. Der in der beschlossenen Stellungnahme genannten Begründung sind wir gefolgt und halten diese auch heute noch für aktuell. Ein Gutachten, wie es die FDP nun fordert, liegt als "aktualisierte Modellrechnung" aus dem letzten Jahr vor und war auch inhaltlich Bestandteil der ablehnenden Stellungnahme. Aus unserer Sicht hat sich an der Situation in den letzten zehn Monaten nicht wirklich etwas verändert, so dass wir die Sinnhaftigkeit eines Gutachtens zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennen können. Es wäre jetzt an der FDP, schlüssig zu erläutern, warum ein neues Gutachten zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll sein sollte. Immerhin sind solche Gutachten auch nicht ganz billig.
Markus Brix, Vorsitzender Bündnis90/Die Grüne im Rat der Stadt: "Es ist kein Jahr her, da hat sich die Stadt Wolfenbüttel mit großer Mehrheit negativ zu der im Bundesverkehrswegeplan ausgewiesenen sogenannten Ostumgehung geäußert. Gründe dafür waren unter anderem der sehr geringe Effekt auf die innerstädtischen Straßen, da ein Großteil der Belastung von sogenannten Binnenverkehren (also Autofahrende, die etwas in Wolfenbüttel wollen) verursacht wird. Wir Grünen sehen allerdings in Ortsumgehungen nur in den seltensten Fällen ein vernünftiges Mittel, um den Belastungen durch den Autoverkehr zu begegnen. Mehr Straßen, mehr Verkehr ist auch heute noch die Erfahrung aus solchen Projekten. Zudem werden Probleme nur verlagert. In diesem Fall auf die umliegenden Wolfenbütteler Ortsteile und Braunschweig-Stöckheim. Wir Grünen versuchen seit langem dem Verkehr durch besseren ÖPNV, besseren Radverkehr oder neuen Park&Ride wie hoffentlich bald in Wendessen zu begegnen. Hier würden wir uns über mehr Unterstützung aus dem politischen Raum freuen. Dazu gehört für uns auch eine Stadtplanung, die Verkehrsaufkommen von vornherein zu vermeiden versucht. Die zum Beispiel durch den geplanten Stadtteil Am Södeweg zu erwartenden neuen Verkehrsprobleme werden derzeit einfach ignoriert. Uns Grünen erscheint es viel sinnvoller sich endlich mal wieder grundsätzlich mit den Verkehrsströmen in der Stadt zu beschäftigen. Dies macht allerdings erst Sinn, wenn die Baumaßnahmen am Schloßplatz/Dammfeste und die Brücke der L495 nach Halchter abgeschlossen sind. Aus einer solchen Verkehrszählung muss dann ein nachhaltiges klima- und menschenfreundliches Verkehrskonzept für eine Stadt der kurzen Wege entwickelt werden."
Winfried Pink, Vorsitzender CDU-Stadtratsfraktion: "Das Thema der Ortsumgehungen wurde in den letzten 20 Jahren mit einer stetigen Regelmäßigkeit immer wieder von den verschiedensten Gruppierungen des Rates thematisiert. Erst im vergangenen Jahr wurde , wohl durch einen Fehler der planenden Stellen; dieses Faß wieder aufgemacht und in einem Verzeichnis von noch zu erledigenden Baumaßnahmen benannt. Der Rat und die Verwaltung haben diese Baumaßnahme mit großer Mehrheit abgelehnt. Diese Maßnahme hätte 1990 Sinn gehabt. Durch den Bau B6 N wurden Verkehrsströme umgeleitet. Die CDU wird diesem Antrag nicht zustimmen. Ein Gutachten kostet zwischen 50.000 und 75.000 Euro und bringt keine neuen Erkenntnisse. Die derzeitigen Verkehrsprobleme sind temporär und durch die verschiedenen Baumaßnahmen bedingt.Für die Bebauung Södeweg wird ohnehin eine Verkehrsplanung erstellt."
Anmerkung der Redaktion: Die Reihenfolge der Fraktionen sagt nicht über deren Stellenwert aus. Die Stellungnahmen wurden nach der Reihenfolge ihres Eingangs veröffentlicht.
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